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Der tausendfältige Gedanke

Der tausendfältige Gedanke

Titel: Der tausendfältige Gedanke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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hielt, zu speisen. Wahrscheinlich stört ihn beides, überlegte Cnaiür – und eine Menge mehr.
    Conphas musterte ihn in der unverhohlenen Erwartung, eine Antwort zu bekommen. Cnaiür sah ihm in die Augen, biss mit gefletschten Zähnen ein Stück Fleisch von seiner Keule und wandte sich wieder seinem Teller zu. In letzter Zeit verspürte er einen unerklärlichen Heißhunger auf Geflügel.
    ‘ Er schlürfte wieder von seinem Wein und warf Conphas dabei einen flüchtigen Blick zu. Der Nansur hatte noch immer ein blaues Auge. Wie seine Generäle trug er Festuniform: einen Waffenrock aus schwarzer Seide, der mit Silberstickerei besetzt war, und darüber einen Brustharnisch, in den eine farblose Kaiserliche Sonne getrieben war, über der stilisierte Falken standen. Dass Conphas seine Garderobe durch die Wüste hatte schleppen lassen, sprach Bände, wie Cnaiür fand.
    Kaum schloss er die Augen, sah er Blut an die Wände spritzen.
    Cnaiür hatte Conphas und seine Generäle angeblich kommen lassen, um die Ankunft der Frachtboote und das Einschiffen der Truppen zu besprechen. Zweimal schon hatte er ihn in dieser Angelegenheit befragt und jedes Mal erkennen müssen, dass seine Antworten sich rasch als unsinnig erwiesen hatten. Allerdings scherte er sich überhaupt nicht um die Frachtschiffe.
    »Abnormale Lichter«, bohrte Conphas weiter und musterte Cnaiür noch immer in Erwartung einer Erklärung. Natürlich hatte der Utemot mit seiner unübersehbaren Weigerung, ihm zu antworten, nichts erreicht. Männer wie Ikurei Conphas ließen sich, wie der Häuptling erkannte, nicht in Verlegenheit bringen.
    Furcht allerdings war etwas ganz anderes.
    Er nahm einen weiteren tiefen Schluck und beobachtete, wie die listigen Augen des Oberbefehlshabers seiner Weinschale folgten. Sein Blick verriet, wie klug er die möglichen Schwächen seines Gegners abschätzte, zeigte aber auch eine gewisse Sorge. Die Sache mit dem Hexenmeister hatte ihm, wie Cnaiür erwartet hatte, einen gehörigen Schrecken eingejagt.
    Ob der Dunyain sich so fühlen mochte?
    »Ich möchte über die Schlacht am Kiyuth reden«, sagte Cnaiür.
    Conphas tat, als beschäftige er sich mit seinem Essen. Er aß in der saft- und kraftlosen Art des Adels der Nansur, also mit zwei Gabeln, vermittels derer er jedes Stück Nahrung hin und her schob, als suche er nach Nadeln. Angesichts der Umstände suchte er vielleicht wirklich danach. Als er aufsah, waren seine Augenlider schwer, doch ein Anflug von Hochgefühl war unverkennbar. Tatsächlich hatte sein Auftreten seit seiner Ankunft etwas… Triumphierendes gehabt.
    Er hat etwas vor. Er hält mich bereits für verdammt.
    Conphas zuckte die Achseln. »Was ist damit?«
    »Ich bin neugierig… Was hättest du getan, wenn Xunnurit dich nicht angegriffen hätte?«
    Conphas lächelte, als würde er den Gesamtverlauf des Gesprächs bereits übersehen. »Xunnurit hatte keine Wahl«, erklärte er. »Das war das Geniale an meinem Plan.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Tirnemus mit vollem Mund.
    »Der Oberbefehlshaber hatte jeden Faktor in Betracht gezogen«, erklärte Sompas mit der Selbstsicherheit eines altgedienten Soldaten. »Die Jahreszeiten und die Erfordernisse ihrer Herden, ihr Ehrgefühl und die Taten, die sie aufstacheln würden – und vor allem ihre Überheblichkeit…« Sompas warf Cnaiür dabei einen raschen Blick zu, der so boshaft wie beunruhigt wirkte.
    Von den anwesenden Generälen verblüffte Biaxi Sompas Cnaiür am meisten. Die Biaxi waren die traditionellen Rivalen des Hauses Ikurei, und doch konnte Sompas kaum etwas sagen, ohne Conphas um den Bart zu gehen.
    »Analverkehr ist bei den Scylvendi verpönt«, verkündete General Imyanax in seinem breiten Akzent, »und gilt als Inbegriff des Obszönen…« Er fixierte Cnaiür hämisch. »Also ließ der Oberbefehlshaber unsere Gefangenen in aller Öffentlichkeit vergewaltigen.«
    Sompas erbleichte, während Baxatas dem streitsüchtigen Narren einen finsteren Blick zuwarf. Areamanteras schmunzelte zwar in seine Weinschale hinein, wagte aber nicht, an den Kopf der Tafel zu sehen. Sanumnis und Tirnemus warfen ihrem Befehlshaber einen verstohlenen Blick zu.
    »Ja«, sagte Conphas und hantierte unbekümmert mit seinen Gabeln herum. »So war das.«
    Eine Zeit lang wagte niemand, etwas zu sagen. Cnaiür sah Conphas ausdruckslos beim Kauen zu.
    »Krieg…«, fuhr Conphas fort, als wäre es nur natürlich, dass Männer seine erleuchteten Ausführungen geduldig abwarteten. Er

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