Der Tanz Der Klingen
wesentlich unregelmäßiger, als ich es gerade beschrieben habe.
Er holte Johannas verzaubertes Medaillon aus der Tasche, in der er es verstaut hatte, befestigte die Kette um den Hals und steckte das Medaillon selbst unter die Kutte. Vielleicht würde das Antlitz, das es ihm verlieh, im Kloster sofort erkannt, vielleicht auch nicht, jedenfalls war er dadurch in der Lage, sein Erscheinungsbild rasch zu verändern, sollte er in Schwierigkeiten geraten.
Kurz ging etwas unter dem Licht weit vor ihm hindurch. Bald darauf begann sein Herz, noch schneller zu schlagen als zuvor. Zwei Männer kamen herab und ihm entgegen. Selbstverständlich waren sie bewaffnet. Falls Euch irgendjemand irgendetwas fragt, sagt Ihr einfach, Ihr hättet Eure Befehle. Das gilt sogar für Euer Haar. Stärker als alles andere, was er in seinem Leben je empfunden hatte, verspürte er nun den Drang, über die Schulter zurückzuschauen. Zwei Gegner waren vielleicht zu bewältigen, allein gegen vier hingegen war es die Mühe nicht wert, überhaupt ins Schwitzen zu geraten.
Ohne aufzublicken, zogen sie an ihm vorbei.
Zittrig folgte er der Rampe hinauf zum nächsten Licht. Mittlerweile sollte er sich im roten Flügel befinden, doch er hielt nicht inne, um sich zu vergewissern. Er hatte die Wahl zwischen einer Rampe nach oben, zwei Rampen nach unten und mehreren Gängen, die kleiner und schmaler waren. Er entschied sich für die Rampe nach oben, da er hoffte, sie würde ihn zum grünen Flügel führen. Sie war steiler als die vorherige. Oben angelangt, lief er ein paar Schritte den Gang entlang, eher er innehielt und wartete.
Niemand verfolgte ihn. Ein Verfolger hätte dicht, sehr dicht hinter ihm bleiben müssen, doch es kam niemand. Wie Radu es ihm beschrieben hatte, fuhr er mit den Fingern behutsam über eine Tür und stieß auf »G 2, C 1«, was zu passen schien. Er machte sich in die Richtung auf, die hoffentlich zum weißen Flügel führte.
Doch es war anders. Es war Orange 4, und das verwirrte ihn. Das einzig Tröstliche an diesem Irrgarten war, dass man ihn hier nie und nimmer finden würde, bevor er verhungerte. Der nächste Flügel sollte Violett 3 sein.
Er entpuppte sich als Weiß 3. Zwei Rampen verliefen nach oben.
Blau 4. Zurück zu Weiß 3 und die andere Rampe hinauf. Violett 4.
Nun verstand er, weshalb die Brüder ihre schmutzigen Geheimnisse in Blau 3 versteckten – es gab kein Blau 3. Er kehrte zurück zu Weiß 3. Dann wieder zu Blau 4 und eine Rampe hinunter. Violett 3. Immer weiter…
Blau 3! Gefunden. Gang H und Gang K. Kein Gang J. Schwierig hinzugelangen. Das Gewirr entpuppte sich als noch unregelmäßiger, als Radu gesagt hatte. H und K präsentierten sich finster. Kein Lichtkegel zeichnete sich am fernen Ende ab. Gerade wollte er die Laterne an der Wandlampe entzünden, als er Stimmen hörte und ein Licht am fernen Ende von Gang K auftauchte.
So schnell er es in der Dunkelheit wagte, flüchtete er H entlang, wobei er mit einer Hand über die Wand strich, bis er zu einer Sackgasse gelangte und fürchterfüllt innehielt. Er war an mehreren Türen vorbeigekommen. Nun befanden sich zwei neben ihm, aber er hatte keine Ahnung, was sich dahinter befinden mochte – harmlose alte Bücher oder an Schlaflosigkeit leidende Ritter. Laternen bogen um die Ecke in Gang H, leuchteten auf weiße Kutten. Glockmann griff gerade nach dem nächstbesten Riegel, als die Neuankömmlinge stehen blieben und der erste Mann eine Tür öffnete.
Glockmann zählte sie beim Hineingehen – zwei Brüder, Radu mit gefesselten Händen, vier weitere Brüder. Offenbar war den Wachen am Tor ihr Gefangener abgenommen worden, da er zu wichtig war, um ihn niederen Rängen anzuvertrauen.
Sie hatten die Tür angelehnt gelassen. Glockmann rannte los. Es handelte sich um Tür Blau 3, K 1, und sie führte zu einem Oktogramm mit einer anderen, offenen Tür an der gegenüberliegenden Seite. Diese war mit B 3, J 5 beschriftet. Vermutlich war dieser Irrgarten ein Intelligenztest für Novizen. Er sah den letzten Mann der Eskorte in etwas verschwinden, was Glockmann für den falschen Besenschrank hielt, öffnete B 3, J 6 auf der gegenüberliegenden Seite und fand das von Radu erwähnte Oktogramm dunkel und verwaist vor.
Dort ließ er die Laterne zurück, behielt aber die Tasche mit den Dietrichen. In der Hoffnung, es würde sicher genug sein, den Brüdern zu folgen, solange er den Schein ihrer Lichter im Auge behielt, setzte er sich die Treppe hinunter in Bewegung.
Er erreichte
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