Der tanzende Tod
Stattdessen tat ich mein Bestes, um ihm auf seine Fragen zu antworten, warum ich es vorzöge, keine Perücke zu tragen, woher ich käme, nach der generellen Lage Amerikas im Verhältnis zu England, und er stellte Vermutungen an, wie weit und tief der ›Lantik‹ sein mochte.
Inzwischen besaß die Milch eine zum Trinken geeignete Temperatur, und es gelang mir, ihm den größten Teil davon einzuflößen.
»Schmeckt nicht wie echte Milch«, meinte er.
»Das muss wohl der Honig darin sein.«
»Er ist an frische Kuhmilch gewöhnt, Sir«, warf Nanny Howard ein. »Die Küche hatte nur Eselsmilch.«
»Ja, Oliver mag sie besonders gern; er meint, sie sei gesünder als das, was von der Kuh kommt.«
»Das ist sie in der Tat, Sir, denn ich würde keiner Kuhmilch trauen, welche man in der Stadt kaufen kann. Da gibt es zu viele Möglichkeiten, sie zu verderben.«
»Wenn wir uns eine eigene Kuh anschaffen würden...«
»O nein, Sir, es wäre noch immer in der Stadt. Da ist es schon besser, Eselsmilch zu trinken oder überhaupt keine.«
»Sie mögen die Stadt also nicht besonders?«
»Es steht mir nicht zu, dies auszusprechen, Sir.«
»Das tut es gewiss, wenn ich Sie darum bitte.«
»Nun denn, sie ist gut genug für mich, aber um die Wahrheit zu sagen, halte ich es nicht für klug, ein Kind in der Stadt aufwachsen zu lassen.«
»Was haben Sie denn dagegen?«
»Erstens die schlechte Luft, zweitens das schlechte Wasser.«
Ich hatte kein Gegenargument anzubieten und deutete an, sie möge fortfahren.
»Es ist mehr als genug, um ihr Wachstum zu behindern und dafür zu sorgen, dass sie kränklich werden. Auch gibt es überall Ruß, wohin man sich auch wendet, verrottetes Essen, welches von Leuten verkauft wird, die man nicht kennt, Krankheiten, Frauen von zweifelhafter Moral, gottlose Männer und zu viel Lärm. Wie kann ein Kind genügend Schlaf bekommen angesichts des ständigen Tumultes?«
»Auch auf dem Lande gibt es Frauen von zweifelhafter Moral und gottlose Männer, das habe ich zumindest gehört«, meinte ich, indem ich der Frage auswich.
»Vielleicht ist dies tatsächlich der Fall, Mr. Barrett, aber ich habe noch keine gesehen, und ich habe eine beträchtliche Zeit länger auf dem Lande gelebt, als Sie am Leben sind. Aber davon ganz abgesehen habe ich mehr Landkinder das Erwachsenenalter erreichen sehen als Stadtkinder. Kinder aufzuziehen ist nicht viel anders als Ackerbau, Sir. Sie benötigen ein wenig Platz zum Wachsen, Sonnenschein und gutes Wasser. Nimmt man eines davon fort, erhält man eine Saat, die nicht aufgeht.«
Verdammnis, das, was sie sagte, ergab sehr viel Sinn. »Dann gibt es überhaupt nichts, was Ihnen an der Stadt vorteilhaft erscheint?«
»Ich gebe zu, dass sie einige passable Möglichkeiten der Zerstreuung und Unterhaltung bietet, aber die Natur dieser Dinge ist von geringem Interesse für einen vierjährigen Knaben.« Ihre Beobachtungen waren vollkommen vernünftig, aber ich wusste nicht, was ich mit ihnen anfangen sollte. Die erste Idee, welche mir in den Sinn kam – und die erste, die ich verwarf –, war die, dass Richard in Edmonds Landhaus zurückkehren sollte. Was die zweite Idee betraf...
»Ich könnte nach einem eigenen Hause suchen«, meinte ich ohne große Begeisterung.
Sie bemerkte dies und bot mir eine Alternative an. »Wie wäre es mit dem Fonteyn-Hause? Es liegt nicht allzu weit entfernt und bietet mehr als genügend Platz.«
Dies war meine dritte Idee gewesen, und ich war nicht sonderlich begeistert davon. »Ich glaube nicht, dass sich dies als sehr praktisch herausstellen würde. Sehen Sie, mein Vater und meine Mutter können jederzeit in England eintreffen, und ich erwarte, dass meine Mutter im Fonteyn-Hause leben möchte.«
»Dies ist nur natürlich, da es das Heim ihrer verstorbenen Schwester ist.«
»Natürlich, ja, aber wenn sie es mit einem kleinen und wilden Kinde teilen müsste, wäre dies für beide nicht unbedingt das Beste.«
»Aber dort gibt es mehr als genug Platz –«
»Es geht nicht um Platz, Mrs. Howard. Am besten informiere ich Sie über meine Mutter.«
»Tatsächlich?« Sie achtete darauf, einen neutralen Gesichtsausdruck zu wahren, da ihr mein düsterer Tonfall aufgefallen war.
»Sie ist in ihrer Art so schrecklich, wie es Tante Fonteyn war.« Ich hielt inne, damit sie Zeit hätte, diese unverblümt ehrliche Äußerung zu erfassen, und warf ihr einen entsprechend finsteren Blick zu. »Ich glaube, wir alle wissen, was hätte geschehen können,
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