Der tanzende Tod
finden sie zuerst.«
Ich wollte daran glauben, und Oliver überzeugte mich durch sein Gebaren nahezu von der Wahrheit seiner Worte. Meine Zweifel ließen ein wenig nach.
»Nun denn«, sagte er, indem er auffordernd den Kopf hob, »wie wäre es, wenn du dich um den schändlichen Mr. Ridley und seine Mohock-Horden kümmern würdest?«
Es verging nicht viel Zeit, bevor unser Kutscher gemäß Olivers Anweisungen die Kutsche in die richtige Straße lenkte. Während Ridley noch immer »Gast« im Fonteyn-Hause gewesen war, hatte mein Vetter einige Anstrengungen auf sich genommen, um seine genaue Adresse herauszufinden.
»Dort, glaube ich.« Er deutete auf eine Reihe von Türen, auf die wir langsam zufuhren. »Er sagte mir, es sei die vierte auf der Westseite des Häuserblocks. Es ist wohl keine sehr vornehme Gegend.«
Seine Verachtung war wohl begründet, als er seine lange Nase über die Reihe von schmalen schmutzigen Häusern rümpfte. Die meisten Gebäude in London waren aufgrund der rußverseuchten Luft schmutzig, ungeachtet ihrer Qualität, aber bei diesen Exemplaren schien dies noch mehr zuzutreffen als bei den meisten anderen.
»Ich dachte, er besäße Geld«, meinte ich.
»Das trifft auch zu, aber nur dann, wenn er nicht bei seiner Familie lebt. Der Klatsch in einer meiner Gesellschaften besagt, dass sie ihm vierteljährlich eine Zuwendung zukommen lassen, damit er sich so weit weg von ihnen wie nur möglich aufhält.«
»Die Zuwendung kann nicht sehr üppig sein.«
»Ich glaube, er verbraucht den größten Teil davon für seine Vergnügungen, und dies ist alles, was er sich von dem Rest noch leisten kann.«
Wir fuhren daran vorbei und ließen den Kutscher einen Kilometer später anhalten, dann stieg ich aus und ging zu Fuß zurück. Sonst hätte ich mich nicht mit einer solchen Vorsichtsmaßnahme aufgehalten, aber Mr. Dunnetts Beobachtungen veranlassten mich, mehr Sorgfalt anzuwenden als gewöhnlich. Wenn Ridleys Freunde in der Nähe herumlungerten, wollte ich die Möglichkeit haben, sie zuerst zu entdecken.
In dem Gebäude befanden sich verschiedene Wohnungen, von denen alle bewohnt waren, wenn ich die diversen Geräusche, die durch die zahlreichen Mauern drangen, richtig interpretierte. Ridleys Wohnung lag im ersten Stock. Ich eilte flink die Treppe hinauf und klopfte zweimal schwungvoll an seine Tür, als werde ich erwartet. Niemand öffnete. Einen Augenblick später suchte ich mir meinen eigenen Weg hinein und nahm auf der anderen Seite der Schwelle langsam wieder Gestalt an, wobei ich die Augen weit aufsperrte, um jeden möglichen Hinweis auf seine Anwesenheit wahrnehmen zu können.
Er besaß zwei kleine Zimmer, wobei dieses als Wohnzimmer diente; und ich nahm an, dass dasjenige, welches durch die halb geöffnete Tür gegenüber zu erkennen war, sein Bett enthielt. Aus dem unordentlichen Zustand der Dinge konnte ich schließen, dass er keinen Diener besaß. Ich horchte angestrengt, aber hörte nichts, nicht einmal das sanfte Atmen eines Schläfers. Der Ort war dunkel, kalt und leer. Nun, dies kommt davon, wenn man keine Verabredung trifft. Ich würde später zurückkehren müssen.
Auf meinem Wege nach unten überlegte ich, dass es dennoch keine so schlechte Sache sei, wenn ich die Richtung von Ridleys ureigenstem Leben veränderte. Wenn ich ihn dazu brachte, sich zu bessern, wäre er vielleicht sogar dazu in der Lage, mit seiner Familie die Geschichte des verlorenen Sohnes nachzuspielen und schließlich an einem besseren Ort als diesem zu enden. Der Trick wäre nur der, ihn zu Hause anzutreffen.
Doch später.
Meine Stimmung hatte sich gehoben – wegen dieses Misserfolges, nicht dennoch. Mir waren die Kopfschmerzen durch die Erledigung meiner Aufgabe erspart geblieben, sei es auch nur vorerst. Es galt immer noch einen Besuch zu machen, diesmal bei Arthur Tyne. Vielleicht war er ebenfalls nicht daheim. Was für ein angenehmer Gedanke.
Ich ging die Straße hinauf, auf Olivers Kutsche zu, nicht gerade in Eile, aber auch nicht besonders langsam. Auf der anderen Seite hielten drei andere Spaziergänger in der Kleidung feiner Herren Schritt mit mir. Keiner von ihnen schien mir viel Aufmerksamkeit zu schenken, wenn überhaupt, aber nichtsdestotrotz war ich auf der Hut. Ich hatte den starken Eindruck, dass sie sich meiner sehr bewusst waren, obgleich keiner von ihnen mir mehr als ein oder zwei Blicke zuwarf. Sie schienen sich sehr wohl zu fühlen. Da verstand ich, warum ich das Bedürfnis nach Vorsicht
Weitere Kostenlose Bücher