Der Tanz Der Klingen
Raunzer nicht zu erschrecken, der am Fenster stand. Ein älterer Mann mit Nadeln im Mund machte sich an ihm zu schaffen. Der Großherzog saß geduldig auf einem Stuhl. Der Baron kauerte am Rand des Betts und war halb vergraben unter der Daunendecke, während seine fleischigen Beine hervorbaumelten und seine Züge zornig arbeiteten.
Glockmann verneigte sich vor dem Herzog.
»Er hat bestanden«, erklärte Ringwald. »Mit Auszeichnung. Er ist dahintergekommen und hat sogar herausgefunden, wie Ihr es bewerkstelligt.«
»Still, junger Narr!«, brüllte der Baron und deutete auf den Schneider.
Der Herzog schenkte ihm, wie so oft, keine Beachtung. »Herzlichen Glückwunsch, Meister Glockmann. Ihr müsst mich aufklären, welche Fehler mir unterlaufen sind.«
»Ich … ich wusste nicht, dass ich auf die Probe gestellt wurde!«, gab Glockmann frostig zurück.
»Das war auch nicht der ursprüngliche Zweck. Sir Ringwald und ich haben uns heute Morgen unterhalten. Ich erkundigte mich, was Ihr für ihn erledigen solltet, und er hat gestanden. Wir kamen überein, dass dies ein angemessenes Zeugnis über Eure Fähigkeiten abgeben würde. Schneider, vermesst auch diesen Mann.«
Der Schneider ließ ein Messband fallen, um die Nadeln aus dem Mund zu nehmen und zu sagen: »Ich bin Eurer Königlichen Hoheit zu tiefstem Dank verpflichtet.«
»Herr!«, knurrte der Baron. »Ich habe Euch gefragt, wozu ein blinder Schwertkämpfer nütze sei, aber Ihr habt es mir bis jetzt noch nicht verraten. Eure Mittel sind beschränkt.«
Rubin brachte ihn mit einer scharfen Erwiderung zum Schweigen, dann wandte er sich wieder lächelnd Glockmann zu. »Aber ich greife Euch vor, indem ich davon ausgehe, dass Ihr immer noch in meine Dienste treten möchtet. Ich versichere Euch, dass König Athelgar bekannt ist, was Ihr heute festgestellt habt, und er es bereits wusste, als er mir so großzügig Klingen zugestand.«
Ringwald grinste. Raunzer nicht, aber Raunzer hatte zumeist eine finstere Miene aufgesetzt. Ringwald kannte die Wahrheit, und wie sie auch aussehen mochte, ihm war dadurch nicht das Lachen vergangen.
»In diesem Fall«, erklärte Glockmann erleichtert, »soll es mir in der Tat eine Freude sein, Eurer Königlichen Hoheit zu dienen.«
6
Später, nachdem Glockmann vereidigt und zum Kammerherrn des Großherzogs ernannt worden war, was ein angemessen ungenauer Titel schien, lernte er die beiden Bediensteten kennen, die ihren Herrn in die Verbannung begleitet hatten. Manfred war Kutscher und Stallknecht. Harald diente je nach Bedarf als Sekretär, Kammerdiener oder Lakai. Bevor Ringwald und Raunzer in die Mannschaft aufgenommen worden waren, hatte er zudem bisweilen als Soldat ausgeholfen. Ringwald bezeichnete die beiden als Drinnen und Draußen und riss Witze darüber, wie fehlbesetzt sie schienen. Sie sahen zwar schon wie ein Holzfäller und ein Schreiberling aus, jedoch war Harald Drinnen der gutmütige junge Hüne, noch muskelbepackter und blonder als Raunzer. Manfred Draußen war älter und kleiner, wies die gebückte Haltung eines Bücherwurms auf und hatte ein Gesicht wie getrockneter Lehm, in dem Sorgenfalten gleich Sprüngen prangten. Keiner der beiden verstand Chivialisch, weshalb sich die Unterhaltung auf Lächeln und Händeschütteln beschränkte.
Bei Sonnenuntergang brachen Herzog, Baron und Klingen zum königlichen Mahl auf, und die Wachablöse erfolgte. Der neue Klingentrupp wurde von Sir Cedric angeführt, der den Königspokal für Fechten mittlerweile drei Jahre hintereinander gewonnen hatte und der einzige Chivianer zu sein schien, der die Herausforderer aus Isilond in Schach zu halten vermochte. Vermutlich hatte er eigens um diese Zuteilung ersucht, damit er Glockmann in Augenschein nehmen konnte. So edel seine Absichten auch sein mochten, für Glockmanns Geschmack war der weitbeste Schwertkämpfer sich seines Könnens ein wenig zu bewusst, und Glockmann hatte es satt, als medizinische Außergewöhnlichkeit betrachtet zu werden.
»Geh und hol dein Schwert, Junge.«
»Ich habe das Schwertkämpfen aufgegeben und fröne mittlerweile dem Sticken.«
»Dann geh und hol deine Sticknadel.«
Da er sah, dass es keine Möglichkeit gab, dem Trauerspiel zu entrinnen, holte Glockmann sein Schwert und ließ sich von Cedric demonstrieren, wie überaus schlecht er war, als sie durch die große Halle vor und zurück tänzelten – Cedric vor, Glockmann zurück. Der Mond stand am Himmel und hielt die Schattenherren fern. Der Gast, den die Klingen
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