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Der taubenblaue Drache / eBook (German Edition)

Der taubenblaue Drache / eBook (German Edition)

Titel: Der taubenblaue Drache / eBook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Vonnegut
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gestikulierte schmälernd in Richtung ihrer ausgedehnten Motorhaube. Sie liebte sein Auto. Sie haßte
ihres.
    An der Mündung eines Kreisverkehrs, der zu einem Hotel führte, blinkte sie schwungvoll und bog ab. Als käme er nach Hause, folgte der Marittima-Frascati, schnurrte durch die
Einfahrt und auf den Parkplatz. Ein Mann in Uniform winkte, lächelte, bewunderte und dirigierte Kiah dann neben den Cadillac. Kiah beobachtete, wie das Mädchen in der Cocktail-Lounge
verschwand, jeder Schritt eine Einladung, ihr zu folgen.
    Als er den tiefen weißen Kies überquerte, schob sich eine Wolke vor die Sonne, und während der kurzen Abkühlung stockte Kiahs Schritt. Das Universum behandelte ihn wieder
wie einen Eindringling. Er blieb auf den Stufen zur Cocktail-Lounge stehen, blickte über die Schulter, sah sein Auto an. Da wartete es auf seinen Gebieter, hingestreckt, mager, ausgehungert
und begierig, Meilen zu fressen –, Kiah Higgins’ Auto.
    Erfrischt ging Kiah in die kühle Lounge. Das Mädchen saß in einer Ecknische, die Augen gesenkt. Sie vertrieb sich mit dem Zerpflücken eines hölzernen Sektquirls die
Zeit. Der einzige weitere Mensch in dem Raum war der Barkeeper, welcher Zeitung las.
    »Suchen Sie jemanden, Sohnemann?«
    Sohnemann? Kiah hatte nicht übel Lust, den Marittima-Frascati in die Bar zu fahren. Er hoffte, daß das Mädchen es nicht gehört hatte. »Geben Sie mir einen Gin To
nic«, sagte er kalt, »und vergessen Sie die Limettenscheibe nicht.«
    Sie sah auf. Kiah lächelte mit der Kameraderie, wie sie Privilegien, Pferdestärken und das vor ihnen liegende endlose Band der Straße boten.
    Sie nickte zurück, verdutzt, und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Sektquirl zu.
    »So, Sohnemann«, sagte der Barkeeper und stellte den Drink vor ihm ab. Er raschelte mit seiner Zeitung und nahm die Lektüre wieder auf.
    Kiah trank, räusperte sich und sprach mit dem Mädchen. »Schönes Wetter«, sagte er.
    Sie ließ sich nicht anmerken, daß er etwas gesagt hatte. Kiah wandte sich an den Barkeeper, als hätte er mit ihm gesprochen. »Fahren Sie gern Auto?«
    »Manchmal«, sagte der Barkeeper.
    »Bei so einem Wetter möchte man seine Karre vollrohr ausfahren.« Der Barkeeper blätterte ohne Kommentar um. »Aber ich fahre sie noch ein und muß sie unter
fünfzig halten.«
    »Anzunehmen.«
    »Große Versuchung, wenn man weiß, daß sie garantierte hundertdreißig macht.«
    Der Barkeeper legte gereizt seine Zeitung hin. »Wie garantiert?«
    »Mein neues Auto, mein Marittima-Frascati.«
    Das Mädchen blickte auf, interessiert.
    »Ihr was?« sagte der Barkeeper.
    »Mein Marittima-Frascati. Das ist ein italienisches Auto.«
    »Wie ein amerikanisches hört es sich jedenfalls nicht an. Für wen fahren Sie es?«
    »Für wen ich es fahre?«
    »Ja. Wem gehört es?«
    »Wem soll es schon groß gehören? Mir gehört es.«
    Der Barkeeper nahm sich wieder seine Zeitung vor. » Ihm gehört es. Ihm gehört es, und es fährt hundertdreißig.
Glückspilz.«
    Kiah reagierte, indem er ihm den Rücken kehrte. »Hallo«, sagte er zu dem Mädchen mit mehr Selbstvertrauen, als er für möglich gehalten hätte. »Wie sind
Sie mit dem Racker zufrieden?«
    Sie lachte. »Meinem Auto, meinem Verlobten oder meinem Vater?«
    »Ihrem Auto«, sagte Kiah und kam sich blöd vor, weil ihm keine zündendere Erwiderung eingefallen war.
    »Mit Cadillacs bin ich immer sehr zufrieden. Jetzt erinnere ich mich an Sie. Sie waren in diesem süßen kleinen blauen Ding mit gelben Sitzen. Ich habe Sie irgendwie nicht mit
dem Auto in Verbindung gebracht. Sie sehen anders aus. Wie haben sie es genannt?«
    »Einen Marittima-Frascati.«
    »Mmmmmm. Ich könnte nie lernen, das zu sagen.«
    »Das ist in Europa ein sehr berühmtes Auto«, sagte Kiah. Alles lief glänzend. »Hat zweimal in Folge das Rennen von Avignon gewonnen, wissen Sie.«
    Sie lächelte ein bezauberndes Lächeln. »Nein! Das habe ich nicht gewußt.«
    »Fährt garantierte hundertdreißig.«
    »Meine Güte. Ich hätte nicht gedacht, daß Autos überhaupt so schnell fahren können.«
    »Nur zwölf davon in den USA , wenn über haupt .«
    »Das sind ja wirklich nicht viele, was? Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich frage, wieviel eins dieser wunderbaren Autos kostet?«
    Kiah lehnte sich gegen den Tresen zurück. »Nein, macht mir gar nichts aus. Kommt mir vor, als wäre es irgendwo zwischen fünf und sechs gewesen.«
    »Ach, da zwischen? Gar nicht übel, zwischen so was zu sein.«
    »Och,

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