Der tanzende Tod
trennen, nur um ganz sicher zu sein, und konnte mir keinen Menschen denken, den aufzusuchen in diesem Fall besser wäre als Nanny Howard. Wenn sie so intelligent war, wie sie aussah, kannte sie alle Ereignisse dieses speziellen Zweiges des Fonteyn-Familienbaumes und wäre in der Lage, mich mit jeder gewünschten Anzahl notwendiger Einzelheiten zu versorgen.
Vielleicht widerstrebte es ihr jedoch, mit einem Außenseiter zu sprechen, denn genau das war ich für sie, trotz meiner Beziehung zu Richard. Ich schnitt eine Grimasse, denn der Gedanke, sie beeinflussen zu müssen, gefiel mir nicht. Er gefiel mir nicht, aber ich würde es tun, wenn sonst nichts sie dazu bewegen konnte.
»In was für einen hinterlistigen Schurken du dich doch verwandelst, Johnnyboy«, sagte ich laut, aber nicht zu laut. In diesen dunklen Korridoren verbreitete sich das Echo weithin, und ich hegte nicht den Wunsch, meinen Selbstvorwurf jedem Dienstmädchen mitzuteilen, welches hier umherschleichen mochte. Es war das Beste, meine Gedanken von diesem Thema abzulenken, bis die richtige Zeit käme, es in Angriff zu nehmen.
Also wanderten meine Gedanken nur zu gerne zu der Aussicht, mich hineinzuschleichen, um einen weiteren Blick auf Richard zu erhaschen. Wenn schon über nichts anderes, so würde Nanny Howard mir doch gerne alles über ihn erzählen. Womit beschäftigte er sich gerne? Was waren seine bevorzugten Spiele? Gab es auf Edmonds Anwesen andere Kinder, mit denen er spielen konnte? Besaß er bereits ein Pony? Wahrscheinlich nicht, bedachte man seine Reaktion auf das bemalte Pferd, welches sich nun in seinem Besitz befand. Mein Herz schien bei dem herrlichen Gedanken, ihm schließlich ein richtiges zu schenken, zum Leben zu erwachen und schnell zu schlagen. Ich erinnerte mich deutlich an die köstliche Aufregung, die mich an einem meiner ersten Geburtstage erfasste, als Vater mir ein schönes weißes Pony geschenkt hatte. Nun musste ich mir bei Ausritten nicht mehr den Platz vorne auf dem Sattel mit anderen teilen, ich besaß ein eigenes stattliches Ross, mit dem ich meine Tagträume zum Leben erwecken konnte. Darüber hinaus lernte ich viel über die Pflege und das Verwöhnen von Pferden und widmete mich meinen Lektionen im Dressurreiten mit größter Begeisterung. Es schien, als besäße Richard ebenfalls einen guten Teil dieser Begeisterung, und was für ein Vergnügen würde es sein, diese noch zu nähren und ...
Vater.
Du meine Güte, ich musste mich niedersetzen, um ihm zu schreiben und ihm irgendwie mitzuteilen, was geschehen war.
Aber erst später, dachte ich, indem ich die letzten Stufen leichtfüßig hinter mich brachte und um die letzte Ecke bog, bevor ich das Kinderzimmer erreichte.
Unglücklicherweise traf ich direkt vor der Kinderzimmertür auf den anderen Vater meines Sohnes, Edmond Fonteyn.
Er war ein großer Mann, besaß fast die Größe von Ridley und war normalerweise auch so kräftig wie dieser, doch die Aktivitäten der vergangenen Nacht hatten dazu geführt, dass sein Gesicht ausgezehrt und weiß war, er einen Arm in der Schlinge trug, beide Hände verbunden waren und er sich unnatürlich langsam bewegte. Doch noch immer lag ein Feuer in seinen dunklen Augen, so auch in dem Blick, mit dem er mich anfunkelte.
Ich schreckte zurück, stolperte auf eine zutiefst würdelose Art und blieb dann stocksteif stehen. Gleichzeitig verfluchte ich mich selbst für solch ein absurdes Betragen. Was hatte ich schließlich von ihm zu befürchten?
»Wo hast du dich den ganzen Tag aufgehalten?«, grollte er, ohne sich mit der Höflichkeit einer Begrüßung aufzuhalten, welche über ein leichtes Heben des Kinns hinausging. Hatte er diese Manieriertheit schon immer besessen oder von Clarinda übernommen? Oder hatte sie sie etwa von ihm?
»Mein Arzt verordnete mir Bettruhe.«
»Dieser Dummkopf Oliver.«
»Er ist kein Dummkopf«, entgegnete ich sanft.
Edmond entschloss sich, über diesen Punkt nicht zu diskutieren. »Was tust du hier? Mrs. Howard sagte, du seiest bereits einmal da gewesen und wieder gegangen.«
»Und ich bin erneut hier. Was sagte Mrs. Howard sonst noch über meinen Besuch?«
Seine Lippen teilten sich, als ob er antworten wolle, aber dann schloss er den Mund. Ich hatte ihn ertappt, und er war sich dessen voll bewusst. »Dann komme mit mir. Wir müssen reden.« Als ich zögerte, auf seinen Befehl hin zu springen, fügte er hinzu: »Der Knabe schläft tief und fest und wird auch später noch genauso
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