Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tempel

Der Tempel

Titel: Der Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Reilly
Vom Netzwerk:
dreihundert Seiten starke, handgeschriebene, ledergebundene Bibel.
    In der Mitte hatte sie ein ausgefranstes rundes Loch, das aussah wie ein Wurmloch. Ganz tief unten sah ich die platt gedrückte Kugel aus mattgrauem Blei.
    Hernandos Kugel.
    Meine Bibel hatte sein Geschoss aufgehalten!
    Gelobet sei das Wort des Herrn!
    Augenblicklich wieder guten Mutes, sprang ich auf und schaute mich nach meinem Schwert um. Da ich es nicht fand, blickte ich über die Lichtung.
    Auf der anderen Seite kämpfte Renco mit zwei Schwertern gegen zwei Säbel schwingende Konquistadoren.
    Zwei Inka rangen nicht weit davon mit zwei Spaniern – anscheinend die einzigen weiteren überlebenden Männer auf dem Felsenturm.
    Dann sah ich Hernando mit dem Götzenbild in den Händen in das Laubwerk rechts hineinstürmen und die steinerne Treppe hinabjagen.
    Ich bekam große Augen.
    Er wollte zur Hängebrücke!
    Wenn er sie erreichte, würde er sie sicher abschneiden und uns auf dem Felsenturm zurücklassen, zusammen mit den Rapas.
    Ich eilte ihm über die Lichtung nach, wich einem Rapa aus, der am Leichnam eines gefallenen Konquistadoren riss, und flog die Steintreppe hinab, zwei Stufen auf einmal nehmend. Mein Herz raste, in meinen Beinen pochte es. Als ich um eine Biegung in der Treppe kam, sah ich Hernando etwa zehn Schritte vor mir die Hängebrücke betreten.
    Er war groß und muskulös und bewegte sich auch so. Ich war kleiner, schmächtiger, dafür schneller. Ich holte rasch auf, rannte ihm auf die Brücke nach und warf mich ihm, da mir keine Waffe zur Verfügung stand – mein Schwert hatte ich ja verloren –, in den Rücken.
    Heftig prallte ich mit ihm zusammen und wir stürzten auf die dünnen Bohlenbretter der Hängebrücke hoch über dem Grund des Canons.
    Wie Zweige zerbrachen die Bretter unter uns und zu meinem äußersten Schrecken stürzten wir in den Abgrund …

    Aber unser Fall war kurz.
    Jäh und ruckartig kamen wir zum Stehen. Voller Entsetzen über den Sturz hatte Hernando die Hand nach etwas ausgestreckt, an dem er sich festhalten konnte, hatte nach etwas gegriffen, das unseren Sturz aufhielte.
    Was er fand, war das freie Ende des Seils, das mir noch immer ums Handgelenk geschlungen war. Jetzt hatte sich dieses Seil um ein einzelnes Bohlenbrett der Hängebrücke gewickelt und Hernando und ich hingen an jeweils einem Ende herab!
    Wir schwangen dort wie Gegengewichte an einem Flaschenzug hin und her, an den Enden desselben Seils, und um uns her baumelten die Stricke der teilweise zerstörten Brücke.
    Wie das Glück – in meinem Fall jedoch eher das Pech – es bestimmt hatte, hing ich tiefer als Hernando, den Kopf nahe seinen Knien. Er befand sich etwas höher, knapp unter den restlichen Bohlenbrettern.
    Das Götzenbild hatte er in der linken Hand, während er sich mit der rechten an meinem Seil festhielt. Verzweifelt versuchte er, das Götzenbild auf die verbliebenen Bretter zu schieben und sich anschließend festen Halt zu verschaffen.
    Sollte ihm das gelingen, befände er sich in Sicherheit und könnte mich fallen lassen, so viel war mir klar. Im Augenblick war mein Gewicht – obwohl im Vergleich zu dem seinen gering – das Einzige, das ihn hielt.
    Ich musste etwas unternehmen, und zwar rasch.
    »Warum tust du das, Mönch?«, brüllte Hernando und streckte weiterhin die Hand nach oben. Er hatte die Bretter fast erreicht. »Was bedeutet dir das Götzenbild? Ich würde dafür töten!«
    Während er so wütete, fiel mein Blick auf eine der dünnen Schnüre, die von der Hängebrücke herabbaumelten und zuvor das Geländer gehalten hatten.
    Wenn ich einfach …
    »Du würdest dafür töten, Hernando?«, fragte ich im Versuch, ihn abzulenken, während ich mich bemühte, das Seil aufzuknüpfen, das um mein rechtes Handgelenk geschlungen war und mich mit Hernando verband. »Das ist mir gleichgültig!«
    »Ja?«, rief er. Es war jetzt ein Wettrennen darum geworden, wer von uns beiden sein Vorhaben als Erster in die Tat umsetzen konnte: Hernando wollte das Bohlenbrett erreichen, ich wollte das Seil lösen, das uns miteinander verband.
    »Ja!«, rief ich zurück. Gerade war es mir gelungen, das Seil aufzuknoten.
    »Warum, Mönch?«
    »Weil ich dafür sterben würde , Hernando!«
    Mit diesen Worten, und nachdem ich mich von dem Strick um mein Handgelenk befreit hatte, griff ich nach der dünnen Leine, die von der Brücke über mir herabbaumelte, und bekam sie zu fassen. Gleichzeitig ließ ich das Seil los, das mich mit Hernando

Weitere Kostenlose Bücher