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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Hilfe.»
    Setaou hatte zwar dieselbe Ausbildung genossen wie Ramses, jedoch die Laufbahn verschmäht, die ihm ein hohes Amt in der Verwaltung eröffnet hätte. Statt dessen widmete er sich lieber den Geschöpfen, die nach seiner Auffassung das Geheimnis von Leben und Tod in sich trugen: den Schlangen. Nachdem ihr Gift ihm nichts mehr anhaben konnte, hatte er den jungen Ramses einst auf eine sehr harte Probe gestellt und dafür gesorgt, daß er der Herrin der Wüste begegnete, einer besonders gefährlichen Kobra, deren Biß tödlich ist. Doch die Freundschaft der beiden jungen Männer hatte auch diese Herausforderung überdauert, und Setaou gehörte dem kleinen Kreis der Getreuen an, denen der künftige Pharao uneingeschränktes Vertrauen schenkte.
    «Ist denn das Königreich in Gefahr?»
    «Menelaos droht damit, Geiseln zu töten, falls wir ihm Helena nicht ausliefern.»
    «Er muß von Sinnen sein! Und warum schaffst du dir diese Griechin nicht vom Hals, um derentwillen eine ganze Stadt zerstört wurde?»
    «Wenn ich die Gesetze der Gastfreundschaft bräche, hieße das, daß ich Ägypten auf die Stufe von Barbaren herabwürdige.»
    «Dann laß doch die Barbaren ihre Fehde unter sich austragen.»
    «Helena ist eine Königin, und sie wünscht sich nichts sehnlicher, als bei uns zu leben. Deshalb ist es meine Pflicht, sie vor den Klauen des Menelaos zu bewahren.»
    «Aus dir spricht der Pharao. Nun ja, dein Schicksal hat dir diese unmenschliche Last aufgebürdet, die nur Verrückte und Dummköpfe begehren.»
    «Ich muß das Schiff des Menelaos stürmen und das Leben der Geiseln retten.»
    «Du hast dich ja schon immer gern auf unmögliche Herausforderungen eingelassen.»
    «Den höchsten Offizieren der in Memphis stehenden Truppen ist nichts eingefallen, was einer Überlegung wert wäre. Ihre Vorschläge würden alle nur zu einem Blutbad führen.»
    «Überrascht dich das?»
    «Du bist der einzige, der mir helfen kann.»
    «Ich? Soll ich mich vielleicht wie ein Krieger gebärden und in einem Sturmangriff griechische Boote erobern?»
    «Nicht du, sondern deine Schlangen.»
    «Wie stellst du dir das vor?»
    «Ehe der Tag anbricht, schwimmen mehrere Männer lautlos bis zu den Schiffen und erklimmen die Bordwände. Jeder hat einen Sack mit einem Reptil bei sich, das er an Deck freiläßt und den Griechen, die die Geiseln bewachen, entgegenschleudert. Die Schlangen werden einige Soldaten beißen und damit Entsetzen verbreiten, das unsere Männer sich zunutze machen können.»
    «Ein schlauer Plan, jedoch ziemlich gewagt. Glaubst du denn, die Kobras suchen sich ihre Opfer mit Bedacht aus?»
    «Mir ist klar, auf welch ungeheures Wagnis wir uns da einlassen.»
    «Wir?»
    «Ja, denn wir beide werden selbstverständlich dabeisein.»
    «Willst du etwa, daß ich mein Leben für eine Griechin aufs Spiel setze, die ich nicht einmal kenne?»
    «Für ägyptische Geiseln.»
    «Was soll aus meiner Frau und meinen Schlangen werden, wenn ich bei diesem törichten Abenteuer umkomme?»
    «Dann werden sie bis an ihr Lebensende vom Staat versorgt.»
    «Nein, das ist mir zu gefährlich… Und wie viele Schlangen müßte ich für einen solchen Angriff auf diese verdammten Griechen opfern?»
    «Sie werden dir mit dem Dreifachen ihres Preises vergolten. Außerdem erhebe ich deine Arzneikammern in den Rang einer staatlichen Forschungsstätte.»
    Setaou sah Lotos an, die ihm in dieser warmen Sommernacht besonders reizvoll erschien.
    «Anstatt lang und breit darüber zu reden, sollten wir die Schlangen in Säcke stecken.»
    Menelaos lief auf dem Hauptdeck seines Schiffes auf und ab. Die Späher hatten an den Hafenmauern keinerlei verdächtige Bewegungen festgestellt. Wie der König von Lakedämon es vorhergesehen hatte, würden die furchtsamen und von ihrer Menschlichkeit besessenen Ägypter nicht wagen, etwas zu unternehmen. Daß er die Geiseln in seine Gewalt gebracht hatte, war zwar nicht gerade rühmlich, aber wirksam. Ihm war nichts anderes übriggeblieben, um Helena ihren Beschützerinnen, Tuja und Nefertari, zu entreißen.
    Inzwischen schluchzten und jammerten die Gefangenen nicht mehr. Man hatte ihnen die Hände hinter dem Rücken zusammengebunden, und nun drängten sie sich erschöpft im Heck aneinander, bewacht von einem Dutzend Soldaten, die alle zwei Stunden ausgewechselt wurden.
    Menelaos’ engster Kampfgefährte gesellte sich zu ihm.
    «Glaubst du, sie greifen uns an?»
    «Das wäre dumm und nutzlos. Da wären wir ja gezwungen, die

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