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Der Tempel der vier Winde - 8

Der Tempel der vier Winde - 8

Titel: Der Tempel der vier Winde - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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gehäutet und in aller Ruhe zugesehen, wie seine Magie aus seinem gehäuteten Körper wich.« Sie drehte sich um und deutete mit einer Handbewegung hinunter in das grüne Tal. »Mit seiner Haut habe ich den Sitz meines Throns bezogen.«
    Kahlan erinnerte sich, daß Shota genau das geschworen hatte. Es konnte kaum verwundern, daß selbst Zauberer sich nur selten nach Agaden wagten. Shota war ihnen mehr als ebenbürtig. Wenigstens ein Zauberer hatte diese Lektion zu spät gelernt.
    »Ich kann Euch keinen Vorwurf machen – schließlich hatte der Hüter ihn geschickt, um Euch zu töten. Hätte er Euch in die Finger bekommen, nun, ich weiß, wie sehr Ihr Euch davor gefürchtet habt.«
    »Ich bin Richard und Euch etwas schuldig. Der Sucher hat verhindert, daß wir alle in die Hände des Hüters fallen.«
    »Glücklicherweise hat dieser Zauberer Euch nicht zum Hüter gejagt.«
    Das war durchaus ernst gemeint. Kahlan war sich nach wie vor im klaren darüber, wie gefährlich Shota war, andererseits schien die Hexe eines Mitgefühls fähig zu sein, das Kahlan nicht erwartet hatte.
    »Wißt Ihr, was dieser Zauberer zu mir sagte?« fragte Shota. »Er meinte, er habe mir verziehen. Könnt Ihr Euch das vorstellen? Er gewährte mir Vergebung. Und dann bat er mich selbst darum.«
    Der Wind wehte Kahlan einige Haare ins Gesicht. Sie strich sie wieder nach hinten. »Eine seltsame Bemerkung, wenn man es recht bedenkt.«
    »Das Vierte Gesetz der Magie, wie er es nannte. Er behauptete, dem Vierten Gesetz zufolge hätte Vergeben etwas Magisches. Eine Magie, die eine heilende Wirkung hat. Das gilt sowohl für die Vergebung, die man selbst gewährt, als auch für die, die man gewährt erhält.«
    »Ein Günstling des Hüters würde vermutlich alles mögliche behaupten, um mit seinem Verbrechen ungeschoren davonzukommen und vor Euch fliehen zu können. Ich kann verstehen, daß Ihr nicht in der Stimmung wart, ihm zu vergeben.«
    Das Licht schien in der alterslosen Tiefe von Shotas Augen zu versinken. »Er hat vergessen, das Wörtchen ›aufrichtig‹ vor ›Vergebung‹ zu setzen.«

42. Kapitel
    Kahlan sah zu, wie die Hexe wieder im düsteren Wald verschwand. Schlingpflanzen, die von knorrigen Ästen herabhingen, reckten sich, um ihre Herrin im Vorübergehen zu berühren, während Ranken und Wurzeln sich streckten, um sie am Bein zu streifen. Sie verschwand hinter einem Nebelschleier. Unsichtbare Wesen riefen mit leisen Pfeif- und Schnalzlauten aus der Richtung, in die sie gegangen war.
    Kahlan wandte sich zu dem moosüberwucherten Findling um, den Shota ihr gezeigt hatte, und fand gleich dahinter den Brunnen der Sliph. Das silbrige Gesicht kam hinter dem runden Steinmäuerchen hervor und beobachtete, wie Kahlan sich näherte. Fast wünschte Kahlan, die Sliph wäre nicht erschienen; als würden die Dinge, die sie in Erfahrung gebracht hatte, ungeschehen bleiben, wenn sie nicht zurückkehrte.
    Wie sollte sie Richard in die Augen sehen, ohne ihre Seelenqualen herauszuschreien? Wie sollte sie mit diesem Wissen weiterleben können? Woher sollte sie ihren Lebenswillen nehmen?
    »Möchtest du reisen?« fragte die Sliph.
    »Nein, aber ich muß.«
    Die Sliph legte die Stirn in Falten, als sei sie verwirrt. »Wenn du reisen willst, bin ich bereit.«
    Kahlan ließ sich auf die Erde sinken, lehnte sich mit dem Rücken an den Brunnen der Sliph und zog die Beine unter ihren Körper. Sollte sie wirklich so leicht aufgeben? Sollte sie sich einfach demütig und bescheiden in ihr Schicksal fügen? Sie hatte keine andere Wahl. Denk an die Lösung, nicht an das Problem.
    Irgendwie erschienen ihr die Dinge nicht mehr ganz so hoffnungslos wie eben, noch unten in Agaden. Es mußte sich doch eine Möglichkeit finden lassen. Richard würde nicht so leicht aufgeben. Er würde um sie kämpfen.
    Sie nahm sich vor, auch um ihn zu kämpfen. Sie liebten sich, und das war das Allerwichtigste.
    Kahlan fühlte sich, als sei ihr Verstand umnebelt. Sie versuchte entschlossen, sich zu konzentrieren. Unmöglich durfte sie einfach aufgeben. Sie mußte sich diesem Problem mit ihrer alten Resolutheit stellen.
    Daß Hexen Menschen verhexten, wußte sie. Nicht unbedingt aus Bosheit, es war einfach ihre Art. Etwa so, wie ein Mensch nichts dafür konnte, ob er groß war oder klein, oder für die Farbe seiner Haare. Hexen verhexten Menschen, denn so funktionierte ihre Magie.
    Shota hatte Richard sozusagen verhext. Beim ersten Mal hatte ihn nur die Magie des Schwertes der

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