Der Tanz Der Klingen
erwähnt?«
Aha! »Ich schwöre, ich habe kein Sterbenswort von ihm gehört, Schwester Gertrude. Klingen sind keine großen Briefschreiber. Wart Ihr auch mit ihm befreundet?«
Sie drehte ihm den Rücken zu. »Das war ich«, erklärte sie einer Stechpalme.
»Dann haben wir beide einen schweren Verlust erlitten.«
Unbeirrt starrte sie weiter ins Gebüsch. Er wartete. Schließlich fragte sie: »Was wollt Ihr?«
»Gerechtigkeit für seinen Tod.«
»Das will ich auch.« Schwester Gertrude schaute zu den Fenstern des Gebäudes auf. »Ich darf nicht dabei gesehen werden, wie ich mit Euch rede. Folgt mir.«
Sie nahm den Hut ab, unter dem eine Flut rabenschwarzen Haars hervorquoll, und tauchte in die Büsche. Glockmann folgte ihr und war vollauf damit beschäftigt, mit ihr Schritt zu halten, sogar als sie alsbald einen Trampelpfad erreichten. Zwar reichte sie ihm kaum bis an die Schulter, trotzdem legte sie die Geschwindigkeit eines Rennpferds vor. Am Rand eines von Weiden überhangenen Teichs blieb sie unvermittelt stehen. Zwischen den kalten Steinen unter Wasser tummelten sich goldene Fische.
Schließlich drehte sie sich zu ihm um. »Erzählt mir von Euch. Erzählt mir alles über Euch!«
Er tat, wie ihm geheißen.
»Und wer hat diese Ungeheuer nun tatsächlich geschickt?«
»Ich hatte gehofft, Ihr könntet es mir sagen, Schwester. Die Schattenherren vermehrten sich, indem sie ihre Opfer ebenfalls in Schauergestalten verwandelten. Aber wer oder was hat es begonnen? Woher kam es, und wohin verschwand es, nachdem es den ersten Hoffreisassen getötet hatte?«
Sie ging zu einer zwischen dem Laubwerk fast verborgenen Steinbank hinüber, setzte sich und wischte sich Blätter und Zweige vom Gewand. Neben sich ließ sie Platz, was Glockmann als Einladung auffasste. Er hatte gehört, dass Frauen unter gewöhnlichen Umständen keine derart abgeschiedenen Plätze wählten, um sich mit Männern zu unterhalten, die sie nicht kannten. Schwester Gertrude schienen gänzlich andere Gedanken im Kopf herumzuschwirren. Außerdem sah sie aus, als wäre sie durchaus in der Lage, ihm den Arm zu brechen, sollte er sich nicht zu benehmen wissen.
»Ich weiß es nicht«, erklärte sie mürrisch. »Und ich kann nicht herausfinden, was die Mütter oder die Gilde der Zauberer darüber denken.«
»Mir wurde gesagt, einer der Hoffreisassen sei von seiner eigenen Hellebarde getötet worden, und sein Dolch hätte einen weiteren getötet. Außerdem wurde mir erzählt, Ihr hättet beim Hinausgehen eine Beschwörung an einem der Wächter entdeckt.«
»Seit es geschah, habe ich fortwährend Fragen darüber beantwortet«, sagte sie verkniffen und starrte in den Teich. »Es war reiner Zufall, dass ich so nah an ihm vorbeiging und für diese bestimmte Verbindung der Elemente empfänglich war. Mutter Schöllkraut hat sie falsch gedeutet, aber das ist nicht der Grund, weshalb sie …«
»Weshalb sie was? Redet weiter!«
Trudy zog einen Schmollmund. »Weshalb sie von Schuldgefühlen übermannt wurde, die arme alte Schachtel. Nein, den eigentlichen Fehler beging sie im Quamast-Haus. Ich wollte etwas Verdächtiges überprüfen, aber sie hat es mir verboten, weil die ehrwürdigen Greisinnen es früher am Tag hatten durchgehen lassen.« Sie zuckte die Schultern. »Natürlich ist es möglich, dass sie nicht so empfänglich wie sonst für das war, was ich entdeckte, aber sie hätte mir das Zweifelsrecht einräumen müssen. Das ist es, was die Schwestern zu vertuschen suchen – Unfähigkeit! Was danach folgte, war ein großes, grauenhaftes Verbrechen.«
Sollte das heißen, dass die Gefahr noch vorhanden sein konnte? Davon musste Ringwald unbedingt erfahren.
»Abscheulich«, meinte Glockmann. »Und mir fällt nicht einmal ein Beweggrund dafür ein.«
»Aber Ihr habt eine Vermutung! Erzählt sie mir.«
Überrascht von ihrer Menschenkenntnis und belustigt von ihrer Nachdrücklichkeit, antwortete er: »Sie mutet befremdlich an. Ich frage mich, ob der Angriff womöglich nur vorgetäuscht war, um Seiner Majestät Mitgefühl für das vermeintliche Opfer zu erregen. Wenn dem so war, ging die Rechnung auf, denn Großherzog Rubin besitzt nun zwei Klingen.«
»Seid Ihr diesem Großherzog begegnet?«
»Ein paar Mal. Kurz.«
»Beschreibt Ihn. Was für ein Mensch ist er?«
»Mittleren Alters, nicht wirklich mollig, aber er sieht aus, als mangelte es ihm an Bewegung. Er wirkt nicht unbedingt wie ein Genussmensch … eher vom Leben gezeichnet? Aber er ist auch höflich und geduldig.
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