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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Gemüsegarten. Am Eingang wurden Nedjem und Kha aufgefordert, sich Hände und Füße zu waschen. Dann hieß der Herr des Landgutes sie willkommen, entzückt über den Besuch so hochgestellter Persönlichkeiten. Er zeigte ihnen seine schönsten Milchkühe, die gut genährt und auf das sorgfältigste gepflegt waren.
    «Mein Geheimnis», so bekannte er, «besteht dann, daß sie auf die richtige Weide geführt werden. Dort wird es ihnen nicht zu warm, sie können sich satt fressen und gedeihen von Woche zu Woche besser.»
    «Die Kuh ist das Tier der Göttin Hathor», erklärte der kleine Kha. «Deshalb ist sie schön und sanft.»
    Der Besitzer des Bauernhofs war überrascht.
    «Wer hat dich das gelehrt, Prinz?»
    «Das habe ich in einer Geschichte gelesen.»
    «Du kannst schon lesen?»
    «Willst du mir eine Freude machen?»
    «Selbstverständlich.»
    «Dann bringe mir ein Stück Kalkstein und ein Schilfrohr.»
    «Ja, ja… gleich…»
    Der Mann sah Nedjem fragend an und wurde mit einem zustimmenden Augenzwinkern beschieden. Kaum hatte der Knabe, was er begehrte, da pirschte er sich unter den wachsamen Blicken der verblüfften Bediensteten in den Hof hinaus und von dort in die Stallungen.
    Eine Stunde später zeigte er seinem Gastgeber das mit Ziffern bedeckte Stück Kalkstein.
    «Ich habe genau gezählt», beteuerte Kha. «Du besitzt einhundertzwölf Kühe.»
    Darauf rieb er sich die Augen und klammerte sich an ein Bein von Nedjem.
    «Jetzt bin ich müde», gestand er.
    Der Oberste Verwalter der Felder und Haine bückte sich und nahm das Kind auf den Arm.
    Kha schlief bereits.
    «Noch ein Wunder, das Ramses vollbracht hat», dachte Nedjem.
     

SECHSUNDDREISSIG
     
     
    MOSES, VON EBENSO athletischem Körperbau wie Ramses, mit hoher Stirn, üppigem Haar und dichtem Bart, betrat gemächlich das Arbeitszimmer des Königs von Ägypten.
    Ramses erhob sich, und die beiden Freunde umarmten einander.
    «Hier arbeitete auch Sethos, nicht wahr?»
    «Ja, Moses, ich habe nichts verändert. Dieser Raum ist noch von seinem Denken erfüllt. Möge es mich stets leiten!»
    Anstatt wieder in dem königlichen Sessel mit der geraden Rückenlehne Platz zu nehmen, setzte Ramses sich auf einen der mit Strohflechtwerk gepolsterten Stuhle seinem Freund gegenüber.
    «Wie geht es dir, Moses?»
    «Ich bin bei ausgezeichneter Gesundheit, doch meine Kraft hegt brach.»
    «Wir haben kaum noch Zeit, einander zu sehen, und das ist meine Schuld.»
    «Wie du weißt, ist mir der Müßiggang auch zuwider, wieviel Prunk auch immer mich dabei umgeben mag. Ich vermisse meine Arbeit in Karnak.»
    «Kannst du dem Hof in Memphis keine Reize abgewinnen?»
    «Die Höflinge langweilen mich. Sie werden nicht müde, ihr Loblied auf dich zu singen, und es dauert wohl nicht mehr lange, dann erheben sie dich in den Rang einer Gottheit. Das ist ebenso dumm wie widerwärtig.»
    «Sollte das ein Tadel an mir sein?»
    «Die wundersame Überschwemmung, der Phönix, das neue Zeitalter… Das sind wohl Tatsachen, die sieh nicht bestreiten lassen und die deine Beliebtheit erklären. Nur, besitzt du wirklich übernatürliche Kräfte, bist du ein Auserwählter? Dein Volk ist davon überzeugt.»
    «Und du, Moses?»
    «Mag ja sein, daß es der Wahrheit entspricht. Aber du bist nicht der wahre Gott.»
    «Habe ich das je behauptet?»
    «Sei auf der Hut, Ramses. Die Schmeicheleien derer, die sich um dich scharen, könnten dich zu unermeßlichem Hochmut verleiten.»
    «Du hast keine Ahnung von der Rolle und vom Amt des Pharaos. Außerdem hältst du mich für einfältig.»
    «Ich versuche nur, dir zu helfen.»
    «Dazu werde ich dir Gelegenheit geben.»
    Moses bekam vor Neugierde glänzende Augen.
    «Schickst du mich nach Karnak zurück?»
    «Es gibt eine viel bedeutendere Aufgabe, die ich dir zuweisen möchte, falls du damit einverstanden bist.»
    «Bedeutender als Karnak?»
    Der König erhob sich und lehnte sich mit dem Rücken an ein Fenster.
    «Ich habe einen gewaltigen Plan gefaßt und ihn Nefertari anvertraut. Allerdings meinten wir beide, es sei erforderlich, ein Zeichen des Himmels abzuwarten, ehe er Gestalt annehmen sollte. Die Überschwemmung und der Phönix… Der Himmel hat mir zwei Zeichen geschickt, und im Haus des Lebens hat man mir bestätigt, daß nach den Gesetzen der Gestirne tatsächlich ein neues Zeitalter anbreche. Gewiß, ich werde das von meinem Vater begonnene Werk vollenden, in Karnak ebenso wie in Abydos, aber diese neue Zeit muß in neu Geschaffenem ihren

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