Der Tanz Der Klingen
und wandte sich von ihm ab.
»Zu spät für dich, Abschaum«, meinte der Graf nur. »Aber zumindest kommst du aus dem Regen. War der Galgen also doch nicht umsonst. Knüpft ihn auf.«
Trudy ging zurück zum Stall, als sie plötzlich Ringwald an ihrer Seite spürte. Sie hielt an und warf beide Arme um ihn. Er drückte sie eng an sich, während ihre Tränen sich mit dem Regen vermengten, der ihm von der Schulter rann.
»Du hast richtig gehandelt«, hauchte er ihr ins Ohr. »Die wichtigsten Dinge sind oft am schwierigsten. Du hast mit diesen Auskünften vielleicht unser aller Leben gerettet.«
Trudy konnte ihr Schluchzen nicht lange genug unterdrücken, um eine Antwort hervorzupressen.
»Er ist genauso schuldig wie der Rest«, meinte Ringwald. »Er hat Bernard und die anderen getötet. Und er hat gewiss nicht nach dem Sohn Ihrer Hoheit gesucht, um mit ihm Sandkuchen zu bauen.«
Doch nun war sie genauso schlimm. Trudy hasste sich. Wie konnte Ringwald sie nur lieben?
»Er wusste, was geschehen würde, falls man ihn erwischte«, beharrte er. »Er hat diesen grässlichen Eid mit dem Wissen geschworen, dass er ihn das Leben kosten könnte.«
War sein Eid wirklich schlimmer als jener der Klingen? Ringwald konnte der nächste sein.
2
Rüstungen waren ein grässliches Zeug. In Eisenburg gab es einige Exemplare, sogar Plattenharnische, und alle Anwärter mussten ein paar Mal darin zu kämpfen versuchen. Doch Klingen waren Duellkämpfer, keine Krieger. Da Glockmanns Widerspruch einhellig überstimmt worden war, ritt er in einem Harnisch gleich einem Fass vor sich hin, während ihm stetig Regen in den Nacken troff. Stahlringschienen ruhten schwer auf seinen Hüften. Gehärtete Lederärmel zwackten ihn jedes Mal, wenn er den Arm beugte.
Zudem lag die Welt halb hinter dem schleiergleichen Regen verborgen, der Wolken über die kahlen, grünen Hügel vor sich hertrieb. Den Eingang zum Tal bildete eine tückische Schlucht. Radu hatte ihm erzählt, dass die Grafen diesen Pass seit Generationen gegen jegliche Eindringlinge hielten, aber umgekehrt war es ein hervorragender Ort für einen Hinterhalt. Jeder schien unbeschwerter zu atmen, als die Kavalkade auf das offene Moorland kam. Glockmann kanterte nach vorn, wo Johanna neben dem Grafen ritt.
»Herr, Manfred sagt, hier verlassen wir Euch. Radu bittet Euch zu bedenken, was Wolfgang über einen bevorstehenden Angriff aus Vamky angedroht hat. Nicht um Radu zu retten, sondern um ihn zum Schweigen zu bringen. Es ist ein Wunder, dass sie nicht längst gekommen sind, zumal sie wissen, wohin er ging.«
»Denkt Ihr etwa, daran hätte ich nicht gedacht?«, brummte János mürrisch. Auf dem Rücken eines Pferdes wirkte er riesig. »Das bedeutet, dass die erste Botschaft des Verräters ihr Ziel erreicht hat. Folglich denkt man dort, ich hätte das Problem mit Radu bereits für sie gelöst. Aber keine Sorge, ich werde die Augen offen halten, wenn ich von der Hochzeit zurückkehre.«
Glockmann zog das Schwert zum Gruß. »Mit Eurer Hoheit Erlaubnis?«
»Wisst Ihr, das tut Ihr nicht für mich!«, rief Johanna etwas zu laut aus. Sie hatte bereits Tränen, Drohungen, Hohn, Märtyrertum, Einschüchterung, Gesuche an seine Vernunft und unverhohlene Bestechung versucht. Sie gestaltete eine schwierige Aufgabe nicht gerade leichter.
»Doch, tue ich«, entgegnete Glockmann. »Ihr werdet nie in Sicherheit sein, solange der Mörder auf freiem Fuß ist, deshalb will ich ihn aufhalten. Außerdem hoffe ich, einer Mutter dabei zu helfen, ihren Sohn zu finden.«
»Wirklich?« Der Schmerz in ihren Augen war nur Hoffnung.
Er zuckte mit den Schultern. »Ich glaube wirklich, dass er noch am Leben ist, Liebste.«
»Warum?«
»Es liegt an etwas, was gesagt wurde. Und mach dir wegen uns keine Sorgen. Radu und ich haben unterwegs stundenlang Zeit, um diese Sache zu besprechen. Wir sind uns einig, dass wir nur hineingehen, wenn wir sicher sind, dass es klappen wird.«
Sie mit dem Wissen zu verlassen, dass er sie womöglich nie wiedersehen würde, war reine Folter, doch Glockmann konnte das anzügliche Grinsen des Grafen im Hintergrund sehen. Er hatte bereits zu viel gesagt und wagte nicht, sie in der Öffentlichkeit zu umarmen. In ein oder zwei Tagen konnte sie mit ihrem Gemahl wiedervereint sein, und ein Skandal wäre tödlich für sie und ihn selbst. Stattdessen küsste er die kalten Finger, die sie ihm darbot und lenkte das Pferd von dannen.
Manfred führte Radu und Glockmann in einem blendenden Sturm über felsige
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