Der Tanz Der Klingen
pflichtete Glockmann ihm bei. »Ähnliches gilt für Ankommende. Es muss eine Möglichkeit geben, das auszunützen.«
Radu glotzte ihn verdutzt an. »Ihr redet wirres Zeug! In mehreren Jahrhunderten hat nie jemand die Sicherheitsvorkehrungen der Bruderschaft durchbrochen!«
»Wie viele haben es denn versucht? Trifft es zu, dass man je nach Mission in vollem Kettenprunk, Halbrüstung oder Bauernlumpen hinausreiten kann, aber im Inneren jeder nur diese weißen Gewänder trägt?«
»Ja.« Nun hörte Radu sich unverhohlen verächtlich an. »Ich hoffe, Ihr wollt nicht vorschlagen, dass wir versuchen sollen, mit meinem Losungswort eine Armee hineinzuschmuggeln?«
»Nur Euch und einen Gefangenen«, schränkte Glockmann ein.
»Männer auf Freigang laufen nicht herum und machen Gefangene.«
»Das ist der springende Punkt – die Wachen haben keine Ahnung, was Ihr getrieben habt. Ihr könntet auf Freigang gewesen sein oder irgendwo in einer Armee gedient haben, sie wissen es nicht. Wie wird mit Gefangenen verfahren?«
»Ich würde eine Empfangsbestätigung für Euch erhalten, und Ihr würdet in Ketten abgeführt. Catavolinos würde von Euch berichtet, wenn er über meine Rückkehr in Kenntnis gesetzt wird.« Radu schüttelte den Kopf. »Es kann nicht funktionieren! Womöglich gibt es für meinen Pass sogar eine Anweisung, dass ich auf der Stelle in Gewahrsam zu nehmen bin.«
Glockmann grunzte, wobei er verärgert und verwirrt aussah. »Das bezweifle ich. Bei all der Sicherheitsbesessenheit würde man nicht wollen, dass die Wachen sich fragen weshalb. Solltet Ihr tatsächlich zurückkehren, könntet Ihr ja nicht mehr hinaus, wieso also sollten sie sich darüber den Kopfzerbrechen?«
»Genau.« Aus Radus Lächeln sprach, dass die Unterhaltung damit beendet war und der neunmalkluge junge Fremde aufhören sollte, die Vamky-Bruderschaft in Zweifel zu ziehen.
»Also braucht ihr zwei Pässe«, meldete Trudy sich zu Wort.
»Aber natürlich!«, rief Glockmann aus. »Warum bin ich nicht darauf gekommen?« Statt dankbar wirkte er eher wütend.
»Worauf gekommen?«, fragten Ringwald, Radu und János wie aus einem Mund.
Glockmann bedeutete Trudy, dass ihr die Ehre gebührte.
»Lügenerkennung«, erklärte sie. »Wenn Ihre Hoheit Recht hatte, als sie meinte, Vamky hätte Spitzel hier in Brikov, kann ich diese für euch aufstöbern.«
»Keine Zeit für Spitzeljagden«, widersprach János unbehaglich. »Meine Männer stehen zum Aufbruch bereit.«
»Ich möchte schwören, dass die Bruderschaft einen Spitzel hier hat, Herr«, meinte Radu. »Einen Mann, der eingetroffen ist, nachdem Ihre Hoheit im Frühling hier durchkam, würde ich vermuten. Oder jemanden aus Fadrenschloss, der hierher gezogen ist, denn ich bin überzeugt davon, dass Vamky ein Auge auf von Fader hatte. Irgendjemand hier, der in Vamky gedient hat, wenn auch nur kurz? Bedenkt, meinen Bruder hat man binnen eines halben Jahrs in einen Meuchelmörder verwandelt.«
Der Graf setzte eine finstere Miene auf. »Wolfgang Webber, der älteste Sohn des Stellmachers. Drei Jahre in Vamky. Hat vor fünf Monaten aufgegeben, weil er nicht über den Rang eines Novizen hinauskam.«
»Ich wette einen Dukaten, dass er ein Knappe oder gar ein Ritter ist, Herr.«
»Das fragen wir ihn als Erstes«, schlug Trudy vor. »Selbst wenn er nur mit einem schlichten ›Nein!‹ antwortet, würde ich Falschheit darin erkennen.«
»Und dann prügeln wir sein Losungswort aus ihm raus!«, rief Raunzer begeistert aus.
»Du da, Junge, zieh an dem Klingelseil«, forderte János Ringwald auf.
»Habt Ihr einen Schlosser?«, fragte Glockmann. »Ich werde Dietriche brauchen.«
»Der Schmied macht das«, antwortete János. Nun lag Aufregung in der Luft.
»Halt!«, rief Johanna plötzlich aus. »Halt! Halt!« Sie sprang auf. »Das ist viel zu gefährlich! Ich verbiete es!«
Das hätte sie sich früher überlegen müssen, dachte Ringwald. Hatten die Bluthunde die Beute erst gewittert, war es zu spät, die Jagd abzubrechen.
Trudy und Johanna packten gerade in aller Eile im Schlafgemach und stopften schmutzige Kleider zu noch feuchten, als sie von einem donnergleichen Pochen an der Tür unterbrochen wurden. Trudy öffnete und erblickte davor vier große Männer und einen Knaben, ein schmächtiges Bürschchen, das noch grün hinter den Ohren, verständlicherweise verängstigt und wesentlich jünger wirkte, als sie erwartet hatte.
»Fräulein Gertrude?«, fragte ein Hüne mit rotem Bart. »Das ist Wolfgang Webber. Der Graf sagt,
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