Der Tanz Der Klingen
Holz.
»Wohin führt diese Tür?«
»In die Kellergewölbe, Fräulein.«
»Ich muss einen Blick dorthinunter werfen.« Vielleicht war es nur eine Tücke im Schein der Laternen, jedenfalls wirkte sie so angespannt, dass Ringwald einen Arm um sie legte. Sie zitterte.
»Nein, Fräulein«, entgegnete Max. »Wie Ihr seht, ist diese Tür zugenagelt.«
»Ihr habt dort unten Schattenherren!«
Der große Mann seufzte. »Gehen wir in die Halle, um darüber zureden.«
Hand in Hand folgten Ringwald und Trudy ihm in den großen Saal, in dem sie begrüßt worden waren, als sie Donehof betraten. Max führte sie zu Bänken an einem Kamin und nahm müde auf einer davon Platz. Die beiden setzten sich ihm gegenüber. Einen Arm hatte Ringwald nach wie vor um Trudy gelegt, die andere Hand aber umfasste immerzu wie von allein den Griff von Schlechte Neuigkeiten, ganz gleich wie oft er ihr befahl loszulassen. Seine Bindung brüllte ihn an, sein Mündel so schnell wie möglich aus diesem Haus zu schaffen. Schattenherren!
»Habt Ihr die Feste gesehen, als Ihr eingetroffen seid?«, fragte der Seneschall.
»Den alten Turm?«
»Ja. Er ist sehr alt, stammt noch aus der Zeit vor dem Kaiserreich. In Krupina sind private Festungen verboten, deshalb ist er seit Jahrhunderten versperrt. Ihn zu bemannen, käme einem Akt der Aufwiegelung gleich.«
»Warum wurde dieses Haus dann so nah an dem Bauwerk errichtet?«, wollte Ringwald wissen.
Max kicherte. »Vielleicht weil es einen guten Windfang abgibt?« Er war ein aufreizend liebenswerter Mann. »Ihr denkt, dass ein Tunnel durch die Kellergewölbe des Anwesens ein guter Fluchtweg wäre, junger Mann? Dass János in der Feste Zuflucht suchen und warten könnte, bis ihn seine Männer aus den Bergen retten, sollte der Großherzog ihm je übel wollen? Jedenfalls denkt der Graf so, und sein Bruder vor ihm war noch schlimmer. Es war sein Bruder Luitgard, der das Land kaufte und das Haus zu bauen begann. János hat es fertig gestellt.«
»Wo kommen die Schattenherren dabei ins Spiel?«, fragte Trudy, die immer noch zitterte.
»Der springende Punkt ist, dass sie gar nicht ins Spiel kamen, Fräulein. Sie waren schon da. Luitgard grub tatsächlich einen Tunnel in das Gewölbe unter der Feste, und was er vorfand, waren Schattenherren. Vielmehr fanden sie ihn. Nur einer der Bergarbeiter, die bei ihm waren, konnte entkommen, und der starb später an seinen Verletzungen. Luitgard und der Rest sind immer noch dort unten.«
»Wer sind sie?«, erkundigte Ringwald sich. »Diese Schattenherren?«
Der große Mann zuckte mit den Schultern. »Wer weiß?
Womöglich die letzte Garnison der Feste. Es gibt auch Geschichten über Barone, die Schattenherren als unbezahlte Scharfrichter in ihren Verliesen gehalten haben sollen. Angeblich sind sie ungefährlich, solange man vorgewarnt und mit ausreichend Licht ausgestattet ist. Da es dort unten kein Licht gibt, können sie nicht durch die Tür gelangen und uns angreifen. Und sollte der Graf von Brikovje in eine Notlage geraten, könnte er dennoch unten Zuflucht suchen. Seine Feinde würden wohl kaum wagen, ihm zu folgen.«
»Das ist doch verrückt!«, stieß Trudy hervor.
Max bedachte sie mit einem väterlichen Lächeln. »Nein. Wer so reich ist wie János, kann nicht verrückt sein, höchstens schrullig.«
»Wenn Schattenherren ungefährlich sind, was hat Graf Luitgard und seine Männer dann getötet?«, fragte Ringwald.
Abermals zuckte Max Priboi mit den Schultern. »Ich weiß es nicht, Sir Ringwald. Ich bin noch nie einem Schattenherren begegnet. Und ich hoffe, das werde ich auch nie. Fräulein, ich hatte befürchtet, dass Ihr unsere Schattenherren entdecken würdet. Ich schwöre, ich wusste über sie Bescheid. Seit fast zehn Jahren lebe ich mit meiner Frau und meinen Kindern hier, und ich versichere Euch, sie stellen keine Gefahr dar. Es ist spät. Bitte, lasst uns zu Bett gehen und die schnatternden Gespenster im Keller einfach vergessen.«
»Eine letzte Frage, Seneschall«, meldete Ringwald sich erneut zu Wort. »Habt Ihr mich heute Abend einmal belogen?«
Max’ Züge verfinsterten sich. »Nicht dass ich wüsste. Nein. Wieso?«
»Ich wollte Euch keineswegs beleidigen. Es ist nur so, dass wir Klingen unsere Senkel immer doppelt knoten.« Einmal ein Bruder, immer ein Bruder, aber Trudy brüllte keine Warnung. Anscheinend konnte man Max Priboi vertrauen.
Es war ein wahnwitziges Unterfangen, auf das Glockmann sich eingelassen hatte, und allein der Wahnwitz selbst verlieh ihm
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