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Der Tanz des Maori (epub)

Titel: Der Tanz des Maori (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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sehr über die Vergangenheit gesprochen …«
    Â»Sprich mit Brandon«, schlug Ruiha vor. »Geh nach Christchurch, erzähl ihm meine Geschichte – aber eines musst du mir versprechen: Du gehst nicht zu Angus und sagst ihm, dass du jetzt die Wahrheit kennst. Geh vor allem nicht alleine zu ihm. Er ist gefährlich, vor allem, wenn er in die Enge getrieben wird. Das musst du mir glauben!«
    Â»Er ist doch jetzt ein alter Mann …«, winkte Sina ab. »Ich glaube nicht, dass er stärker ist als ich. Vor allem sind jetzt die Wildwest-Methoden der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts vorbei. Neuseeland zählt inzwischen zu den zivilisierten Ländern, oder nicht?«
    Â»Neuseeland mag zivilisiert worden sein, das stimmt. Aber Angus MacLagan lässt sich nicht zähmen. Die Fassade der feinen Kreise und des Erfolges ist bei ihm nur hauchdünn. Wenn er sich auch nur ein bisschen in seiner Sicherheit und seinem Wohlstand bedroht fühlt, dann wird er wieder zeigen, wie gut er sich wehren kann.« Ihre Stimme klang müde. »Und jetzt lass mich bitte allein. Es hat mich sehr angestrengt, diese alten Geschichten beim Erzählen noch einmal durchleben zu müssen. Lass mich ausruhen. Wenn du willst, kannst du mich mit Brandon besuchen. Dann sehen wir weiter.«
    Sie lehnte sich erschöpft in ihrem Stuhl zurück und schloss die Augen. Zögernd stand Sina auf. Konnte sie die alte Frau jetzt wirklich alleine lassen? Wie zur Antwort wedelte Ruiha noch einmal mit der Hand. »Jetzt geh schon.«
    Vorsichtig lehnte Sina sich nach vorne und streichelte der alten Frau über die faltige Wange. »Danke«, flüsterte sie. »Danke, dass du uns allen eine Vergangenheit zurückgegeben hast.«
    Als Ruiha keine Reaktion zeigte, verließ Sina den Garten und schloss sorgfältig das Gartentor hinter sich. Langsam ließ sie ihre Blicke über das Haus wandern. Jetzt sah sie es mit völlig anderen Augen: Hier hatte einst ihre Großmutter gelebt, und es waren anfangs auch sehr glückliche Jahre. Sie sah den grauen Stein und die abblätternden Fensterläden an. Ein paar Wege zogen sich durch den Garten, zwischen den Beeten und hinunter zu dem großen Farnbaum am Ende des Grundstücks. Ob das wohl alles schon vor über sechzig Jahren so ausgesehen hatte? Oder hatte Ruiha im Lauf der Jahre diesem Haus und dem Garten ihren Stempel aufgedrückt? Weder das Haus noch die wunderschönen Pflanzen verrieten Sina ihr Geheimnis. Die Schatten der Vergangenheit zeigten sich nicht. Keine glückliche junge Frau mit meergrünen Augen und einem spielenden Sohn, keine fröhliche Blondine, die sich in einen geheimnisvollen, dunklen Mann verliebt. Und auch keine junge Maori, die von der Zeugin einer Familientragödie zum Opfer wurde.
    Mit einem letzten langen Blick und einem Schulterzucken machte sie sich wieder auf den Weg zu Mary-Ann. Ein Blick auf ihre Armbanduhr ließ sie ihre Schritte beschleunigen. Es war wirklich schon sehr spät …

29.
    Als sich die Tür zu dem kleinen Häuschen in Christchurch öffnete, atmete Sina erst einmal tief durch. Hier konnte sie jetzt in aller Ruhe über Ruihas Geschichte nachdenken. Nur einen Augenblick später sah sie misstrauisch in Richtung Küche. Es roch nach Tomaten, Basilikum, Parmesan – eindeutig stand eine leckere Pasta in der Küche auf dem Herd. Sina machte ein paar schnelle Schritte, rannte fast, riss die Tür auf.
    Auf dem Herd brodelte eine Tomatensoße, auf dem Tisch standen schon zwei Teller mit Weingläsern bereit – und auf einem der Stühle saß Brandon. Er hatte seine Füße auf einen Stuhl gegenüber gelegt, hatte eine aufgeschlagene Zeitung in den Händen und sah sie aus seinen unglaublichen grauen Augen an. Einen Moment lang bemerkte Sina noch seine dunkelbraune Haut und dazu die fast weißblonden Haare – die langen Wochen in der Südsee hatten ihm offensichtlich gutgetan. Bevor sie noch etwas sagen konnte, flatterte die Zeitung zu Boden, Brandon sprang auf und schloss sie in seine Arme. Auf ihre Lippen drückte er einen langen, leidenschaftlichen Kuss, der ihr nicht nur den Atem raubte, sondern auch erst einmal die Sprache verschlug. Als sie sich für einen Augenblick voneinander lösten und tief in die Augen sahen, brachte sie nur ein »Ich dachte, du bis in Vanuatu?« heraus.
    Â»Und ich dachte, du bist hier«, lachte Brandon. »Ich

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