Der Tanz Der Klingen
Johannas Geschichte über die Zerstörung von Fadrenschloss erahnen ließ, dass der Zauber dort hinterlegt worden war und erst einige Stunden später wirksam werden sollte. Habe ich Recht?«
»Wahrscheinlich«, räumte Radu ein. »Die Beschwörung wird das ›Ei‹ genannt. Es soll möglich sein, das Schlüpfen so zu planen, dass es Stunden oder gar Tage später erfolgt. Aber ich habe auch gehört, dass es unberechenbar und gefährlich für den Anwender ist.«
»Also entkam Johanna im Drittmond aus Blanburg, wodurch die Übeltäter sie aus den Augen verloren. Im Viertmond wurde Wolfgang Webber nach Brikov entsandt, um dort Ausschau zu halten, falls sie auf diesem Weg zurückkehrte. Jemand anders wurde nach Chivial vorausgeschickt, weil Rubin auch mit der dortigen Königsfamilie verwandt ist. Zwar nur fern, aber König Athelgar ist ein mächtiger Monarch und hat weit weniger Grund, die Hand Vamkys zu fürchten als die Herrscher kleiner Staaten wie Blanburg. Johanna traf wie geplant im Achtmond dort ein, und die anderen Angreifer ließen erneut Schattenherren gegen sie los.«
»Weiß Ihre Hoheit all das?«, fragte Radu.
»Nein. Ich war mir meiner Schlussfolgerungen zu unsicher, bis wir heute Morgen Wolfgang Webbers Geständnis gehört haben. Er sagte, ihm wurde befohlen, nach Johanna und Frederik Ausschau zu halten, aber das war im Viertmond. Ihr hattet den Knaben bereits im Drittmond geholt. Demnach muss es in der Bruderschaft mindestens zwei Gruppierungen geben!«
»Das könnte auch an einer unachtsamen Unterweisung gelegen haben.«
»Unterweist die Bruderschaft ihre Spitzel etwa achtlos? Einen Mittelsmann mit einer unmöglichen Aufgabe zu betrauen, erhöht zwangsläufig die Gefahr seiner Entdeckung. Männliche Fremde, die sich nach Kindern erkundigen, erregen allemal Argwohn.«
Radu grunzte. »Ihr habt Recht. Ich entschuldige mich.«
Ein weiterer Punkt für Glockmann, der sich jedoch als Punkt gegen ihn erweisen konnte, falls Radu ein falsches Spiel mit ihm vorhatte. Er mochte es noch bedauern, den Mann so weit ins Vertrauen gezogen zu haben.
»Nach dem Anschlag der Schattenherren ritt Johanna nach Eisenburg, um Klingen zu binden. Nur Manfred und Harald blieben im Quamast-Haus zurück. Als sie zurückkehrte, wurde das Anwesen streng bewacht, was aber während ihrer Abwesenheit nicht unbedingt der Fall gewesen sein musste. Jedenfalls spürte Schwester Trudy nach Johannas Rückkehr mehr Todeselemente in der Arzneitruhe als zuvor. Wie konnte das Haralds Werk gewesen sein? In jener Truhe befand sich sein Vorrat an Beschwörungen, wie also hätte er ihn vermehren sollen? Es musste jemand anders gelungen sein, in das Haus einzudringen und sich an der Truhe zu schaffen zu machen!
Harald konnte das nicht verstehen, aber er wusste, dass die Truhe am nächsten Tag überprüft werden sollte. Außerdem hatte er erfahren, dass chivianische Inquisitoren Falschheit erkennen, er also aufgedeckt werden würde. Er versuchte zu fliehen. Wahrscheinlich hatte er kein Geld, und er beherrschte die Sprache nicht, folglich muss er ziemlich verzweifelt gewesen sein. Als der greise Manfred erwachte, schlug er diesen nieder, damit er keinen Alarm geben konnte. Wie bei Johanna hätte Euer Bruder den alten Mann mit bloßen Händen zu töten vermocht. Was er nicht tat. Vielmehr begnügte er sich mit dem erforderlichen Mindestmaß an Gewalt. Um ein Haar wäre er entkommen. Warum also ist er nicht geflohen?
Im angrenzenden Zimmer befanden sich der Baron und eine Klinge, Sir Ost. Gegen eine Klinge wäre Haralds Kraft nutzlos gewesen. Das Einzige, was Ost töten konnte, bevor er Alarm schlagen konnte, war die Feuerfliege. Er muss wohl nahe neben der Truhe gesessen haben und sofort gestorben sein, als das Untier schlüpfte. Harald hat es gehört oder gesehen und ist hineingestürmt, um den Baron zu retten. Ich glaube nicht, dass Euer Bruder ein Meuchelmörder war.«
Radu nahm die Zügel in die linke Hand und streckte die rechte aus, um jene Glockmanns zu schütteln. »Dafür stehe ich tief in Eurer Schuld. Ihr seid ein kluger Mann, Herr Glockmann.«
»Morgen um diese Zeit könnte ich anders dastehen.«
»Und wer ist der Übeltäter, der Ihrer Hoheit nach dem Leben trachtet? Wer steckt hinter allem?«
»Wir sind unterwegs, um genau das herauszufinden, richtig? Mit diesen verzauberten Medaillons im Umlauf kann jeder den Anschein erwecken, jemand anders zu sein. Ihr habt gesagt, Fürst Volpe persönlich habe Euch befohlen, Frederik zu entführen. Aber
Weitere Kostenlose Bücher