Der Tanz Der Klingen
und wurden nach etwa zehn Jahren zum Ritter geschlagen und entlassen. Eine private Klinge blieb gebunden, bis entweder sie oder ihr Mündel starb. Daher zählte es als abgeschlagener Trostpreis, an jemand anders als den König gebunden zu werden. Ein entthronter, mittelloser Adeliger aus einem winzigen, fremden Herzogtum, von dem noch kein Mensch gehört hatte, würde in keinem Verzeichnis erstrebenswerter Mündel aufscheinen.
Großmeister gab ihnen einen Augenblick Zeit, dies zu verdauen, ehe er hinzufügte: »Ich fürchte, es gibt noch schlimmere Neuigkeiten als das, Primus. Stellvertreter, würdet Ihr bitte die Ereignisse von vor zwei Nächten zusammenfassen?«
Tancreds Miene verdüsterte sich. »Schlimme Ereignisse. Der Thronräuber Volpe ist selbst ein begabter Geisterbeschwörer und befehligt zahlreiche weitere. Er sendet böse Zauber gegen den Großherzog. Ich bringe bei diesem Besuch zwei Schwerter zurück, Primus. In der Nacht vor der vorigen wurde Ihro Gnaden im Palast Sorglos angegriffen. Fünf Männer starben dabei, drei Hoffreisassen und zwei Klingen. Sir Richey und Sir Bernard.«
Bestürzung verwandelte sich in Grauen. Richey kannten sie nur als Mitglied der Garde, Bernard aber war einer der ihren gewesen. Noch vor zwei Wochen hatte er mit ihnen gefochten, war durch die Hallen gewandert, hatte am Altgediententisch gegessen.
Während Großmeister zum zweiten Mal einem Bericht der Katastrophe lauschte, plante er seine Antwort auf das lächerliche Verlangen des Königs. Raunzer wäre niemals Großmeisters Wahl für den Primus gewesen, der ein Musterbeispiel für die anderen Jungen verkörpern sollte. Allein der Umstand, dass er am längsten hier war, hatte ihn in diese Zwangslage gebracht. Großmeister konnte sich zwar nicht dazu durchringen, ihn zu mögen, trotzdem tat er ihm Leid. Sein jugendliches Antlitz war aschfahl, während er der Schilderung von den wandelnden Toten und den Morden im Palast Sorglos lauschte. Natürlich würde Raunzer die Bindung verweigern. Er wäre wahnsinnig, einer solchen Zuteilung zuzustimmen.
Nach den Regeln musste die Frage danach an Sekundus gerichtet werden, weshalb der Sekundus anwesend zu sein hatte. Weigerte auch er sich, ging der Vorgang weiter, bis ein Anwärter annahm. Doch Großmeister hatte keineswegs vor, einen so jungen Burschen wie Ringwald zu binden. Raunzer musste er opfern, aber danach würde er diesem unfähigen Großherzog mitteilen, dass keine geeigneten Anwärter zur Verfügung stünden und den Mann mit Tancred zurück in den Sorglos-Palast schicken. Selbstverständlich musste Großmeister gleichzeitig seinen Rücktritt einreichen, danach konnte Athelgar entscheiden, was mit ihm geschehen sollte. Es wäre nicht das erste Mal, dass Fürst Roland ein Verlies der Bastion von innen kennen gelernt hatte, auch wäre seine Laufbahn nicht die erste, die in Schimpf und Schande endete.
Tancred war fast fertig. »Gestern früh fand man die fünf Leichen auf einem Haufen im finstersten Winkel der Halle, wo sie vor dem Licht des Morgengrauens Zuflucht gesucht hatten. Zwei Klingen und drei Hoffreisassen. Der Baron meinte, wir hätten Glück, dass es im QuamastHaus keinen Keller gab. Schattenherren aus Kellern zu vertreiben, sei so gut wie unmöglich, sagt er. Irgendwelche Fragen?«
Raunzers Gesichtsausdruck glich dem eines Totenschädels. »Und Ihr sagt, das war nicht der erste Angriff?«
»Anscheinend der vierte oder fünfte, seit der Großherzog aus Krupina floh. Wenngleich nicht alle mit denselben Mitteln erfolgten.«
»Und er hat niemanden gewarnt?«
Verkniffen nickte Tancred. »Doch, hat er. Er hat den König davor gewarnt, dass weitere Angriffe folgen könnten. Der König wiederum hat Anführer gewarnt. Und Anführer mich. Ich habe meinerseits Sir Gefahr und Sir Kühn gewarnt. Irgendwo entlang der Befehlskette hat sich die Warnung verwaschen, Primus.«
»Verwaschen?«, knurrte Raunzer. »Was zum Pferdeapfel soll das denn heißen?«
Mühevoll hielt der stellvertretende Befehlshaber an sich. »Das bedeutet, dass es Nachforschungen geben und jeder Dreck über das scharren wird, was er weggelassen hat. Letzten Endes wird niemandem die Schuld zugeschoben. Es war auch niemandes Schuld! Erstens tauchen diese Schattenherren nur in äußerst dunklen Nächten auf, die wir im Sommer selten haben. Zweitens ist es ein sehr weiter Weg nach Krupina, und welche üble Hexerei auch im Spiel ist, sie muss dort ihren Ursprung haben. Drittens sind sie bei hellem Licht ungefährlich.
Weitere Kostenlose Bücher