Der Tempel der vier Winde - 8
Angelegenheit zu sagen habe. Er muß eine Frau der Schlammenschen heiraten.«
Sie war zu benommen, um sein Lächeln zu erwidern.
»Wirst du den Rest der Nacht hierbleiben?« fragte Savidlin. »Weselan würde sich sehr freuen, dich zu sehen.«
»Verzeiht mir, verehrte Älteste, aber wenn ich euer Volk retten soll, muß ich sofort zurück. Ich muß zu Richard und ihn davon unterrichten, was ich mit eurer Hilfe herausgefunden habe.«
44. Kapitel
Eine Frau trat aus einer Tür hinaus auf die schmale, menschenleere Gasse. Er mußte stehenbleiben, sonst wäre er mit ihr zusammengestoßen. Unter ihrem Vierecktuch trug sie ein dünnes Kleid, und an der Art, wie ihre Brustwarzen in der Kälte vorstanden, erkannte er, daß sie unter dem Kleid unbekleidet war.
Sie glaubte, sein Lächeln gelte ihr. Das tat es nicht. Es entsprang der Freude darüber, wie eine Gelegenheit manchmal seinen Weg kreuzte, wenn er es am wenigsten erwartete. Er vermutete, es läge an seinem außergewöhnlichen Wesen, daß solche Ereignisse von ihm angezogen wurden.
Ob er sie erwartete oder nicht, er war stets darauf vorbereitet, Ereignisse zu seinem Vorteil auszunutzen.
Sie erwiderte das Lächeln, als sie ihm mit der Hand über die Brust strich und mit einem Finger sein Kinn kraulte.
»Schau an, schau an, mein Lieber. Lust auf ein bißchen Vergnügen?«
Sie war nicht attraktiv, trotzdem weckte die Eigenart dieser sich zufällig ergebenden Gelegenheit seine Begierde. Er wußte, was hier gespielt wurde. Er sah es an der Art, wie sie sich ganz dicht vor ihn stellte und seine ganze Aufmerksamkeit einforderte. Er hatte schon früher solche Begegnungen gehabt. Genaugenommen legte er es manchmal geradezu darauf an. Dann war die Herausforderung größer. Und mit der Herausforderung ging eine seltene Form der Befriedigung einher.
Die Situation war alles andere als ideal – sie wies entschiedene Nachteile auf, zum Beispiel den, daß er unmöglich zulassen durfte, daß ihre Schreie Aufmerksamkeit erregten, und trotzdem würde er dem noch immer etwas abgewinnen können. Er öffnete sich ihr mit all seinen Sinnen. Schon begann er, die Einzelheiten in sich aufzunehmen, so wie Erde einen prasselnden Regen in sich aufsaugt.
Schon ließ er sich ganz von seiner Lust überwältigen.
»Tja«, meinte er, wobei er das Wort dehnte, »hast du denn überhaupt ein Zimmer?«
Sie hatte sicher keines. Er wußte, was hier gespielt wurde.
Sie legte ihr Handgelenk auf seine Schulter. »Ein Zimmer ist nicht nötig, Schätzchen. Nur eine halbe Silbermünze.«
So unbemerkt wie möglich ließ er seinen Blick über die umstehenden Gebäude schweifen. Die Fenster waren alle dunkel. Nur ein paar Lichter in der Ferne spiegelten sich auf dem nassen Pflaster. Dies war die Gegend, in der die Speicher standen. In diesen Häusern wohnte kein Mensch. Es war unwahrscheinlich, daß außer zufälligen Passanten wie ihm selbst viele Menschen in der Nähe waren. Dennoch würde er seine Lust durch Besonnenheit mäßigen müssen.
»Ein wenig kalt, um sich hier draußen auf dem Pflaster auszuziehen, meinst du nicht auch?«
Sie legte ihm die Hand an die Wange, damit er seine Aufmerksamkeit weiter auf sie richtete. Mit der anderen Hand faßte sie ihm zwischen die Beine. Was sie dort vorfand, ließ sie zufrieden schnurren.
»Sei unbesorgt, mein Schatz. Für eine halbe Silbermünze kenne ich ein warmes Plätzchen, wo du das hier hinstecken kannst.«
Er genoß das Spielchen. Das letzte Mal war schon zu lange her. Er setzte für sie seine unschuldigste, unbedarfteste Miene auf.
»Tja, ich weiß nicht. Kommt mir ein bißchen plump vor. Normalerweise hab ich es am liebsten, wenn genug Zeit ist, damit die junge Dame auch ihren Spaß hat.«
»Oh, ich werde meinen Spaß haben, Schätzchen. Du glaubst doch nicht, ich mache es nur der halben Silbermünze wegen, oder? Ach was. Ich habe Spaß dabei.«
Rückwärts bewegte sie sich zur Tür zurück, aus der sie getreten war. Er ließ sich von ihren Händen, die sie hinter seinem Hals verschränkt hatte, mitziehen.
»So kleines Geld habe ich nicht bei mir.« Fast konnte er ihre Augen über ihr Glück aufleuchten sehen. Sie würde noch zu lernen haben, daß dieser Abend für sie nicht glücklich enden würde.
»Ach, nein?« entgegnete sie, als bereite sie sich darauf vor, ihr Angebot zurückzuziehen, jetzt, wo sie sicher war, ihn mit ihrem verlockenden Angebot in der Falle zu haben. »Tja, eine Dame muß sehen, wie sie zurechtkommt. Dann muß ich wohl
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