Der Tanz Der Klingen
meinte Ringwald. »Finde dich damit ab und entspann dich. Du hast die einfachere Aufgabe. Ich muss all die Entscheidungen treffen. Wenn Fehler auftreten, werden es meine Fehler sein. Dann kannst du Ihro Gnaden auffördern, mich abzusetzen, und ich werde dich dabei unterstützen, versprochen. Und falls der Herzog stirbt, kannst du mich zu Mus stampfen. Aber jetzt setz
dich erst mal. Du hast nicht zufällig Würfel dabei, oder?« Dann fiel ihm ein, dass Raunzer gelernt hatte, das
Würfelspielen sein zu lassen.
Etwa eine halbe Stunde später vermeinte Ringwald, etwas aus dem Schlafgemach zu hören, und war sogleich auf der Hut. Raunzer schien zu dösen, schaute aber sofort auf, als sein Gefährte sich regte. Ringwald legte einen Finger an die Lippen, schlich zur Tür und schob sie ganz langsam, ganz leise ein Stückchen auf. Im Schlafgemach war es hell, und sofern die Bettvorhänge zugezogen waren, sollte sein Mündel ihn weder sehen noch hören.
Er lauschte. Nach einer Weile schloss er die Tür wieder und begab sich zurück zu seinem Stuhl. Raunzer bedachte ihn mit fragenden Blicken, also zuckte Ringwald bloß mit den Schultern. Er hatte keine Lust, ihm zu erklären, dass er die Laute eines weinenden Großherzogs gehört hatte.
5
Einige Achtelmeilen östlich von Eisenburg neigte die Straße nach Schwarzwasser sich in eine Senke und vollführte eine jähe Kurve, um wieder herauszugelangen. Am oberen Rand dieser Biegung hatte man eine herrliche Aussicht auf die Schule mit ihren falschen Türmen und Zinnen. Glockmann wusste, dass es der letzte Blick auf seine einstige Heimat sein würde. Er drehte sich im Sattel herum und beobachtete, wie Eisenburg hinter den Felsen verschwand.
»Bedauern?«, fragte Sir Ansel an seiner Seite.
»Ein großes Bedauern und viele glückliche Erinnerungen.«
Der Rücken eines Pferdes war ein guter Ort für ungestörte Unterhaltungen, und Ansel war ein guter Vertrauter, einfühlsam und verschwiegen. Er, Glockmann und Bernard waren bis zum jüngsten Besuch des Königs ein unzertrennliches Dreiergespann gewesen. Ansel war dabei als letzter gebunden worden und so nur knapp dem Los entgangen, in der folgenden Woche mit Fürst Baxterbrück nach Baelmark verfrachtet zu werden.
»Es geht das Gerücht, dass du für Seine Hochwohlgeborenheit arbeiten wirst.«
»Bislang ist es nur ein Gerücht«, gab Glockmann zurück.
»Oh, sieh dir das bloß an!«
Ringwald hatte das Recht für sich beansprucht, neben seinem Mündel zu reiten. Raunzer und der Baron folgten dicht dahinter. Wann immer der Pfad sich weitete, sodass ein drittes Pferd Platz hatte, versuchten beide, nach vorn zu gelangen. Das Gerangel wurde rücksichtslos geführt, und Raunzer wäre um ein Haar in einen Distelstreifen abgeworfen worden. Die Zuschauer schlossen bereits Wetten ab.
Die Sonne hatte sich eben erst über die Gipfel der Hügel erhoben, trotzdem war es bereits heiß. Irgendwo in luftiger Höhe zwitscherte eine Lerche, und ein Stück südlich ergriff eine Herde des königlichen Wilds furchtsam die Flucht vor den herannahenden Störenfrieden. Im Sommer war Kahlmoor atemberaubend schön.
Nach einer Weile sagte Ansel: »Sehr erfolgreich war der Besuch des hohen Herren in Eisenburg ja nicht. Raunzer ist gesellschaftlich eine Nacktschnecke und Ringwald noch ein Junge. Beide sind nicht vollständig ausgebildet. Für gewöhnlich bringt Eisenburg Besseres hervor.«
»Die Ersatzmannschaft? Immerhin hat er noch die Möglichkeit, zusätzlich einen Blinden anzuwerben.«
»Das habe ich nicht gemeint!«
»Ich weiß. Ich glaube, die beiden werden zurechtkommen. Ringwald besitzt Verstand.«
Aber besaß er auch genug davon? Schon bedauerte Glockmann das Versprechen, das er Großmeister gegeben hatte. Er vertraute diesem geheimnisvollen Großherzog und seinem aufgeblasenen Baron nicht mehr. Gestern war er vor dem Mann niedergekniet und hatte darum ersucht, in seine Dienste eintreten zu dürfen. Doch er war froh gewesen, nicht sofort aufgenommen zu werden. Glockmann hatte das untrügliche Gefühl, dass der Mann nicht war, was er zu sein schien.
»Großmeister spricht in höchsten Tönen von Euch«, hatte Rubin gesagt und sich mit gerunzelter Stirn auf dem Stuhl zurückgelehnt. »Ebenso meine Klingen, deren Urteil ich vertrauen muss, was ich auch tue. Aber Ihr verfügt über keine besonderen Fähigkeiten außer der Fechtkunst, und mir wurde gesagt, darin seit Ihr nun keinem gewöhnlichen Kämpfer mehr überlegen. Sir Ringwald meinte, Ihr könntet Ihm
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