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Der tausendfältige Gedanke

Der tausendfältige Gedanke

Titel: Der tausendfältige Gedanke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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Wohnhauses versperrt. Conphas hatte all das von langer Hand vorbereitet… Nachdem Cnaiür so viel Zeit mit dem Dunyain verbracht hatte, wusste er genau, wann er sich überlegtem Vorgehen gegenübersah.
    Dies würde kein zweites Kiyuth werden.
    Etwas… etwas…
    Ohne ein weiteres Wort an Troyatti zu richten, galoppierte Cnaiür die kurze Strecke zum Donjon-Palast zurück, schritt durch die prunkvollen Flure, rief nach Saurnemmi von den Scharlachspitzen und stieß auf der Schwelle zu dessen Gemach mit dem jungen Ordensmann zusammen, der vom Schlaf verquollene Augen hatte.
    »Welche Formeln kennst du?«, herrschte er ihn an.
    Der geistlose Narr blinzelte erstaunt. »Ich – «
    »Kannst du aus der Entfernung Holz brennen lassen? Schiffe?«
    »Ja – «
    Ein einsames Horn der Leute aus Conriya tönte von fern: das Signal, mit dem Sanumnis ihn alarmieren sollte.
    »Sieh zu, dass du zum Hafen kommst!«, rief Cnaiür Saurnemmi im Laufschritt zu. Als er die Marmortreppe hinunterhetzte, sah er ihn zum letzten Mal. Der Ordensmann stand betreten und mit offenem Mund da und raufte sein seidenes Nachthemd.
    Cnaiür galoppierte zum Zahn, von wo der Ruf gekommen war. Das Horn ertönte noch dreimal, metallisch und klagend, und Cnaiür boxte sich zwischen den Rittern hindurch, die sich auf der Innenseite des Tors drängten. Männer schrien und winkten ihm vom Wachtturm aus zu.
    »Schnell«, rief Baron Sanumnis, als der Scylvendi die letzten Stufen erklomm. »Hierher.«
    Cnaiür beugte sich zwischen die mit floralen Ornamenten geschmückten Zinnen und sah, dass die Soldaten der Nansur ihr Lager verlassen hatten und gen Norden zogen. In Scharen zogen sie in der Ferne dahin, sprangen über Bewässerungsgräben, querten Gehölze…
    »Da«, sagte Sanumnis, griff sich mit der einen Hand in den Bart und wies mit der anderen auf die erste Biegung des Oras.
    Zwischen den schwarzen Ästen der Sandweiden entdeckte Cnaiür bewaffnete Reiter in loser Ordnung. Sie trugen ein dunkelrotes Banner, dessen Schwarze Sonne durch einen Pferdekopf in Hälften geteilt wurde… Kidruhil.
    »Und da«, sagte Sanumnis und wies diesmal über eine Reihe grün gesprenkelter Hänge hinweg in die Hügel. Obwohl sie im Schatten des Tals marschierten, erkannte Cnaiür ganze Formationen von Fußsoldaten.
    »Ihr habt uns dem Untergang geweiht«, sagte Sanumnis am Rand seines Gesichtsfelds. Seine Stimme klang merkwürdig. In ihr lag keine Anklage, sondern etwas Schlimmeres.
    Cnaiür drehte sich zu ihm um und bemerkte, dass Sanumnis den Ernst der Lage genau begriffen hatte. Er wusste, dass die kaiserlichen Frachtschiffe in einem der natürlichen Häfen nördlich der Stadt angelegt und dort wer weiß wie viele Tausend Soldaten an Land gesetzt hatten – zweifellos eine ganze Armee. Außerdem wusste er, dass Conphas es sich nicht leisten konnte, auch nur einen Einzigen von ihnen entkommen zu lassen.
    »Ihr hättet ihn töten sollen«, sagte Sanumnis. »Ihr hättet Conphas töten sollen.«
    Heulsuse! Schwule Heulsuse!
    Cnaiür runzelte die Stirn. »Ich bin kein Mörder«, sagte er.
    Unerklärlicherweise wurde der Blick des Barons sanfter. Einen Moment lang empfanden sie einander fast als geistesverwandt.
    »Nein«, sagte Sanumnis, »das seid Ihr wohl nicht.«
    Heulsuse!
    Wie von einer Vorahnung gestreift, drehte Cnaiür sich um und blickte die breite Durchgangsstraße entlang, die vom Zahn zum Hafen führte. Über das Dächermeer hinweg sah er das am weitesten entfernte der schwarz geschindelten Frachtschiffe. Von den näheren Booten waren nur Masten zu sehen.
    Durch einen Schlitz zwischen den Mauern blitzte es. Cnaiür blinzelte. Der Donnerschlag folgte kurz darauf. Alle, die an der Brüstung standen, wandten sich erstaunt um.
    Weitere Blitze waren über Gebäuden auszumachen, die den Blick versperrten. Sanumnis fluchte in seiner Muttersprache.
    Ordensleute – Conphas hatte Kaiserliche Ordensleute auf seinen Frachtschiffen versteckt. Cnaiürs Gedanken rasten. Er wandte sich wieder den Formationen zu, die durchs Tal vorrückten, und sah dann in die untergehende Sonne. Weitere Donnerschläge rollten durch die Luft. »Wie viele Chorae-Bogenschützen hast du?«, fragte er den Baron. »Vier?«
    »Die Brüder Diremti und noch zwei. Aber das wäre ihr sicherer Tod… Die Kaiserlichen Ordensleute! Gütiger Sejenus!«
    Cnaiür packte ihn an den Schultern. »Wegen dieses Verrats muss der Ikurei alle töten, die gegen ihn aussagen könnten. Das weißt du doch.«
    Sanumnis nickte

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