Der Tanz Der Klingen
zurück. Die Köche planten ein großes Festmahl, die Spielmänner und Musikanten probten unablässig, und Seneschall Priboi veranlasste das größte Putzen und Aufräumen, das das alte Schloss seit Jahrhunderten erfahren hatte. Ernst selbst stapfte überall umher, überprüfte hier etwas, mischte sich dort ein, billigte dieses oder jenes und erfreute sich einer wunderbaren Zeit. Das Leben war schon zu lange eintönig gewesen, und er durfte nicht damit rechnen, dass ihm in seinen verbleibenden Jahren noch viele glückliche Ereignisse beschieden sein würden.
Die schlechten Neuigkeiten kehrten mit Priboi heim. Da sämtliche Vorbereitungen abgeschlossen waren, hatte Ernst dem alten Seneschall bereitwillig einige Stunden Freizeit gewährt. Es war ja nicht so, hatte Ernst zu ihm gemeint, dass er jedes Jahrzehnt darum ersuchte, dennoch sollte er es sich nicht zur Gewohnheit werden lassen. Als er zurückkehrte und berichtete, was er in Vamky erfahren hatte, wandelte sich Freude in blankes Entsetzen. Vor Johannas Eintreffen jedoch konnte Ernst den greisen Seneschall nur noch zu Verschwiegenheit verpflichten und ihm auftragen, dafür zu sorgen, dass der Fuchsbau gesäubert und mit Vorräten aufgefüllt wurde.
Am Morgen darauf sah der Späher ihren Tross herannahen, zwei Frauen und ein Trupp der Palastgarde. Die gesamte Dienerschaft fand sich auf dem Burghof ein, um die Großherzogin zu begrüßen, wobei der Jubel beinahe die von den Zinnen schmetternden Fanfaren übertönte. Ernst höchstpersönlich hob sie vom Pferd und wollte vor ihr niederknien, doch sie hielt ihn davon ab, umarmte ihn und verbot es ihm. Zugleich lachend und weinend begrüßte sie all die alten, vertrauten Gesichter.
Das verschreckte Kind, das vor dreieinhalb Jahren in der herzoglichen Kutsche verschwunden war, hatte sich zur Frau gemausert, zu einer anmutigen, königlichen Schönheit. Sie meinte zu ihm, er hätte sich kein bisschen verändert. Bloß fetter und hässlicher geworden, erwiderte er, aber stolz darauf, geistig rege wie eh’ und je zu sein. Es sei wundervoll, zu Hause zu sein, meinte sie, doch der Blick, mit dem sie Ernst nach jenen ersten, glücklichen Momenten bedachte, verriet es ihm: Sie ahnte bereits, dass ihm etwas Unheilvolles auf der Seele lastete.
Es dauerte eine Stunde, bis das erste Schwelgen in Erinnerungen und das Austauschen von Nettigkeiten vorüber waren. Erst dann konnte er sich ungestört mit ihr unterhalten. Die beiden machten es sich im Sonnenzimmer gemütlich, und alsbald wandte das Gespräch sich ernsteren Dingen zu. Er gestand, wie sehr er sie immer noch vermisste und beglückwünschte sie dazu, wie schön sie geworden war. Sie gab zu, dass sie nicht mehr solches Heimweh nach Fadrenschloss hatte wie einst. Johanna erwähnte nicht, wie sehr ihr tatsächliches Eheleben von jenem ihrer Vorstellung abwich, doch das brauchte sie auch nicht. Obwohl der Baron keine Persona grata mehr am Hof war, hatte er immer noch Freunde in Krupa, überwiegend Söhne und Enkel von Männern, neben denen er in seiner Zeit im Heer gekämpft hatte. Er wusste, wie sehr sie gedemütigt und geschnitten worden war. In ihren Briefen hatte sie sich nie darüber beklagt, aber als sie von Trenko erzählte – den Menschen, den Häusern, dem Land selbst, alles neu für sie – und besonders darüber, dass ihr dieselben königlichen Ehren zuteil geworden waren wie Rubin, da strahlte ihr Antlitz vor Glück.
Allmählich begann der Zeitpunkt, Sinn zu machen. »Also hat sich dir Fürst Volpe letztlich gebeugt?«
»Er hat sich die ganze Zeit über kühl, aber gebührlich verhalten.« Kurz flackerte das süßsaure Lächeln auf, an das von Fader sich noch so gut erinnerte. »Er hat jedoch angedeutet, dass dieser Zustand bloß vorübergehender Natur sein könnte.«
»Er ist ein seltsamer Mann.« Ernst rief sich Volpe als Kind in Erinnerung, als verbitterten, verschlossenen, wehmütigen Knaben. Schon damals war offenkundig gewesen, dass er ein wesentlich besserer Großherzog geworden wäre als Rubin, sein Neffe und Spielgefährte, es je sein könnte. Als der Junge mit der Bruderschaft in den Krieg geritten war, hatte Ernst ein Alter erreicht, in dem er bereit war, die Lanze an den Nagel zu hängen, folglich hatten ihre militärischen Pfade sich nur kurz gekreuzt. Bereits als Grünschnabel hatte Volpe sich den Ruf erarbeitet, verwegen und rücksichtslos zu sein.
»Der größte Krieger in ganz Euranien, meinte er.« Johannas Tonfall ersuchte um
Weitere Kostenlose Bücher