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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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trinken.»
    Die Wohnstatt mit einem Fußboden aus gestampftem Lehm war bescheiden, aber sauber. Eine junge, ein wenig mollige, blonde Frau half Sary, Dolente auf eine hölzerne Bank zu betten, auf der eine Matte lag. Dann brachte sie ihr eine Schale Wasser.
    «Mein Name ist Ofir», erklärte der hagere Mann. «Und das ist Lita, eine Urenkelin Echnatons und die rechtmäßige Erbin des Throns von Ägypten.»
    Sary war sprachlos, und Dolente erlangte das Bewußtsein wieder.
    «Du… du machst wohl Witze?»
    «Nein. Es ist die Wahrheit.»
    Sary wandte sich an die junge blonde Frau.
    «Dieser Mann lügt doch?»
    Lita schüttelte den Kopf. Darauf entfernte sie sich und setzte sich in eine Ecke des Raums, als berühre sie das, was hier geschah, nicht.
    «Nimm keinen Anstoß an ihrem Verhalten», empfahl Ofir. «Sie hat so viel gelitten, daß es ihr Mühe bereitet und lange dauern wird, bis sie wieder zu leben lernt.»
    «Aber… was hat man ihr zugefügt?»
    «Man hat sie mit dem Tod bedroht, geschlagen und eingeschlossen. Man hat sie gezwungen, ihrem Glauben an Aton, den alleinigen Gott, abzuschwören. Man hat ihr befohlen, ihren Namen und ihre Vorfahren zu vergessen. Man hat versucht, ihre Seele zu zerstören. Hätte ich mich nicht ihrer angenommen, wäre sie nur noch ein beklagenswertes Geschöpf mit wirrem Verstand.»
    «Warum hilfst du ihr?»
    «Weil meine Familie auch grausam verfolgt wurde, wie ihre. Wir haben nur noch einen Grund zu leben: die Rache. Eine Rache, die Lita die Macht beschert und die falschen Götter aus Ägypten vertreibt.»
    «Ramses trifft an eurem Unglück keine Schuld.»
    «O doch! Er gehört einer verfluchten Dynastie an, die das Volk betrügt und tyrannisiert.»
    «Wie haltet ihr euch am Leben?»
    «In der Hoffnung, daß Aton unsere Gebete erhört, verbergen uns seine Anhänger und versorgen uns mit Nahrungsmitteln.»
    «Sind sie noch zahlreich?»
    «Zahlreicher, als du denkst. Doch selbst wenn nur noch Lita und ich übrig wären, würden wir unseren Kampf fortsetzen.»
    «Du sprichst von Zeiten, die lange vorbei sind», wandte Ramses’ Schwester ein. «Dieser Groll betrifft nur euch.»
    «Du irrst», entgegnete Ofir. «Ihr seid jetzt meine Verbündeten.»
    «Verlassen wir dieses Haus, Sary! Diese Leute sind in einem Wahn befangen.»
    «Ich weiß, wer du bist», erklärte Ofir.
    «Das stimmt nicht!»
    «Du bist Dolente, die Schwester von Ramses, und dieser Mann ist dem Gemahl Sary, der ehemalige Erzieher des Pharaos. Ihr seid beide Opfer seiner Grausamkeit geworden und brennt darauf, euch zu rächen.»
    «Das ist unsere Angelegenheit.»
    «Aber ich besitze die Kalksteintafel, die ihr bei dem Magier beschrieben habt. Wenn ich sie zum Wesir trage und vor Gericht gegen euch aussage…»
    «Das ist Erpressung.»
    «Laßt uns Verbündete werden, und ihr habt nichts mehr zu befürchten.»
    «Was bietest du uns an?»
    «Es ist ein guter Einfall, gegen Ramses Schwarze Magie einzusetzen, doch ihr seid nicht sachkundig. Der Zauber, den ihr gewählt habt, hätte einen gewöhnlichen Sterblichen krank gemacht, aber nicht einen König. Dem Pharao ist bei seiner Krönung ein unsichtbarer Schutz zuteil geworden, der ihn wie eine Hülle aus mehreren Schichten umgibt. Die müssen erst nach und nach zerstört werden. Ich und Lita sind dazu imstande.»
    «Und was forderst du als Gegenleistung?»
    «Obdach, Beköstigung und eine verschwiegene Stätte für Zusammenkünfte.»
    Dolente ging auf Sary zu.
    «Hör nicht auf ihn. Er ist gefährlich, er wird uns nur schaden.»
    Doch Sary antwortete dem Magier: «Einverstanden. Wir sind Verbündete.»
     

NEUNUNDZWANZIG
     
     
    RAMSES ENTFACHTE DIE Öllampen im Naos von Karnak, im geheimsten Raum des Tempels, den zu betreten nur er und der Oberpriester ermächtigt waren, der ihn im Falle seiner Abwesenheit vertrat. Die Finsternis wich, und das Allerheiligste kam zum Vorschein: eine Kapelle aus Rosengranit, die das irdische Abbild des Gottes Amun barg, des Verborgenen, dessen wahre Gestalt keines Menschen Auge jemals schauen würde. Weihrauchkörner verglommen langsam und erfüllten mit ihrem Wohlgeruch diesen geheiligten Ort, an dem die göttliche Kraft dem Sichtbaren wie dem Unsichtbaren innewohnte.
    Der König löste das Siegel aus Tonerde, zog den Riegel zurück und öffnete die Türen des Schreins.
    «Erwache in Frieden, du mächtiger Gott, der von Anbeginn ist und der geschaffen hat, was es nur gibt. Erkenne mich, deinen Sohn. Mein Herz hebt dich. Ich höre auf das,

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