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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Geiseln außer Reichweite der griechischen Pfeile waren, klappte sie einen Amethystring auf, den sie an ihrer rechten Hand trug, und trank die in dem winzigen Behältnis verborgene Flüssigkeit, das in einer Arzneikammer von Memphis entwendete Gift. Sie hatte sich geschworen, keine Sklavin zu werden und ihre Tage nicht geschlagen und gedemütigt im Frauengemach ihres Gemahls zu beschließen. Menelaos, der heimtückische, erbärmliche Sieger des Trojanischen Krieges, würde nur mit ihrem Leichnam nach Lakedämon zurückkehren, für alle Zeit der Lächerlichkeit und Verachtung preisgegeben.
    Wie schön diese Sonne des ägyptischen Sommers war! Und wie gern hätte Helena ihre helle Haut gegen den bronzefarbenen Teint der hübschen Ägypterinnen eingetauscht, die lieben durften, wen sie wollten, und sich ihres Körpers wie ihrer Seele erfreuten.
    Helenas Kopf sank auf die Schulter, und ihre weit geöffneten Augen blickten zum blauen Himmel empor, während sie lautlos zu Boden glitt.
     

NEUN
     
     
    ALS ACHA NACH einer kurzen Erkundungsfahrt durch den Süden Syriens, die er im Auftrag des Obersten Gesandten unternommen hatte, wieder in Memphis eintraf, neigte sich die Trauerzeit ihrem Ende zu. In zwei Tagen würden Tuja, Ramses, Nefertari und die höchsten Würdenträger des Staates nach Theben aufbrechen, wo Sethos’ Mumie zu Grabe getragen und das neue Königspaar gekrönt werden sollte.
    Der vornehme, elegante Acha hatte ein ovales Gesicht mit edlen Zügen und einen kleinen, sehr gepflegten Schnurrbart. Aus seinen Augen funkelte ein scharfer Verstand, und seine einschmeichelnde Stimme klang bisweilen auch verächtlich. Als einziger Sohn einer reichen Familie hatte er dieselbe Schule besucht wie Ramses und war mit ihm befreundet gewesen, wenngleich nicht allzu eng, zumal ihm am Sohn des Pharaos manches mißfallen hatte. Da Acha mehrere fremde Sprachen beherrschte, hatte er schon sehr früh großen Gefallen am Reisen sowie am Erforschen anderer Völker gefunden und sich für eine Laufbahn als Gesandter begeistert. Dank seiner bemerkenswerten Erfolge, die erfahrene Beamte in Staunen versetzt hatten, war er aufgestiegen wie ein leuchtender Stern. Mit dreiundzwanzig Jahren galt er bereits als einer der besten Kenner der Ostländer. Weil er sich auf das Ausdeuten der ihm zugänglichen Schriftstücke ebenso verstand wie auf den Umgang mit Menschen - zwei Fähigkeiten, die nur selten zusammentrafen -, bewies er in der Beurteilung der Ereignisse derartigen Scharfsinn und auch Weitblick, daß manche ihn für einen Hellseher hielten. Und die Sicherheit Ägyptens hing schließlich davon ab, daß die Absichten seines Erzfeindes, des Hethiterreichs, richtig eingeschätzt wurden.
    Meba, der Oberste Gesandte, dem Acha Bericht erstatten wollte, gab sich überaus zurückhaltend, verschanzte sich hinter Floskeln und empfahl ihm, unverzüglich um eine Audienz bei Ramses nachzusuchen, der darauf bestand, nach und nach alle hohen Beamten zu treffen.
    So wurde Acha von Ameni empfangen. Die beiden Männer beglückwünschten einander.
    «Du bist kein bißchen rundlicher geworden», stellte Acha fest.
    «Und du trägst immer noch prachtvolle Gewänder nach der neuesten Mode.»
    «Das ist eines meiner zahllosen Laster! Wie fern die Zeit schon ist, in der wir gemeinsam zur Schule gegangen sind… Aber ich freue mich, dich in diesem Amt zu sehen.»
    «Ich habe Ramses Treue gelobt, und ich halte meinen Schwur.»
    «Du hast eine gute Wahl getroffen, Ameni. So die Götter wollen, wird Ramses bald gekrönt.»
    «Die Götter wollen. Weißt du schon, daß er einem Anschlag der Schergen des griechischen Königs Menelaos entgangen ist?»
    «Ein Schattenkönig, heimtückisch, doch ohne Zukunft.»
    «Heimtückisch ist er gewiß! Er hat Geiseln genommen und gedroht, sie zu töten, falls Ramses ihm Helena nicht ausliefert.»
    «Und was hat Ramses getan?»
    «Er weigerte sich, die Gesetze der Gastfreundschaft zu brechen, und bereitete einen Angriff auf die Griechen vor.»
    «Ein gewagtes Unterfangen.»
    «Was hättest du vorgeschlagen?»
    «Verhandeln und noch einmal verhandeln… Allerdings muß ich zugeben, daß dies bei einem Rohling wie Menelaos eine schier übermenschliche Aufgabe ist. War Ramses denn erfolgreich?»
    «Helena schlich aus dem Palast und kehrte zu ihrem Gemahl zurück, um das Leben der Geiseln zu retten. Doch kaum hatte ihr Schiff das offene Meer erreicht, da legte sie Hand an sich.»
    «Ein nobles Gebaren, nur allzu endgültig.»
    «Du

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