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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Es war kein Schlaf, sondern eine
heitere Ekstase, die von einer golden glänzenden Sonne erhellt wurde, die über
der Höhlendecke leuchtete. Und die war auch kein steinernes Hindernis mehr,
sondern ein Sternenhimmel, an dem mitten in der Nacht das Tagesgestirn
leuchtete. Den Schülern war unendlich wohl. Sie hatten den Eindruck, als
stünden sie neben sich, als hätten sie die Last ihres Körpers abgestreift. Und
sie hörten Hirams Stimme, wie er ihnen die Geheimnisse und Pflichten eines
Baumeisters enthüllte.
    Als die
Gesellen von dieser Durchquerung farbenprächtiger Weltenräume zurückkehrten,
besaßen sie das Alter der geometrischen Tradition früherer Baumeister und die
Jugend von Eroberern.
    Hiram hob sie der Reihe nach
auf.
    «Das Maß von
Salomos Tempel», so sagte er ihnen, «ist die Elle, die von meinem Ellenbogen
bis zur Spitze meines Mittelfingers reicht. Danach berechnet ihr die Proportionen.»
    Hiram
überreichte den neuen Baumeistern ein Meßrohr mit der Elle, die für sie der
Schlüssel zur Errichtung des Gebäudes sein sollte.
    «Haben wir
den Tod durchquert?» fragte einer der Schüler.
    «Der
persönliche Ehrgeiz ist in euch erloschen», sagte der Oberbaumeister. «Von nun
an arbeitet ihr an meiner Seite und unter meinem Befehl und verwandelt die
Materie in lichten Stein. Was in euch gestorben ist, das sind eure
vergänglichen Seiten, eure Selbstsucht, eure Kleinlichkeit. Von nun an habt ihr
das Amt des Werkmeisters und unterrichtet Gesellen und Lehrlinge. Und ihr
werdet die Baustelle überwachen und die Fronarbeiter zur Arbeit anfeuern, falls
Hilfe erforderlich ist. Ich werde die meiste Zeit hier verbringen und die
Umsetzung des Plans in Volumen vorantreiben. In den ersten Abendstunden kommt
ihr hierher, und wir prüfen gemeinsam, wie es mit dem Gebäude vorangeht.»
    Die Meister
schworen bei ihrem Leben, daß sie das Geheimnis, das sie teilten, niemals
verraten würden.
    Hirams Herz
war froh. Mit diesen von einer neuen Vision beseelten Menschen konnte er trotz
ihrer geringen Zahl und ihrer Unerfahrenheit Hunderte von Arbeitern richtig
anleiten. Salomo hatte sich auf ein unendlich verrücktes Abenteuer eingelassen
und dabei die tatsächlichen Schwierigkeiten übersehen. Zweifellos glaubte er
mittlerweile auch nicht mehr an seinen Traum. Dennoch würden Hiram und seine
Bruderschaft diesen Traum Wirklichkeit werden lassen.

 
    Kapitel 33
     
     
     
    Eine
Bauersfrau schob den Hebel, mit dem sich
der obere Mahlstein auf dem unteren drehen ließ. Stundenlang würde sie mit
derselben Handbewegung das Korn mahlen. Die Steine rieben aufeinander und gaben
einen klagenden Ton von sich, denn sie litten wie die Frau, damit Dutzende von
Mäulern gestopft werden konnten. Wenn das Mahlen der Mühlsteine aufhörte, so
sagten die Weisen, wäre das Ende der Welt gekommen. Erschöpft überließ die
Bauersfrau einem jungen Mädchen ihren Platz und kehrte heim, wo sie mit Kunkel
und Spindel Garn für Kleiderstoff spann. Ein Zehntel dessen, was sie
herstellte, wurde gemäß eines königlichen Erlasses von Salomos Steuereinnehmern
abgeholt. Ach, wie drückte diese Maßnahme die kleinen Leute, doch sie war
unerläßlich. Wer einen Tempel bauen wollte, mußte sich einer Erweckung unter
den Gerechten versichern, oder?
    Ein Lärm ließ sie aufhorchen,
ein metallisches Surren, das nicht aufhören wollte.
    Erschrocken
ließ sie von ihrer Arbeit ab und trat vors Haus. Es war hellichter Nachmittag,
doch ein Nebel verschleierte die Sonne. Ein Nebel, dessen Schrecken die
Bauersfrau kannte. Sie stieß einen Schrei aus und fing an zu wehklagen. Überall
ruhte jetzt die Arbeit. Alle hatten die Plage erkannt, die in Israel einfallen
würde.
    Millionen von
Wanderheuschrecken verdunkelten das Tagesgestirn. Sie flogen in festen
Formationen und bildeten einen grauen Himmel, ein bewegliches Gewölbe von
riesigem Gewicht, das sich aus Insekten zusammensetzte, die ganz leicht waren.
Diese kleinen Ungeheuer stürzten sich auf das bebaute Land. Eine Heuschrecke
fraß pro Tag ihr Gewicht an Nahrung. Die Schwärme fielen selbst über Schafe her
und verschlangen ihre Wolle.
    Nichts
entging ihnen. Durch einen unfehlbaren Instinkt geleitet, machten sie Äcker und
Wiesen aus und übersahen keinen Halm. Beim ersten Anflug schwang ein alter
Arbeiter die Gabel und tötete Dutzende. Doch ihre Nachfolger bissen ihn bis
aufs Blut und stürzten sich auf ihn, bis er floh. Während Davids Herrschaft
waren zwei Ernten durch Heuschrecken vernichtet

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