Der Tanz Der Klingen
und einige jener, die sie nun bei sich hatten, würden die Anstrengungen der nächsten zwei Tage nicht bewältigen. Glockmann hätte sie am liebsten alle in Blanburg gegen Maultiere eingetauscht. Bei einer ihrer Pausen schlug er vor, ein paar der Tiere freizulassen, und verlangte eine Abstimmung darüber, welche die schwächsten wären.
Manfred sprach sich dagegen aus. »In den Bergen herrscht der Zufall«, erklärte er. »Ein starkes Pferd mit einer gerissenen Sehne ist nur noch zum Essen gut. Unter Umständen brauchen wir sie alle.« Seine Meinung obsiegte.
Am späten Nachmittag reiste die Gruppe wieder unter Bäumen, und Manfred führte sie unbeirrbar weiter. Wenngleich für den in der Stadt aufgewachsenen Glockmann jede Eiche oder Buche ziemlich ähnlich aussah, erkannte er Bäume, die gekappt oder gestutzt worden waren, und wusste, dass dies ein Forst, kein urwüchsiger Wald war. Der Anstieg wurde steiler.
Manfred begann, etwas zu jagen. Er deutete auf Spuren, Mist, Holzspäne, und schließlich witterten sogar die anderen einen leichten Rauchgeruch. Als sie gegen den Wind weiterritten, entdeckten sie eine Lichtung, auf der eine Gruppe von Köhlern ihrem Handwerk nachging. Vermutlich handelte es sich um eine Großfamilie, die aus einem Dutzend Leuten von Kleinkindern bis hin zu Greisen bestand, und sie waren ausnahmslos schwarz. Ihre Kleider waren schwarz. Ihr Maultier, ihre Werkzeuge und sogar ihr aufgeregt kläffender Hund waren schwarz. Strahlend weiße Augen starrten aus schwarzen Gesichtern misstrauisch auf die Neuankömmlinge.
Ihre Unterkünfte erwiesen sich als behelfsmäßige Unterstände aus Zweigen. Ihr Erdwall glich einem riesigen, mit Soden und Erde bedeckten Bienenstock, in dem das Feuer schwelte und aus dem weiße Rauchschwaden in die Abendluft aufstiegen. Das Machwerk wirkte rundum schlicht, aber Glockmann wusste, dass seine Errichtung echtes Können erforderte und das Feuer ohne ständiges Zutun nicht ordentlich brennen würde.
Manfred rief ihnen etwas in einem Dialekt zu, der Glockmanns durch Beschwörung erworbenes Verständnis überstieg. Er bekam lediglich mit, dass über etwas gefeilscht wurde. Letzten Endes tauschte der Förster ein Pferd gegen Auskünfte darüber, wer sich sonst in der Nachbarschaft befand, eine Ladung geschnittenes Feuerholz, das den Reisenden später viel Arbeit ersparen würde, und eine Keule »Ziegenfleisch«, bei der es sich zweifellos um ungesetzlich erlegtes Wild handelte. Vom Wert her hatten die Köhler das bessere Geschäft gemacht, aber beide Seiten waren zufrieden, und darauf kam es schließlich an.
»Ist auch ein Leben«, meinte Glockmann, als die Reisenden weiter ins Gebirge vordrangen.
»Es sind gute Menschen«, pflichtete Johanna ihm überraschend nachdrücklich bei.
»Sie hatten keine Angst vor uns.«
»Sie fürchten keine Diebe, weil sie nichts besitzen, das es wert wäre, gestohlen zu werden, außer ihrem Maultier. Doch kaum ein Bandit würde sich dazu herablassen, das Maultier eines Köhlers zu stehlen, denn Holzkohle ist für viele Dinge unersetzlich. Diese Menschen sind ein stolzes Volk. Und sie schätzen ihre Freiheit.« Mittlerweile hatte sie ihre gute Laune wiedererlangt.
»Ich schmecke da eine Geschichte.«
Zum ersten Mal, seit sie von der bevorstehenden Hochzeit gehört hatte, lächelte sie. »Ich habe eine ältere Schwester namens Voica. Sie ist gegen den ausdrücklichen Willen meines Vaters mit einem Köhler durchgebrannt. Manchmal hat sie mich in Fadrenschloss besucht. Auch bei meiner Vermählung war sie dort, und ich versprach ihr, ich würde eine bessere Arbeit für ihren Mann finden. Aber sie hat sich geweigert und gemeint, sie genössen ihre Freiheit zu sehr, um die Hügel zu verlassen.«
Es war das erste Mal, dass sie etwas über ihre Familie erzählte. »Leben die beiden zufällig auf dem Land des Grafen János?«
Johanna lachte. »Du bist fast schon zu schlau! Ja, Voica ist stark und ihr Gemahl ein regelrechter Ochse, trotzdem haben sie keine Kinder. Die Geister können bisweilen grausam sein! Also habe ich ihr Frederik geliehen. Wer würde schon in einem Köhlerlager nach einem Markgrafen suchen?«
Und wer würde ihn mit einem rußgeschwärzten Gesicht erkennen?
Die Höhle diente ihnen dadurch am besten, dass sie ihr Feuer verbarg. Zudem wäre sie von unschätzbarem Wert, falls das Wetter sich in der Nacht verschlechterte – was Manfred immer noch beharrlich vorhersagte, wenngleich er seine Gründe nicht erklären konnte oder
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