Der Tanz Der Klingen
wurde vom Scheppern berstenden Glases und einem Aufprall unterbrochen, der das Haus erschütterte. Noch bevor der Widerhall verebbte, war er mit einer Laterne in der Hand unterwegs zum großen Saal.
Im Saal war es düster, doch ein paar Kerzen und die bevorrateten Feuer spendeten genug Licht, um zu sehen, dass ein hohes bleigefasstes Fenster in Scherben lag. Wind heulte durch die Öffnung, zerrte an Wandbehängen, wehte Regen herein. Der Stein, der das Fenster zerbrochen hatte, war so groß wie ein ›Scheffelkorb‹ und somit lag es jenseits der Möglichkeiten eines Menschen, ihn zu heben. Im Rollen hatte er einige Möbel zerstört.
Als Ringwald die Treppe hinaufrannte, barst ein zweites Fenster; ein weiteres Geschoss zerschmetterte Fliesen und kullerte in einen Kamin. Gemälde und Hirschköpfe fielen von den Wänden. Eine Balliste war nicht so zielgenau und konnte nicht so schnell aufgezogen werden, folglich war hier Hexerei am Werk. Das Gegenstück Vamkys von Chivials General Zerstörer griff Donehof an. Draußen erscholl eine Trompete. Also handelte es sich um keinen verstohlenen Angriff.
Die Tür zum Zimmer der Frauen stand offen. Raunzer war im Schlafgemach und brüllte. Auf dem Gang schwollen weitere Stimmen an, über ihnen trommelten Schritte. Raunzer eilte mit mehreren Mänteln über dem Arm heraus. Ringwald berichtete ihm, was er gesehen hatte. Abermals wurde die Trompete geblasen, wenngleich sie hier oben leiser zu hören war.
»Und die Hunde?«, fragte Raunzer. »Die Wachen?«
Ringwald hatte keinerlei Gebell gehört. »Tot, vermute ich. Oder angekettet. Wir wurden verraten, Bruder.«
Licht flutete in den Gang, als Türen aufflogen und Menschen herausstolperten. Graf János tauchte auf, brüllte voll rasendem Zorn, umklammerte ein blankes Schwert und war so gut wie nackt. Er schien lediglich in Stiefel und einen Pelzmantel gekleidet. Dann löste sich Max’ mächtige Masse aus den Schatten und rief Befehle.
Als nächstes folgten Johanna und Trudy, zwar angekleidet, aber unverschnürt, sodass sie allerlei Bänder hinter sich herschleiften. Die Klingen schlangen Mäntel um sie und scheuchten sie inmitten eines Stroms von János’ Wachen, einer Horde halb angekleideter, schwertschwingender Wahnsinniger die Treppe hinunter. Irgendwo vor den geborstenen Fenstern schrie jemand etwas durch ein Sprachrohr. Die Worte waren nicht erkennbar, doch Ringwald ahnte, dass die angebotenen Bedingungen mit der Auslieferung der Herzogin beginnen mussten – wenngleich vermutlich nicht namentlich. »Frauen und Kinder« würde genügen. Es gab nur einen Menschen, der nicht in die Nähe der Trauung und Thronbesteigung gelassen werden durfte.
Armbrüste und Hellebarden tauchten auf geheimnisvolle Weise auf. János kletterte auf einen Tisch und begann, Befehle zu brüllen. Wahrscheinlich hatte er einen schlimmen Kater, dennoch wusste er haargenau, was er wollte – jeder sollte sich im großen Saal um den Kamin einfinden und jede Menge Licht mitbringen.
Ringwald verstand. »Schnell!«, rief er. »Hier entlang.«
»Nein!«, begehrte Johanna auf. »Der Graf will, dass wir …«
»Hier entlang!« Ringwald ergriff ihren Arm und zog daran. »Ihr streitet niemals mit Euren Klingen, habt Ihr mich verstanden?« (Nicht einmal mit einer Klinge, die ihre Ausbildung nie beendet hatte und der Fehler unterliefen?) Er trieb sein verstörtes Mündel in den Gang, der zum hinteren Teil des Hauses führte und schaute nur einmal zurück, um sich zu vergewissern, dass Trudy und Raunzer ihm folgten. Im Augenblick hatten sie zu viert nur ein einziges Licht, aber er führte sie durch die Küche in die Vorratskammer, wo er die Kerzen und Laternen vorbereitet hatte.
»Licht!«, rief er. »Wir brauchen jede Menge Licht.«
»Was denkt Ihr eigentlich, was …«, setzte die Herzogin an.
»Still!« Er beugte sich dicht zu ihr, sodass sie einander in die Augen blickten. »Sagt kein Wort! János ist ein Verräter, und da draußen sind Mörder, die Euch nach dem Leben trachten. Schweigt und tut genau, was ich Euch sage.« Verdutzt wich Johanna zurück. Trudy grinste ihn an, als wäre all das ein riesiger Spaß. Raunzer zündete Laternen an und hatte keinerlei Einwände anzubringen.
Sie alle verließen sich darauf, dass Sir Ringwald vom Orden der Klingen sie am Leben hielt, und bislang hatte er ihr Vertrauen jämmerlich enttäuscht. Diesmal sollte er sich wahrlich besser anstellen, sonst würde er keine weitere Gelegenheit erhalten.
Er stellte sich an der Tür auf
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