Der Tempel der Ewigkeit
erworben habt, befindet sich im hinteren Teil dieser Grotte. Daneben hegt eine Fischgräte. Mit ihr könnt ihr den Namen der Person einritzen, die ihr mit dem Zauber belegen wollt. Danach zerbrecht ihr den Gegenstand, und diese Person wird von einer Krankheit befallen.»
Während der Magier sprach, verbarg Dolente ihr Gesicht hinter einem Tuch. Sobald sie mit ihrem Gemahl allein war, umklammerte sie seine Handgelenke.
«Laß uns weggehen, es ist zu grauenhaft!»
«Nur ein wenig Mut! Wir haben es beinahe hinter uns.»
«Ramses ist mein Bruder!»
«Du irrst, er ist unser schlimmster Feind geworden. Jetzt liegt es an uns, etwas zu unternehmen, ohne Furcht und ohne Gewissensbisse. Wir gehen dabei kein Wagnis ein. Er wird nicht einmal wissen, woher der Angriff kommt.»
«Könnten wir vielleicht…»
«Es ist zu spät, um noch umzukehren, Dolente.»
Im hinteren Teil der Grotte stand eine Art Altar. Er war mit sonderbaren Zeichnungen übersät, die gräßliche Tiere und unheilbringende Geister darstellten. Auf ihm lagen eine sehr dünne Tafel aus Kalkstein und eine lange, dicke Fischgräte mit einer scharfen Spitze. Die Tafel wies braune Flecken auf. Sicher hatte der Magier sie in Schlangenblut getaucht, um ihre zerstörerische Wirkung zu erhöhen.
Sary ergriff die Gräte und begann, in Hieroglyphenschrift Ramses’ Namen in die Tafel zu ritzen. Schaudernd schloß seine Gemahlin die Augen.
«Und jetzt du!» befahl er.
«Nein, ich kann nicht.»
«Wenn der Zauber nicht von einem Paar vollzogen wird, bleibt er wirkungslos.»
«Ich will Ramses nicht töten!»
«Er wird nicht sterben, das hat mir der Magier versprochen. Seine Krankheit wird ihn nur daran hindern, weiterhin zu regieren. Chenar wird die Herrschaft übernehmen, und wir können nach Memphis zurückkehren.»
«Ich bringe es nicht über mich.»
Sary drückte seiner Gemahlin die Fischgräte so in die rechte Hand, daß ihre Finger sie umschlossen.
«Ritze Ramses’ Namen in die Tafel!»
Da ihre Hand zitterte, half er ihr dabei. Die ungelenk geschriebenen Hieroglyphen ergaben den Namen des Königs.
Jetzt brauchten sie nur noch die dünne Kalksteintafel zu zerbrechen.
Das nahm Sary auf sich, während Dolente erneut ihr Gesicht verhüllte. Sie weigerte sich, dieser Freveltat zuzusehen.
Soviel Kraft er auch aufwandte, Sary vermochte es nicht. Die Tafel hielt ihm stand, als wäre sie aus Granit. Erzürnt hob er einen der Steine auf, die in großer Zahl auf dem Boden dieser Kellerhöhle herumlagen, und mühte sich, mit ihm die Zaubertafel zu zertrümmern, doch es gelang ihm nicht, ihr auch nur eine Scharte zu schlagen.
«Das verstehe ich nicht… Diese Tafel ist dünn, so dünn!»
«Ramses wird beschützt!» jammerte Dolente. «Niemand kann ihm etwas anhaben, nicht einmal ein Magier! Gehen wir, gehen wir schnell!»
Das Paar irrte durch die schmalen Straßen des dichtbesiedelten Stadtviertels. Von würgender Angst erfaßt, die sich bis in sein Gedärm fraß, fand Sary den Weg nicht mehr. Türen schlössen sich, sobald sie sich ihnen näherten, und aus nur halb geöffneten Fensterläden folgten ihnen mißtrauische Blicke.
Da sprach sie ein hagerer Mann an, dessen Gesicht an einen Raubvogel erinnerte. In seinen tiefgrünen Augen schimmerte ein beunruhigender Glanz.
«Solltet ihr euch verirrt haben?»
«Nein», antwortete Sary. «Scher dich fort!»
«Ich bin kein Feind, ich vermag euch zu helfen.»
«Wir finden uns allein zurecht.»
«In dieser Gegend widerfahren einem zuweilen unerfreuliche Dinge.»
«Wir werden uns zu verteidigen wissen.»
«Bei einem Kampf gegen bewaffnete Banditen wäre es um euch geschehen, und hier ist ein Mann, der kostbare Steine besitzt, eine sehr verlockende Beute.»
«Derlei besitzen wir nicht.»
«Hast du nicht den libanesischen Magier mit Türkisen entlohnt?»
Dolente klammerte sich an ihren Gemahl.
«Unsinn, nichts als Geschwätz!»
«Ihr seid beide sehr unvorsichtig. Solltet ihr das hier schon vergessen haben?»
Der hagere Mann zeigte ihnen die dünne Kalksteintafel, auf der Ramses’ Name stand.
Dolente verdrehte die Augen und sank besinnungslos ihrem Gemahl in die Arme.
«Jede Anwendung Schwarzer Magie gegen den Pharao wird mit dem Tode bestraft, wußtest du das nicht? Aber sei beruhigt, ich trage mich nicht mit der Absicht, euch vor Gericht stellen zu lassen.»
«Was… was willst du?»
«Euch helfen, das habe ich doch schon gesagt. Tretet in das Haus zu eurer Linken ein, deine Gemahlin braucht etwas zu
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