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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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ins Niltal zurückzukehren, man sprach überhaupt nicht mehr.
    «Da ist er», verkündete der Späher mit ausgestrecktem Arm.
    Ein wenig Gestrüpp, ein Kreis aus kahlen Steinen, ein Holzgestell und darauf ein großer Wasserschlauch, an dem ein abgewetztes Seil befestigt war.
    Der Brunnen!
    Die einzige Hoffnung zu überleben.
    Der Späher und Serramanna stürzten sich auf die Rettung verheißende Wasserstelle. Eine ganze Weile kauerten sie davor, dann standen sie langsam auf.
    Der Sarde schüttelte den Kopf.
    «In dieser Gegend gibt es seit Urzeiten kein Wasser mehr. Wir werden verdursten. Keinem ist es je gelungen, hier einen nicht versiegenden Brunnen zu graben. Wir werden wohl im Jenseits nach einer Quelle suchen müssen!»
    Ramses scharte seine Männer um sich und gestand ihnen den Ernst der Lage. Schon morgen würden ihre Wasservorräte aufgebraucht sein. Sie konnten nicht mehr vorwärts und nicht mehr zurück.
    Einige Soldaten warfen ihre Waffen zu Boden.
    «Hebt sie wieder auf!» befahl Ramses.
    «Wozu?» fragte ein Offizier. «Wenn uns am Ende doch die Sonne ausdörrt.»
    «Wir sind in diese Wüstenregion vorgedrungen, um die Ordnung wiederherzustellen, und wir werden sie wiederherstellen.»
    «Wie sollen denn unsere Kadaver gegen die Nubier kämpfen?»
    «Mein Vater befand sich einst in einer ähnlichen Lage», berichtete Ramses, «und er hat seine Männer gerettet.»
    «Dann rette du uns!»
    «Schützt euch vor der Sonne, und gebt den Tieren zu trinken.»
    Der König kehrte seiner Armee den Rücken und wandte sich trotzig der Wüste zu. Setaou trat zu ihm.
    «Was hast du vor?»
    «Gehen. Gehen, bis ich Wasser finde.»
    «Das ist Wahnsinn.»
    «Ich werde handeln, wie mein Vater es mich gelehrt hat.»
    «Bleibe bei uns.»
    «Ein Pharao wartet nicht wie ein Besiegter auf den Tod.»
    Serramanna kam näher.
    «Majestät…»
    «Verhindere, daß Panik ausbricht, und laß die Männer weiterhin Wache halten. Sie sollen nicht vergessen, daß sie überfallen werden könnten.»
    «Ich darf dich nicht allein in diese unendliche Weite aufbrechen lassen. Da wäre deine Sicherheit nicht mehr gewährleistet.»
    Ramses legte dem Sarden eine Hand auf die Schulter.
    «Ich erteile dir den Auftrag, für die Sicherheit meiner Armee zu sorgen.»
    «Kehre so schnell wie möglich zurück. Soldaten ohne Anführer laufen Gefahr, den Kopf zu verlieren.»
    Unter den schreckensstarren Blicken der Fußtruppen verließ der König die ehemalige Wasserstelle und wagte sich in die rote Wüste vor. Er ging auf einen Steinhügel zu, den er gemessenen Schrittes erklomm. Von seiner Kuppe aus überblickte er die öde Landschaft.
    Wie einst sein Vater mußte er die unterirdischen Geheimnisse des Bodens aufspüren, die Adern der Erde, die Wasseradern, die aus dem Urozean kamen, sich durch Gestein wanden und das Innerste der Berge füllten. Im Leib des Königs breitete sich Schmerz aus, sein Blick wurde trübe, und er fühlte ein Glühen in sich, wie bei hohem Fieber.
    Ramses ergriff die Wünschelrute aus Akazienzweigen, die am Gürtel seines Schurzes hing. Es war die Wünschelrute, die schon Sethos benutzt hatte. Die Magie, die ihr innewohnte, wirkte unvermindert fort, doch wo sollte er in dieser endlosen Weite zu suchen anfangen?
    Da vernahm er eine innere Stimme, die aus dem Jenseits kam und in ihm widerhallte wie die Stimme seines Vaters. Der Schmerz im Leib wurde so unerträglich, daß er Ramses zwang, sich aus seiner Reglosigkeit zu lösen und den Hügel wieder hinunterzusteigen. Er spürte die erbarmungslose Hitze nicht mehr, in der jeder andere verschmachtet wäre. Wie bei einer Antilope hatte sich der Schlag seines Herzens verlangsamt.
    Sand und Steine veränderten ihre Form und ihre Farbe. Der Blick des Königs drang nach und nach in die Tiefe des Wüstenbodens ein. Seine Finger schlössen sich um die zwei biegsamen Akazienzweige, die an ihren Enden durch einen Leinenfaden verbunden waren.
    Die Wünschelrute hob sich, verharrte einen Augenblick, dann senkte sie sich wieder. Der Pharao schritt weiter, und die Stimme in seinem Inneren klang nun entfernter. Also kehrte er um, wandte sich nach Westen, der Seite des Todes. Von neuem ertönte die Stimme ganz nah. Die Rute regte sich. Ramses stieß gegen einen riesigen Felsbrocken aus Rosengranit, der wie verloren in diesem steinernen Meer lag.
    Die Kraft, die aus der Erde drang, entriß seinen Händen die Wünschelrute.
    Er hatte Wasser gefunden.
    Mit trockener Zunge, von der Sonne versengter

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