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Der Tee der drei alten Damen

Der Tee der drei alten Damen

Titel: Der Tee der drei alten Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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gewölbten Decke, aber saßen Fremdlinge, mehr oder weniger abgerissen, mit glänzenden Augen, die eifrig nachschrieben.
    Als der Professor den Saal betrat, erhob sich ein sehr eindrucksvoller Lärm, der aus Füßetrampeln der mittleren Schicht, leisem Klatschen behandschuhter Hände in den ersten Bänken und exotisch lautem Beifallsgebrüll aus den oberen Schichten bestand. Der Professor dankte mit einer Neigung seines Apostelhauptes, nahm Platz, breitete vor sich einige winzige Notizblätter aus und blickte dann mit ruhigen Augen, in denen die Pupillen kaum stecknadelgroß waren, über die Versammlung. Jakob saß ziemlich in den oberen Regionen, neben einem jungen Mann mit unordentlichen Haaren, der penetrant nach Zwiebeln roch, und blickte aufgeregt über die unter ihm liegenden Bänke. Nicht weit von ihm zog ein langer Schädel mit kupferdrahtartiger Behaarung seine Blicke an. Er fragte sich, wem dieser durchaus ungewöhnliche farbige Kopf wohl gehöre. Da drehte der Mann sich um: Jakob sah eine lange bewegliche Nase, die Haut mit Sommersprossen übersät. Aber bevor noch Jakob dies Gesicht näher hätte prüfen können, senkte sich eine aufmerksame Stille über den Raum und Professor Dominicé begann zu sprechen. Er sprach nicht laut, aber mit einer seltsam warmen Stimme, die bis in die hintersten Bänke drang. Viele Gesichter glänzten feucht, es war erstickend heiß in dem Saal, den die sommerliche Mittagssonne erwärmt hatte. Auf den untersten Bänken waren Taschentücher, Eau-de-Cologne-Fläschchen und besonders Puderquasten fast ununterbrochen in Gebrauch.
    Es sei dies seine letzte Vorlesung, sagte Dominicé, nicht nur die letzte des Semesters, das ja ohnehin übermorgen zu Ende gehe, sondern überhaupt seine letzte. Er habe beschlossen, sein Amt niederzulegen, auch die Leitung des psychologischen Laboratoriums aufzugeben, berufenere, jüngere Kräfte würden seine begonnene Tätigkeit fortsetzen.
    Nicht nur das Alter, fuhr er fort, habe ihn bewogen, seinen Rücktritt zu erklären. Er habe Schuld auf sich geladen, und diese Schuld, nach längerem Nachdenken sei ihm dies klar geworden, befähige ihn nicht mehr, als Führer der Jugend aufzutreten. Professor Dominicé machte eine Pause, es war still im Saal, dann hustete eine der eleganten Damen, das Geräusch wurde niedergezischt, die Dame wandte sich beleidigt um und blickte dann wie Schutz suchend auf den Professor.
    Es sei ja, er wisse es wohl, sagte der Professor, eine nicht ganz alltägliche Situation, solch ein offenes Sünden- und Reuebekenntnis vor versammeltem Auditorium, doch könne er nicht einsehen, inwiefern es nicht statthaft sei, einmal seine Fehler vor seinen Schülern zu gestehen. Er habe das an seinen Kollegen immer wenig geschätzt, die Überheblichkeit, diese manchmal fast päpstliche Unfehlbarkeit; wenn er anders geartet sei, könne er wohl nichts dafür und wolle sich dessen auch nicht rühmen, aber es möge ihm gestattet sein, dies Argument, nämlich die Notwendigkeit einer kleinen öffentlichen Beichte, zu seinen Gunsten zu brauchen.
    Wieder eine Pause.
    Jakob sah, daß der Mann mit den kupferdrahtartigen Haaren sehr unruhig war. Er rutschte hin und her, knetete seine Hände, schickte seine Blicke suchend durch den Saal, kurz, er war ganz das Bild ängstlicher, gespanntester Erwartung. Und zwar hatte dies Gebaren mit dem Augenblicke begonnen, als Dominicé von seinem Schuldbekenntnis zu sprechen begonnen hatte.
    »Ich bin«, fuhr der Professor fort, und seine Augen waren von den Lidern bedeckt, »ich bin ein religiöser Mensch, das heißt, ich glaube an höhere Mächte, aber ich habe, wie alle wissenschaftlich gebildeten Menschen, das Bedürfnis, meinen Glauben durch objektive Untersuchungen zu erhärten. Wenn Sie, meine Damen und Herren, vorurteilslos das Weltgeschehen beobachten, wird es Ihnen aufgefallen sein, daß es ein ewiger Kampf ist. Ein Kampf zwischen den guten und den bösen Mächten. Die bösen Mächte verwirren unsere Sinne, sie senden uns Krankheit, Krieg, Irrsinn. Ich bin ein schlechter Mediziner. Ich bin kein Politiker. Was mich fesselt, ist die Seele der Menschen, was mich anrührt, ist die Hilflosigkeit unserer Seelen, die, sobald sie schwach oder geschwächt sind, eine Beute der finsteren Gewalten werden. Um diesen Gewalten auf die Spur zu kommen, habe ich mich verleiten lassen, gewissen Versammlungen beizuwohnen, in denen das Böse als solches verehrt wurde. Und von diesen Versammlungen möchte ich Ihnen kurz

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