Der Tanz der besseren Gesellschaft (German Edition)
nebenan. „Meine süße, allerliebste Judith, fürchte dich nicht. Es ist Hermann, mein bester Freund, und vor ihm verberge ich nichts, weißt du, ich habe vor ihm keinerlei Geheimnisse.“
Er zog sie wieder in den Salon und stellte sie Baron Hermann P. in aller Form vor.
Dieser hatte nun endlich Gelegenheit, sich das reizende Geschöpf aus nächster Nähe und in aller Ruhe anzusehen. Judith war recht groß gewachsen, sehr schlank, und sie hielt sich aufrecht und gerade, wie es sich für eine junge Dame aus gutem Hause geziemte. Am Leib trug sie ein schlichtes Hauskleidchen, dessen Saum gut dreißig Zentimeter über dem Boden endete. Dies gestattete Hermanns forschenden Blicken, schlanke, zarte Füßchen und elegant geformte Knöchel zu erkennen. Zudem stellte er zu seiner Freude fest, dass das Kleid sehr eng saß; die grazilen Formen und die zarten Kurven des Mädchenleibes waren darunter genau zu erahnen.
Judith war schön – und reizte die Sinne des Barons in höchstem Maß. Zumal er genau wusste, was sich unter dem dünnen Stoff des schmucklosen Gewandes verbarg, hatte er doch das Fräulein erst vor einer halben Stunde noch im Evaskostüm gesehen, vergraben zwischen den Schenkeln ihrer Freundin. Sie jetzt nur eine Armeslänge vor sich zu haben, sodass er vermeinte, ihren mädchenhaft frischen Duft erschnuppern zu können, überwältigte ihn beinahe. Der Schweiß brach ihm aus und setzte sich in dicken Tropfen auf seiner Stirn ab.
Als nun die beiden Liebenden einander umarmten und begannen, inbrünstige Blicke zu tauschen und diese nur zu unterbrechen, um ihre Münder ineinander zu verschmelzen, wandte sich Hermann ab – teils aus Rücksichtnahme, in der stillen Hoffnung, auch für ihn werde noch die Zeit kommen, ein so erhitztes und williges Mädchen in den Armen halten zu können, teils aber auch weil dieser Anblick den Druck in seinen Lenden noch weiter erhöhte und drohte, erneut jedes erträgliche Maß zu überschreiten.
„Ach, lieber Hermann“, sprach ihn Jakob an, „verzeih mir, dass ich für den Augenblick nicht bei dir war, aber ich musste doch meine Liebste begrüßen, wie es sich gehört.“
Judith errötete aufs Reizendste und lächelte bezaubernd, als Jakob, der sich auf einem Fauteuil niedergelassen hatte, sie zu sich auf den Schoß zog. Er überzog sie mit Zärtlichkeiten, die sie selig entgegennahm. Jakob streichelte ihre Hüften entlang, fuhr ihr mit zarter Hand über den Bauch und betastete sogar ihre Brüste und Schenkel.
Hermann, bisher ein stiller Zuseher, dachte nun die Zeit für gekommen, der Braut in Jakobs Armen einige Komplimente zu machen. Er hatte dabei auch einen Hintergedanken: Judith war ja Vesnas beste Freundin, und er wollte sich bei dem Mädchen einschmeicheln, um dadurch vielleicht seiner Aphrodite näherzukommen.
Hermann wagte es aber nicht, andere als gänzlich gewöhnliche Redensarten zu schwingen, wenngleich er das Mädchen gerade eben erst nackt gesehen hatte.
Gerne hätte er darauf angespielt, aber nie schien ihm der Moment passend dafür. Judith war ganz feine junge Dame und nichts wäre angesichts ihres makellosen Benehmens unangebrachter gewesen als mit der Tür ins Haus zu fallen und gleich in den ersten Minuten ihrer Begegnung das Gespräch auf eine derart schlüpfrige Ebene zu bringen.
Andererseits schmiegte sie sich in wollüstigster Weise an ihren Bräutigam und empfing mit sichtlichem Behagen seine immer mutiger werdenden Zudringlichkeiten, während sie zugleich auf das Geschwätz des Barons mit fein gesetzter Rede und in aller Höflichkeit antwortete. Hin und her gerissen zwischen dem, was er sagte, und dem, was er sah und zwischen seinen Beinen empfand, wurde Hermann immer konfuser und aus seinem förmlichen Geschwätz wurde immer mehr ein zusammenhangloses Gestammel.
Schließlich hatte er sich in eine vollständige Sackgasse manövriert und suchte unruhig nach einem Weg der Befreiung. Er glaubte diesen gefunden, indem er aufstand und sich anschickte – unter dem Vorwand, die innige Zweisamkeit der beiden nicht länger stören zu wollen – das Zimmer zu verlassen.
„Aber verehrter Baron, nicht doch!“, hielt ihn Judith zurück. „Bleiben Sie ruhig; mein liebster Jakob meinte, er habe keinerlei Geheimnisse vor Ihnen, weshalb auch ich nichts vor Ihnen zu verheimlichen habe.“
Hermann machte kehrt und verbeugte sich mit allem Respekt vor der jungen Dame; diese versuchte gerade, die eben durch die Rede an den Baron verlorenen Sekunden wieder
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