Der Tanz Der Klingen
Wusste Johanna es überhaupt selbst? Und was konnte Ringwald tun, um sie aufzuhalten? Er ließ sich im Hintergrund von der Unterhaltung berieseln, während er sich wieder Sorgen und Schuldgefühlen zuwandte.
Es war spät. Unvermittelt gähnte János. Mit einem linkischen Versuch von Feingefühl erkundigte er sich, ob er sein Bett vorgewärmt vorfinden würde, wie er es mochte, und Max versicherte ihm, dass dem so sein würde.
»Schlaft gut, meine Damen«, sprach der Graf und torkelte zur Tür hinaus.
Johanna runzelte die Stirn, Trudy grinste, und alle anderen erhoben sich, um ihm zu folgen. Das Haus präsentierte sich still und dunkel. Die meisten Diener hatten sich zu Bett begeben; auf die Feuer war reichlich Brennstoff bis zum Morgen geschichtet. Ringwald begleitete die Herzogin in ihr Gemach. Er befahl Raunzer, es zu überprüfen und anschließend Wache zu halten.
Nun endlich konnte Trudy dem nachspüren, was sie schon den ganzen Abend beunruhigte. Mit einer Laterne wanderte sie durch die Gänge des Obergeschosses. Ringwald und der Seneschall liefen hinter ihr her. Max musste einiges an hochgeistigen Getränken vertragen, denn er ließ keinerlei Auswirkungen des Biers erkennen, das er im Verlauf des Abends getrunken hatte. Er beobachtete Trudy neugierig, sprach jedoch von anderen Dingen.
»Ich habe von Klingen gehört. Ihr seid durch Zauber gebunden?«
»Ja.«
»Lebenslang?« Er war zwar weder so groß noch so breit wie Harald, zweifellos aber schwerer, als sein Bruder es gewesen war. Ringwald fühlte sich neben ihm wie ein Kind.
»In unserem Fall schon. Der König kann seine eigenen Klingen entlassen. Und Ihr? Radu sagte, all seine Brüder wären der Bruderschaft beigetreten.«
»Außer einigen wenigen, die bereits in der Kindheit starben. Möchtet Ihr einen Blick in die Dachkammern werfen?«
Trudy hatte ein Ende des Hauses erreicht und ging den Weg zurück, den sie gekommen waren. »Nein«, antwortete sie und unterdrückte dabei ein Gähnen. »Schlafen dort oben die Bediensteten?«
»Hast du etwas gefunden?«, wollte Ringwald wissen. Das war es, was zählte.
»Nur die üblichen Glücksbringer und was in meiner einstigen Schwesternschaft höflich als ›Familienplanungszauber‹ umschrieben wurde.«
Max kicherte. »Da drin?« Er deutete auf das Zimmer des Grafen.
»Ja.«
»Ich habe ihr einen geliehen. Bitte sagt es dem Grafen nicht, denn er hat immer noch das Ziel, meinen alten Herrn zu übertreffen. Wollt Ihr jetzt nach unten?«
Sie steuerten auf die Treppe zu.
»Also wie werden die Brüder gebunden?«, erkundigte Ringwald sich. »Oder eher wie werden die Brüder entbunden?«
Max ließ sich mit der Antwort kurz Zeit. Stufen knarrten unter seinem Gewicht. »Vertraut Ihr mir nicht, Sir Ringwald?«
»Ich hätte gerne eine Antwort.«
»Die Unbrauchbaren werden hinausgeworfen. Wer aufgeben möchte – überwiegend Novizen, einige davon recht greise Männer – gehen zu ihrem befehlshabenden Offizier und erklären, dass sie sich als unwürdig erachten, dem Orden anzugehören. Sie werden zum Tor geleitet und fortgeschickt.«
Während Ringwald Trudy durch den Küchenbereich folgte, meinte er: »Also werdet Ihr nie formell entbunden?« Glockmann hatte diese Möglichkeit bereits vor Monaten in Erwägung gezogen. »Einmal ein Bruder, immer ein Bruder? Klopft die Bruderschaft jemals Jahre später an, um jemanden aufzufordern, seinem unwiderruflichen Gelübde wieder Folge zu leisten?«
»So etwas ist schon vorgekommen.« Der Seneschall lächelte. »Aber noch nie bei mir.«
»Dennoch kann sich der Graf nicht uneingeschränkt auf Eure Gefolgstreue verlassen?«
»Graf János vertraut niemandem uneingeschränkt.«
Die ausweichende Antwort war eine Bestätigung: Einmal ein Bruder, immer ein Bruder.
»Wie werden die Brüder vereidigt? Wird Euer Schwur so wie der unsere durch eine Beschwörung gestützt?« Eine weitere von Glockmanns Vermutungen.
»Diese Frage werde ich nicht beantworten, Sir Ringwald. Ja, Fräulein?«
Ein paar Dienstmädchen putzten noch die Küche, aber Trudy war an ihnen vorbei in einen Bereich mit Vorratsschränken und Speisekammern vorgedrungen, ein Reich aus Ballen, Fässern und Kisten, verziert mit baumelnden Schinken und Zwiebelketten. Dort blieb sie ein Stück vor etwas stehen, was offenkundig nach der Hintertür des Hauses aussah und um diese späte Stunde verriegelt und vergittert war. Ihre Aufmerksamkeit jedoch galt einer anderen Tür daneben, einer mächtigen Absperrung aus eisenbeschlagenem
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