Der tausendfältige Gedanke
schließlich auch jedes andere Haus treffen.
Die Ikureis hatten außerdem schon Feinde genug… Conphas würde es nicht wagen!
O doch! Sompas spürte es in den Knochen. Conphas würde es wagen. Und die anderen Häuser würden dabei zuschauen. Wer würde schon die Waffen gegen den Löwen vom Kiyuth erheben? Gütiger Sejenus, das Heer hatte ihn einem Propheten vorgezogen!
Nein, nein. Er tat das Richtige. Das Einzige, was er tun konnte… unter diesen Umständen jedenfalls.
»Wir sind zu weit nach Osten abgekommen«, sagte Hauptmann Agnaras auf seine finstere und nüchterne Art.
Natürlich, du Idiot! Darum geht es doch…
Sie waren seit Tagen auf der Flucht: er selbst, sein Hauptmann, sein Hexenmeister und elf weitere Kidruhil. Sie nannten es noch immer Jagd, wussten aber – mit Ausnahme wohl des Kaiserlichen Ordensmanns –, dass sie die Gejagten waren. Er erinnerte sich des letzten Kontakts mit einem ihrer Trupps nicht mehr, aber ihm war klar, dass da draußen noch andere sein mussten. Sie ritten noch immer am zerklüfteten Fuß der Betmulla-Berge entlang. Die Wälder waren wie Tempel geworden und erinnerten beinahe an die Bäume unterhalb des Hethanta-Gebirges. Die Sonne stand nun tief am westlichen Horizont, und das hohe Blätterdach ließ kaum noch Licht und Wärme durch. Ihre Pferde gingen über weichen und unebenen Mutterboden, und die tiefer werdenden Schatten schienen vor Grausen zu wimmern.
Er war in Panik geraten, wie er nun begriff. Er hatte gespürt, wie der Scylvendi ihm entglitt, seine Suchtrupps darum in noch kleinere Einheiten aufgeteilt und sich eingeredet, er brauche ein feineres Netz. Seither war alles aus den Fugen geraten, und ihr Weg war mit toten und geschändeten Kidruhil übersät gewesen. Er hatte Reiter entsandt, um die verstreuten Trupps antreten zu lassen, doch sie waren nicht zurückgekehrt. Das Gefühl der Angst hatte sich verschlimmert wie ein Ausschlag, der vom Kratzen brandig geworden war. Dann waren sie eines Morgens – wann genau, wusste Sompas nicht mehr – als Flüchtlinge erwacht.
Aber wie hätte er es wissen können?
Nein, nein. Dämonen waren nicht Teil der Abmachung gewesen – Kaiserliche Ordensleute hin oder her.
»Wir sind zu weit abgekommen«, wiederholte der wettergegerbte Hauptmann und spähte ins Dunkel zwischen den hoch aufragenden Zedern. »Der Heilige Krieg muss in der Nähe sein… oder die Fanim.«
Laut Agnaras hatten sie Xerash vor einiger Zeit verlassen.
Heiliges Amoteu, dachte er unwillkürlich, das Heilige Land…
Seine Männer taten, als hätten sie sein seltsames Lachen nicht bemerkt. Ouras aber schnaubte vor Empörung. Der Ordensmann – einer von der blässlichen, unverschämten Sorte – hatte vor ein paar Tagen aufgehört, seine Verachtung zu verbergen.
Sompas drängte weiter, obwohl er spürte, dass ihre Ungeduld zunahm. Im Sattel schaukelnd ritten sie in loser Formation zwischen den großen Stämmen mit ihren tiefen Ästen hindurch. Zapfen knackten unter den Hufen, und es roch bitter nach Harz. Die Sonne versank, und mit jedem Moment verschwammen die Tiefen des Waldes mehr, als hinge schwarze Gaze zwischen den Bäumen. Sompas kam zu der Ansicht, es müsse sich um den Wald handeln, der zur Zeit des Traktats Forst von Hebanah geheißen hatte. Aber da der Tempel für ihn kaum mehr als ein Vorwand für Zechgelage und politische Aktivitäten gewesen war, wusste er kaum noch, was die Heiligen Schriften über diesen Ort zu sagen hatten.
Unvermittelt und ohne Erlaubnis ließ Hauptmann Agnaras anhalten. Sie waren auf eine Lichtung gekommen, eine große Fläche unter den Lauben einer alten Zeder, die gewaltiger als alle war, die der General je gesehen hatte. Müde und wortlos saßen die Kavalleristen ab und machten sich an die ihnen zugewiesenen Aufgaben. Nicht einer wagte, ihn anzusehen.
Sie kümmerten sich um die Pferde, entfachten die Feuer und stellten die Zelte auf. Bald war es fast völlig dunkel. Rauch schlängelte sich unter der schützenden Zeder aufwärts. Der General saß auf einer der buckligen Wurzeln und konnte nur zuschauen und gedankenverloren am Saum seines blauen Mantels nesteln.
Es wurde sehr wenig geredet.
Als der Hexenmeister sich verdrückte, um sein Geschäft zu verrichten, schloss Sompas sich ihm an. Er befahl eigentlich kaum noch etwas – die Dinge… geschahen einfach.
Ich habe keine Wahl!
Sie standen nebeneinander zwischen ein paar Büschen knapp außerhalb des Feuerscheins.
»Das war von Anfang an ein
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