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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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geschickt. Sobald er das Gemisch für gut befand, füllte er es in Körbe, die Helfer auf der Schulter zu den Ziegelmachern trugen. Dort wurde es in rechteckige hölzerne Formen gegossen und glatt gestrichen. Das Herauslösen aus den Formen war ein heikler Vorgang, bei dem Moses bisweilen persönlich mithalf. Danach wurden die Ziegel auf den Boden gestellt, um vier Tage lang in der Sonne zu trocknen, ehe sie übereinander gestapelt und zu den verschiedenen Baustätten gebracht wurden.
    So bescheiden der Grundstoff auch war, die sorgfältig hergestellten Ziegel aus Nilschlamm wiesen beachtliche Widerstandskraft auf und vermochten, einwandfrei vermauert, sogar Jahrhunderten zu trotzen.
    Unter den Hebräern entwickelte sich ein regelrechter Wettstreit. Da gab es wohl die Erhöhung der Löhne und der Zulagen, gewiß, aber es griff auch der Stolz um sich, an einem so gewaltigen Unternehmen teilzuhaben und sich dieser Herausforderung zu stellen. Sollte der Eifer dennoch einmal zu erlahmen drohen, entfachte Moses ihn aufs neue, und Tausende vollendeter Ziegel verließen wieder die Formen.
    Pi-Ramses war im Entstehen begriffen. Ramses’ Traum wurde Wirklichkeit. Maurer und Steinmetze errichteten getreu dem Plan des Königs dicke Sockel, und die Handlanger schleppten unermüdlich die von den Hebräern hergestellten Ziegel für die schlanken Wände herbei.
    Im prallen Sonnenschein nahm eine Stadt Gestalt an.
    Abner bewunderte Moses jeden Abend. Der Anführer der Hebräer ging von einer Gruppe zur anderen, überprüfte die Güte der Verpflegung und hieß kranke sowie übermüdete Arbeiter sich zur Ruhe begeben. Anders als er es vermutet hatte, wuchs seine Beliebtheit stetig.
    Dank der Zulagen, die Abner bereits eingeheimst hatte, würde er seiner Familie schon bald eine schöne Wohnung bieten können, hier, in der neuen Hauptstadt.
    «Bist du mit dir zufrieden, Abner?»
    Sary stand feindselige Schadenfreude ins hagere Gesicht geschrieben.
    «Was willst du von mir?»
    «Ich bin dein Aufseher. Hast du das vergessen?»
    «Ich komme meinen Pflichten nach.»
    «Aber mangelhaft.»
    «Wieso mangelhaft?»
    «Du hast mehrmals eine schlechte Mischung geliefert.»
    «Das stimmt nicht.»
    «Zwei Vorarbeiter haben deine Fehler festgestellt und einen Bericht verfaßt. Wenn ich den Moses übergebe, verlierst du deine Stelle und wirst sicher bestraft.»
    «Warum hast du das erfunden, warum diese Lügen?»
    «Du hast eine Möglichkeit: Du kannst dir mein Schweigen erkaufen, mit deinem Lohn. Dann sehe ich über dein Versagen hinweg.»
    «Du bist ein Schakal, Sary!»
    «Und dir bleibt keine andere Wahl, Abner.»
    «Warum verabscheust du mich?»
    «Du bist ein Hebräer unter so vielen anderen. Du zahlst für die anderen mit, das ist alles.»
    «Du hast kein Recht, das zu verlangen.»
    «Deine Antwort, Abner, augenblicklich!»
    Abner senkte den Blick. Sary war der Stärkere.
     

VIERZIG
     
     
    IN MEMPHIS FÜHLTE Ofir sich wohler als in Theben. In der großen Stadt lebten zuhauf Menschen fremdländischer Herkunft. Die meisten von ihnen hatten sich vollkommen der ägyptischen Bevölkerung angepaßt. Unter ihnen gab es auch Anhänger der Lehre Echnatons, deren allmählich schwindenden Glauben der Magier neu belebte, indem er ihnen versprach, dieser Glaube beschere ihnen in absehbarer Zukunft Glück und Wohlstand.
    Diejenigen, die Gelegenheit hatten, die stets schweigsame Lita zu Gesicht zu bekommen, waren tief beeindruckt. Keiner zweifelte daran, daß in ihren Adern tatsächlich königliches Blut fließe, daß sie die wahre Erbin des verfemten Herrsehers sei. Die beharrliehen und überzeugenden Reden des Magiers wirkten Wunder, und das memphitische Herrenhaus der Schwester des Pharaos bildete den Rahmen für ergiebige Gespräche, dank deren die Zahl der Verfechter des alleinigen Gottes von Tag zu Tag wuchs.
    Ofir war nicht der erste Fremde, der sonderbare Ideen verbreitete, doch der einzige, der sieh darum bemühte, die bei Echnatons Nachfolgern verpönte Ketzerei Wiederaufleben zu lassen. Gleichwohl blieben dessen Hauptstadt und Grabstätte verwaist, und kein Höfling hatte sich mehr in der Nekropole der Aton-Stadt beisetzen lassen. Nachdem Ramses die Priesterschaft von Karnak seinem Willen unterworfen hatte, wußte jeder, daß er keinerlei religiöse Wirren dulden würde. Also achtete Ofir sorgsam darauf, nur ganz unmerklich Kritik am König und an seiner Politik zu üben, um sich nicht der Mißbilligung auszusetzen.
    Und damit erzielte er gute

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