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Der tausendfältige Gedanke

Der tausendfältige Gedanke

Titel: Der tausendfältige Gedanke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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Gewand, das vermutlich für eine Konkubine des toten Padirajah geschneidert worden war. Sie war anmutig, hatte dunkle Augen und ein dunkles Antlitz, und ihr Haar schimmerte wie Obsidian zwischen den goldenen Rippen ihres Kopfschmucks – sie wirkte wie eine Kaiserin aus Nilnamesh am Arm eines Königs der Kûniüri. Und sie trug ein Chorum um den Hals, eine tiefschwarze Träne Gottes.
    Sie war Esmenet und war es nicht. Die Frau mit dem lockeren Lebenswandel war verschwunden, doch was übrig geblieben war, war mehr, weit mehr als die Frau, die sie an seiner Seite gewesen war. Sie war strahlend.
    Erlöst.
    Ich habe sie getrübt, dachte er. Ich war Rauch, und er… er ist ein Spiegel.
    Beim Anblick seines Propheten war Hauptmann Heörsa auf die Knie gefallen und drückte das Gesicht auf den Boden. Achamian tat es ihm unwillkürlich nach, aber wohl eher, weil ihm die Beine wegzusacken drohten.
    »Wo wirst du nächstes Mal landen, wenn ich sterbe?«, hatte er sie in der Nacht gefragt, in der sie ihn gebrochen hatte. »Etwa auf den Andiamin-Höhen?«
    Was für ein Narr er gewesen war!
    Er blinzelte und schluckte, um den unsinnigen Schmerz zu stillen, der plötzlich in seiner Kehle brannte. Einen Moment lang schien die Welt nur ein Hauptbuch zu sein, in dem alles, was er aufgegeben hatte – und wie viel war das gewesen! –, einer einzigen Sache gegenüberstand. Warum konnte er diese eine Sache nicht haben?
    Weil er sie zerstören würde, so wie er alles zerstörte.
    »Ich bin von ihm schwanger.«
    Esmenet sah ihm kurz in die Augen und hob zögernd die Hand, senkte sie aber gleich wieder, als erinnerte sie sich ihrer neuen Treuepflichten, küsste Kellhus auf die Wange und verschwand. Die Augen schien sie dabei geschlossen zu halten, und ihre Lippen waren so schmal, dass einem das Herz gefrieren konnte.
    Es war das erste Mal, dass er sie zusammen gesehen hatte.
    »Wo wirst du nächstes Mal landen, wenn ich sterbe?«
    Kellhus stand vor einem der Apfelbäume und beobachtete Achamian mit einem Ausdruck sanfter Erwartung. Er trug eine weiße Seidensoutane mit grauem, baumartigem Brokatmuster. Wie immer ragte ihm der Knauf seines seltsamen Schwerts hinter der linken Schulter hervor. Wie Esmenet trug er ein Chorum, besaß aber die Höflichkeit, es versteckt an der Brust zu verwahren.
    »Du brauchst in meiner Gegenwart nicht zu knien«, rief er und winkte Achamian herbei. »Du bist mein Freund, Akka. Du wirst immer mein Freund sein.«
    Mit klingenden Ohren stand Achamian auf und warf einen kurzen Blick in das Dunkel, in dem Esmenet verschwunden war.
    Wie ist es so weit gekommen?
    Kellhus war kaum mehr als ein Bettler gewesen, als Achamian ihn das erste Mal gesehen hatte – ein rätselhaftes Anhängsel des Scylvendi, den Proyas in seinem Streit mit dem Kaiser zu nutzen gehofft hatte. Nun aber schien es, als habe schon die damalige Begegnung einen flüchtigen Blick auf das gewährt, was sich zur gegenwärtigen Lage ausgewachsen hatte. Sie hatten sich gefragt, warum ein Scylvendi – noch dazu vom Stamm der Utemot – sich einem Heiligen Krieg der Inrithi anschließen wollte.
    »Ich bin der Grund dafür«, hatte Kellhus gesagt.
    Die Enthüllung seines Familiennamens Anasûrimbor war nur der Anfang gewesen.
    Kaum hatte Achamian zu Kellhus aufgeschlossen, fühlte er sich von dessen Größe seltsam eingeschüchtert. War er immer so groß gewesen? Lächelnd geleitete Kellhus ihn zu einer Lücke in den Bäumen.
    Einer der Dolmen verdunkelte die Sonne. Bienen summten durch die Luft. »Wie geht es Xinemus?«, fragte der Dunyain.
    Achamian schürzte die Lippen und schluckte. Diese Frage entwaffnete ihn so, dass er fast zu weinen begann.
    »Ich… ich mache mir Sorgen um ihn.«
    »Du musst ihn zu mir bringen, und zwar bald. Ich vermisse es, unter den Sternen zu essen und zu streiten. Ich vermisse ein Feuer, das an meinen Füßen nagt.«
    Und schon fiel Achamian in das alte Muster zurück: »Deine Füße sind einfach zu lang.«
    Kellhus lachte. Wo das Chorum an seiner Brust lag, schien er zu leuchten. »Genau wie deine Ausführungen.«
    Achamian grinste, doch ein rascher Blick auf die Striemen an den Handgelenken des Dûnyain erstickte seine gute Laune im Keim. Jetzt erst bemerkte er die Blutergüsse in seinem Gesicht. Und die Schnitte.
    Sie haben ihn gefoltert … und Serwë ermordet.
    »Ja«, sagte Kellhus, streckte bekümmert die Hände aus und wirkte fast verlegen. »Würde doch alles so rasch verheilen!«
    Diese Worte machten Achamian

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