Der Tempel der Ewigkeit
freien Platz neben dem Heiligtum des Amun vorstellen.»
«Welcher Gottheit sollte der geweiht werden?»
«Jener, die dem Pharao sein Amt verleiht. Wirst du nicht in diesem Tempel dein Fest der Erneuerung feiern?»
«Damit dieses Ritual vollzogen werden kann, muß ein Pharao dreißig Jahre regiert haben. Es hieße, das Schicksal zu beleidigen, wollte ich mit dem Bau eines solchen Tempels schon heute beginnen.»
«Trotzdem hast du den Platz dafür frei gelassen.» «Nicht daran zu denken hieße, mein Glück zu beleidigen. Bei diesem Fest, im Jahre dreißig meiner Herrschaft, wirst du samt unseren Freunden aus der Kindheit unter den höchsten Würdenträgern sein.»
«Dreißig Jahre… Was mag uns Gott bis dahin auferlegen?» «Fürs erste gebietet er uns, gemeinsam die neue Hauptstadt von Ägypten erstehen zu lassen.»
«Ich habe die Hebräer in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine wird die Steinblöcke zu den Baustätten der Tempel befördern und sie dort nach den Anweisungen ihrer ägyptischen Vorsteher bearbeiten, während die andere Tausende von Ziegeln für deinen Palast und die übrigen Gebäude herstellen wird. Es dürfte einige Mühe bereiten, die Gruppen miteinander in Einklang zu bringen. Ich fürchte, meine Beliebtheit wird rasch Schaden nehmen. Weißt du, wie mich die Hebräer nennen? Masha,‹der, der aus den Wassern errettet wurde›!»
«Solltest du auch ein Wunder vollbracht haben?» «Dieser Name geht auf eine alte babylonische Legende zurück, die ihnen gut gefällt. Sie haben ein Wortspiel aus meinem richtigen Namen - Moses, ‹der, der geboren wurde› - gemacht, denn sie sind der Ansicht, daß ich, ein Hebräer, von den Göttern gesegnet sei. Habe ich nicht die Ausbildung ägyptischer Adliger genossen, und bin ich nicht der Freund des Pharaos? Also hat Gott mich aus den ‹Wassern› des Elends und der Armut errettet. Ein Mann, dem so viel Glück zuteil wird, ist es wert, daß man ihm folgt. Aus diesem Grund schenken mir die Ziegelmacher ihr Vertrauen.»
«Es soll ihnen an nichts mangeln. Ich erteile dir die Vollmacht, notfalls auf die königlichen Speicher zurückzugreifen.» «Ich werde deine Hauptstadt bauen, Ramses.»
Eine kurze, schwarze Perücke, die von einem weißen Band gehalten wurde und die Ohren frei ließ, Schnurrbärte und gestutzte Vollbärte sowie eine niedrige Stirn und wulstige Unterlippen waren häufig die äußeren Merkmale der hebräischen Ziegelmacher, die eine auf ihre Geschicklichkeit bedachte Zunft darstellten. Syrer und Ägypter versuchten sie zu überbieten, doch die Hebräer waren und blieben die Besten. Ihr mühevolles Handwerk wurde von ägyptischen Vorarbeitern streng überwacht, jedoch gerecht entlohnt und brachte ihnen viele freie Tage ein. Darüber hinaus war die Verpflegung in Ägypten gut und reichlich und es gab genügend Unterkünfte. Wer besonders eifrig war, dem gelang es sogar, sich aus den noch verwertbaren Resten alter Häuser eine eigene Wohnstatt zu errichten.
Moses hatte ihnen nicht verhehlt, daß sie in Pi-Ramses schneller als gewöhnlich würden arbeiten müssen, doch die hohen Lohnzulagen sollten sie dafür entschädigen. Der Bau der neuen Hauptstadt mochte so manchem Hebräer zu Wohlstand verhelfen, sofern er nicht mit seinem Schweiß geizte. Unter üblichen Umständen konnten drei Männer pro Tag achthundert oder neunhundert Ziegel formen, die etwa einen Fuß lang, einen halben Fuß breit und so dick wie sechs Finger waren. Für die Sockel der Häuser von Pi-Ramses wurden mehrere Ziegelreihen nebeneinander gelegt oder behauene Steine verwendet, doch dafür waren die Maurer und die Steinmetze zuständig und nicht die Ziegelmacher.
Vom ersten Tag an begriffen die Hebräer, daß Moses’ Wachsamkeit nicht nachlassen würde. Wer gehofft hatte, er könnte sich eine lange Mittagsruhe im Schatten eines Baumes gönnen, wurde alsbald eines Besseren belehrt und fügte sich in das Unvermeidliche: Sie würden bis zur Einweihung der Hauptstadt mit äußerster Schnelligkeit arbeiten müssen.
Mit dem Wasser aus einem nahen, von einem Kanal hergeleiteten Graben wurde auf mehreren großen Flächen Nilschlamm angefeuchtet und unter anfeuernden Gesängen mit Hacken durchgearbeitet, damit der Grundstoff für die künftigen Ziegel formbar wurde. Wie seine Gefährten hatte sich auch Abner dazu entschlossen, den Schweiß strömen zu lassen, wenn er den nassen Schlamm mit geschnittenem Stroh vermengte, um die richtige Mischung zu erzielen.
Abner war kräftig und
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