Der Tempel der vier Winde - 8
erkundigte. Tristan hatte zwar nicht Kahlans Enthauptung angeordnet, aber dabei war doch ein Ratsmitglied aus seinem Land beteiligt gewesen. Richard hatte dieses jaranische Ratsmitglied getötet.
Kahlan wußte nicht, wieso Tristan eine so plötzliche Abneigung gegen Richard entwickelte, sah man einmal von der Tatsache ab, daß er die Kapitulation Jaras verlangte. Vermutlich war dies Grund genug: an seiner Stelle empfände sie vielleicht ebenso.
Kahlan erwartete jeden Augenblick, daß die beiden Männer die Schwerter zögen. Drefan stellte sich zwischen sie.
»Ich bin Drefan Rahl, der Hohepriester der Raug’Moss, einer Gemeinschaft von Heilern. Ich habe einige Erfahrung mit der Pest. Ich schlage vor, daß Ihr auf Eurem Zimmer bleibt und Kontakt mit Fremden meidet. Vor allem mit Prostituierten. Darüber hinaus solltet Ihr für ausreichend Schlaf und gute, gesunde Ernährung sorgen.
Das wird Euch helfen, Euren Körper gegen die Krankheit zu kräftigen. Darüber hinaus werde ich mit dem Personal hier im Palast besprechen, was man zur Vorbeugung tun kann. Ihr seid willkommen, Euch meinen Rat anzuhören, wie jeder andere auch.«
Tristan hatte Drefan gewissenhaft zugehört. Er verbeugte sich und dankte ihm für seinen Rat. »Nun, ich weiß die Wahrheit zu schätzen, Lord Rahl. Ein geringerer Mann hätte vielleicht versucht, mich über ein so ernstes Problem im unklaren zu lassen. Nun verstehe ich, warum Ihr so beschäftigt seid. Ich werde mich jetzt verabschieden, damit Ihr Euch um Euer Volk kümmern könnt.«
Berdine hatte sich unbemerkt neben Richard geschlichen, der dem Gesandten wütend hinterher schaute. So eifrig, wie sie im Tagebuch gelesen, und vor sich hinmurmelnd die Aussprache der d’Haranischen Worte geprobt hatte, bezweifelte Kahlan, ob sie von dem Gesagten etwas mitbekommen hatte.
»Ich muß Euch sprechen, Lord Rahl«, murmelte Berdine.
Richard legte ihr die Hand auf die Schulter, zum Zeichen, daß sie warten solle. »Drefan, Nadine, hat jemand von Euch etwas gegen Kopfschmerzen? Gegen richtig starke Kopfschmerzen?«
»Ich habe ein paar Kräuter, die Euch helfen werden, Richard«, schlug Nadine vor.
»Da weiß ich etwas Besseres.« Drefan beugte sich näher zu Richard. »Man nennt es Schlaf. Vielleicht erinnerst du dich, dieses Mittel früher einmal benutzt zu haben?«
»Ich weiß, ich bin seit einiger Zeit wach, Drefan, aber –«
»Seit vielen Tagen und Nächten.« Drefan hob warnend einen Finger. »Wenn du versuchst, die Folgen fehlenden Schlafs mit irgendwelchen Mittelchen zu überdecken, tust du dir selbst keinen Gefallen. Die Kopfschmerzen werden wiederkommen, schlimmer als zuvor. Du wirst deine Kräfte aufzehren. Damit tust du weder dir einen Gefallen noch sonst jemandem.«
»Drefan hat recht«, stimmte Kahlan zu.
Ohne aufzuschauen, blätterte Berdine die Seite um, die sie gerade im Tagebuch las.
»Das ist durchaus wahr. Ich fühle mich wesentlich besser, seit ich etwas geschlafen habe.«
Endlich schien Berdine zu bemerken, daß noch andere anwesend waren. »Jetzt, wo ich wach bin, kann ich besser nachdenken.«
Richard wehrte sich mit erhobener Hand gegen ihre Hartnäckigkeit. »Ich weiß. Bald, das verspreche ich. Was wolltet Ihr mir mitteilen, Berdine?«
»Was?« Sie las schon wieder. »Oh. Ich habe herausgefunden, wo der Tempel der Winde steht.«
Richards Braue schoß in die Höhe. »Was?«
»Nachdem ich etwas geschlafen hatte, konnte ich klarer denken. Mir wurde bewußt, daß wir unsere Suche dadurch eingeschränkt hatten, indem wir nur nach einer begrenzten Anzahl von Schlüsselwörtern suchten. Also malte ich mir aus, was die alten Zauberer in derselben Lage getan hätten. Ich kam zu dem Schluß, daß –«
»Wo ist er?« fuhr Richard sie an.
Endlich hob Berdine den Kopf und kniff die Augen zusammen. »Der Tempel der Winde steht auf dem Gipfel des Berges der Vier Winde.«
Jetzt erst bemerkte Berdine Raina. Die beiden Frauen begrüßten sich mit einem Lächeln. Ihre Blicke drückten warme Zuneigung füreinander aus.
Kahlan zuckte die Achseln, als Richard sie fragend ansah. »Das ist keine große Hilfe, Berdine, es sei denn, Ihr könnt uns sagen, wo dieser Berg liegt.«
Berdine runzelte kurz die Stirn, winkte dann entschuldigend ab. »Oh. Verzeihung. So lautet die Übersetzung« – sie runzelte erneut die Stirn – »glaube ich.«
Richard fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Wie nennt Kolo ihn?«
Berdine blätterte zurück, drehte das Buch herum und tippte mit dem
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