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Der tanzende Tod

Der tanzende Tod

Titel: Der tanzende Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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wird er tun, wenn wir erst zu Hause sind?«
    »Diese Auskunft hat er mir nicht gegeben; außerdem geht mich das eigentlich nichts an.«
    »Er wird mich in einem Raum einsperren, der diesen hier wie einen Palast erscheinen lassen wird.«
    »Es gibt schlimmere Orte. Würdest du die Irrenanstalt oder das Bridewell-Gefängnis in London vorziehen?«
    »Du sprichst so, weil du ärgerlich bist, aber bitte versuche, die Angelegenheit durch meine Augen zu sehen, nur für einen Moment, ich bitte dich.« Erneut wartete ich ab.
    Sie beruhigte sich äußerlich, aber ihr Herzschlag erschien meinem feinen Gehör sehr laut.
    Ich spürte, dass ihre wirkliche Sorge niemals dem Gespräch von vorhin und den Fragen bezüglich Richard gegolten hatte. Dies war lediglich ein nützliches Mittel gewesen, mich auszuhorchen; kam sie nun endlich zu dem wirklichen Grund, aus dem sie mich hergebeten hatte?
    »Es mag vielleicht schlimmere Orte geben, aber ich kann mir keinen einzigen vorstellen«, flüsterte sie. »Ich werde für immer und ewig eingesperrt bleiben. Ich werde vollkommen alleine sein. Nach dem morgigen Tage werde ich niemals wieder die Sonne oder auch nur die Wärme einer Kerzenflamme sehen. Es wird immer dunkel und immer kalt sein. Das hat er mir versprochen. Es sind genau seine Worte.«
    Ich dachte, dass sie wieder log – wobei es einfach wäre, im Gespräch mit Edmond die Wahrheit herauszufinden –, aber ihre Angst war echt. Ich konnte sie riechen. Ich konnte sie beinahe schmecken.
    »Er weiß sehr gut, dass mich dies irrsinnig machen wird, was den Geschichten, welche er anderen erzählt, Wahrheit einhauchen wird. Kein Mensch mit einem Funken Mitleid im Leibe würde einen Straßenköter mit einer solchen Grausamkeit behandeln, aber genau das steht mir bevor, dies hat er mir geschworen.«
    Kein Sonnenlicht, nicht einmal eine Kerze. Gott, ich konnte voll und ganz verstehen, was für eine Art von Dunkelheit dies war! »Nun gut, ich werde mit ihm sprechen«, antwortete ich mit schwerer Stimme.
    »Nein! Ich will, dass du mir hilfst, von ihm fortzukommen!«
    Nun war es an mir, ungläubig zu sein. »Himmel, ich glaube, du bist bereits irrsinnig.«
    »Noch nicht. Noch nicht! Ich bitte dich nicht, mir bei der Flucht zu helfen, sondern nur, mir zu helfen, von ihm fortzukommen. Ersinne ein Gefängnis für mich, wie auch immer es dir gefällt, lasse mich vollkommen allein, aber wenn ich nur noch eine einzige Stunde Tageslicht bekommen kann, werde ich sonst nichts mehr von dir verlangen.«
    Eine Stunde Tageslicht. Was würde ich nicht alles darum geben, um selbst auch nur so wenig wie dies zu besitzen! Die meiste Zeit bereitete dieser Mangel mir keinen Kummer. Keinen großen zumindest. Aber dann hatte ich Zerstreuungen zuhauf, welche meine Stunden ausfüllten. Mir waren noch einige Möglichkeiten geblieben. Clarinda besaß keine mehr.
    »Wenn ... wenn dies unmöglich ist«, fuhr sie stockend fort, wobei ihr Blick zu Boden glitt, »dann würde ich dich bitten, mir die Mittel zur Verfügung zu stellen, die es mir ermöglichen würden, eine andere Art von Flucht zu begehen.«
    »Was für Mittel?«
    Sie hob ihren Blick, um dem meinen zu begegnen, und leckte sich die Lippen.
    »Ich habe gehört, wenn man nur genügend Opium nimmt –«
    »Großer Gott, Clarinda!«
    »Sonst kann ich die Bettwäsche zerreißen und einen Weg finden, mich zu erhängen. Dies würde Edmond sehr gut gefallen, da bin ich sicher.«
    »Es gibt keinen Grund –«
    »Findest du? Ich meine es so, wie ich es sage, Jonathan. Du scheinst noch immer ein Herz zu besitzen; daher wollte ich mit dir sprechen. Ich kann sonst niemandem vertrauen. Ich bitte dich um nicht viel. Du würdest einen tollen Hund aus seinem Elend befreien, nicht wahr?«
    »Das würde ich tun, aber –«
    »Aber was? Entweder dies, oder nimm dich selbst meiner an – oder hilf mir ganz bei der Flucht.«
    Sie wartete und wartete, und trotz all ihrer Täuschungskünste war sie nicht in der Lage, einen kleinen glitzernden Funken Hoffnung, der in ihren Augen auftauchte, zu verbergen. Aber ich ließ mich nicht dazu herab, eine Bemerkung zu jenem letzten absurden Vorschlag zu machen. Ein Teil ihres Geredes über ein anderes Gefängnis mit mir als ihrem Aufseher, oder darüber, sich selbst das Leben zu nehmen, oder alles davon, war vielleicht dazu gedacht gewesen, meine Entschlossenheit zu untergraben, damit ich einwilligte, ihr bei ihrer Flucht zu helfen. Nun, ich hatte ihr bereits gesagt, dass ich kein Dummkopf war.

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