Der Tanz Der Klingen
Hänge, als wüsste er haargenau, wohin er ging. Sie hätten mit dem Grafen auf die Eben und von dort aus die Straße Richtung Norden zur Altenbrücke einschlagen können, aber Glockmann hatte den rüstigen, alten Förster aufgesucht, der sogleich eingewilligt hatte, ihnen eine Abkürzung zu zeigen. »Gern doch«, hatte er gemeint. »Mein sattelwunder Hintern heilt ohnehin zu schnell.«
Das Wetter war schrecklich. Wolkenbrüche wechselten sich mit Regengüssen ab. Sie hatten noch Stunden der Reise vor sich, und trocken war von Glockmann nur noch der Kopf, der in einem Helm steckte. Er würde erfrieren, ehe er das berüchtigte Kloster zu Gesicht bekäme.
Zunächst mussten sie im Gänsemarsch reiten, doch schließlich wurde das Gelände besser, sodass Radu Knie an Knie neben Glockmann traben konnte. Die beiden Männer musterten einander neugierig. Erst vor wenigen Stunden hatten sie sich kennen gelernt, und nun waren sie bereits Gefährten auf einer Mission, die nachgerade selbstmörderisch schien. Der Mann war durchaus beeindruckend, und Trudy hatte für seine Aufrichtigkeit gebürgt, dennoch hatte er bereits einmal die Seiten gewechselt. Wie weit konnte man ihm über den Weg trauen?
Radu fragte sich offensichtlich Ähnliches über Glockmann. »Verzeiht, wenn ich das sage, aber Ihre Hoheit ist nicht besonders geschickt dabei zu verbergen, was Sie für Euch empfindet. Ich will ja nicht neugierig sein, aber ich wüsste doch zu gern, weshalb Ihr Kopf und Kragen aufs Spiel setzen solltet, um ihren Gemahl zu retten. Das scheint mir im Widerspruch zu Euren eigenen Interessen.«
Glockmanns Lachen ertönte schriller, als er es beabsichtigt hatte. »So ist es, aber die Pflicht treibt mich an. Ursprünglich habe ich mich verpflichtet, ihr zu dienen, weil ich Freunde zu rächen hatte. Das persönliche Interesse – das ich gar nicht leugnen will – kam erst später hinzu. Hauptsächlich aber will ich dieses üble Durcheinander entwirren und die Mörder für ihre Verbrechen bezahlen lassen.«
Was jedoch nicht alles war. Hochmut spielte ebenfalls eine Rolle. Rätsel faszinierten ihn. Die Verlockung, das oder die Ungeheuer der Gerechtigkeit zuzuführen, war unwiderstehlich gewesen, und nun war der Gedanke, die Vamky-Bruderschaft zu überlisten, fast in eine Besessenheit ausgeartet. Er wusste, dass es eine Narretei war, trotzdem konnte er sich nicht dagegen wehren. Neugier wurde schon so manchem zum Verhängnis.
»Und Ihr, Ritter? Eure ehemaligen Brüder werden Euch eher mit einer Schlinge denn mit offenen Armen begrüßen. Darf ich Euch auffordern, mir Eure Beweggründe zu nennen?«
Radu nickte, wodurch Wasser von der Krempe seines Helms triefte. »Mich erfüllt mit Grauen, was aus der Bruderschaft geworden ist. Die Macht, über die sie verfügt, muss ehrenvoll beherrscht werden, wenn sie nicht in das Böse umschlagen soll. Letzten Endes muss ihre Gefolgstreue über den Probst und Abt hinaus dem Großherzog von Krupina gelten. Ich gehorchte Befehlen, ein Kind zu entführen, weil die Befehle vom Großonkel des Kindes stammten, der mir zudem sagte, er hätte sie vom Vater des Knaben erhalten. Als ich herausfand, dass der Vater eingekerkert ist und ein Schwindler die Krone trägt, hatte ich das Gefühl, dass mein Eid und meine Treue missbraucht worden waren. Mein Gewissen gebietet mir, nach besten Kräften zu versuchen, Wiedergutmachung zu leisten.«
Was dem entsprach, was er Johanna erklärt hatte, doch es schien ein wackeliger Beweggrund. Jahrelang war ihm eingetrichtert worden, dass Gehorsam über alles andere zu stellen war, was er auch – nach eigenen Aussagen – wiederholt getan hatte. Wahrscheinlich meinte er es nun aufrichtig, aber wer ein Mal abtrünnig geworden war, konnte es wieder werden. Seine Entfremdung von der Bruderschaft war auf einen Zufall zurückzuführen gewesen; er hatte ein gefährliches Geheimnis entdeckt und war in Panik geraten. Böte man ihm eine Begnadigung und die Wiederaufnahme an, bräche seine Entschlossenheit zusammen wie ein einstürzendes Zelt.
Und er hätte allen Grund dazu, fände er heraus, dass Glockmann nicht ganz ehrlich mit ihm war.
Die Straße neigte sich in eine Senke und einen Kiefernwald, wodurch sie gezwungen waren, wieder im Gänsemarsch zu reiten. Auf der anderen Seite setzten sie die Unterhaltung fort.
»Außerdem trachte ich so wie Ihr nach Vergeltung«, erklärte Radu. »Mein Bruder ist gestorben. Wer die Straße der Krieger reitet, weiß sehr wohl, dass Töten und Tod
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