Der Tempel
von Kolumbien auf brutale Weise getötet worden sind. Aber niemand hat je einen Beweis gefunden. Es gibt eine Anzahl Fotos, aber die sind durch die Bank unglaubwürdig – verschwommene, unscharfe Schnappschüsse, die alles vom gewöhnlichen alten Panther bis hin zu einem Brillenbär zeigen können.«
»Also ein Mythos«, sagte Race. »Ein Großkatzen-Mythos.«
»Tun Sie die Mythen von Großkatzen nicht so verächtlich ab, Professor Race«, meinte Chambers. »Sie sind in der ganzen Welt verbreitet. Indien. Südafrika. Sibirien. Es überrascht Sie vielleicht zu erfahren, dass der leidenschaftlichste Glaube an mystische Riesenkatzen aus England stammt.«
»England?«
»Die Bestie von Exmoor, die Bestie von Bahn. Riesige Katzen, die spätnachts in den Mooren umherschleichen. Niemals erwischt, niemals fotografiert. Aber ihre Fußabdrücke werden oft im Schlamm gefunden. Mein Gott, wenn die Sichtungen stimmen, besteht die Möglichkeit, dass der Hund von Baskerville in Wirklichkeit kein Hund war, sondern eine riesige Katze. «
Race lachte schnaubend und überließ Chambers seiner Arbeit. Er kehrte zu seinem Sitz zurück, hatte sich jedoch kaum niedergelassen, da spürte er, dass sich jemand neben ihn setzte. Es war Lauren.
» Ah, die Glückskappe«, meinte sie mit einem Blick auf Race’ Yankee-Kappe. »Ich weiß nicht, ob ich es dir je gesagt habe, aber ich habe diese verdammte Kappe immer gehasst.«
»Das hast du mir gesagt«, meinte Race.
»Aber du trägst sie noch immer.«
»Es ist eine schöne Kappe.«
Laurens Blick wanderte abschätzend über sein T-Shirt, seine Jeans und die Turnschuhe. Race bemerkte, dass sie ein dickes Khakihemd mit aufgerollten Ärmeln trug, dazu eine Khakihose und robust aussehende Wanderschuhe.
»Nettes Outfit«, meinte sie, ehe er einen ähnlichen Kommentar abgeben konnte.
»Was soll ich sagen?«, entgegnete er. »Als ich heute meine Tasche für die Arbeit gepackt habe, bin ich nicht davon ausgegangen, dass ich dem Dschungel einen Besuch abstatten werde.«
Lauren warf den Kopf zurück und lachte. Das Lachen erinnerte Race an die alten Tage. Völlig theatralisch und von äußerst zweifelhafter Aufrichtigkeit.
»Ich hatte ganz vergessen, wie knochentrocken du sein kannst«, sagte sie.
Race lächelte schwach und senkte den Kopf.
»Wie ist es dir ergangen, Will?«, fragte sie sanft.
»Gut«, log er. »Und dir? Du hast offensichtlich gut für dich gesorgt. Ich meine, Donnerwetter, die DARPA …«
» Das Leben ist schön«, sagte sie. »Das Leben ist sehr schön. Hör mal, Will …« Und da war er. Der Wechsel. Lauren war stets gut darin gewesen, zum Geschäft zurückzukehren. » Ich wollte vor der Landung mit dir sprechen. Ich möchte nicht, dass das, was zwischen uns war, unserer Arbeit hier in die Quere gerät. Ich habe dir nie wehtun wollen …«
» Du hast mir nicht wehgetan«, sagte Race vielleicht ein wenig zu rasch. Er sah auf seine Schuhbänder hinab. »Es gibt nichts, das nicht nach einer Weile heilt.«
Was nicht ganz der Wahrheit entsprach.
Race hatte wesentlich länger als »eine Weile« gebraucht, um über Lauren O’Connor hinwegzukommen.
Ihre Beziehung war eine klassische Affäre gewesen, wie sie überall in Amerika vorkommt: zwei Collegestudenten, die nicht zueinander passten. Race war clever, hatte jedoch kein Geld. Lauren war brillant und ihre Familie hatte Geld wie Heu. Race ging mit einem halben Sportstipendium zum USC. Als Gegenleistung dafür, dass er Football spielte, erließ das College ihm die Hälfte der Gebühren. Die andere Hälfte kratzte er dadurch zusammen, dass er hinter der Theke des örtlichen Nachtklubs arbeitete. Dagegen kamen Laurens Eltern für die Kosten ihrer Tochter auf – im Voraus und auf einmal.
Sie waren zwei Jahre zusammen. Der Footballer mit den guten, jedoch nicht spektakulären Noten in Sprachen und die große, wunderschöne Studentin der Naturwissenschaften, die in jeder Hinsicht glänzte.
Race gefiel das. Lauren war alles, was er je von einer Gefährtin gewollt hatte – intelligent, extrovertiert, von scharfem Humor. Bei Footballer-Partys war sie wie die Sonne an einem wolkenverhangenen Tag. Wenn sie den Raum nach ihm absuchte, ihn fand und lächelte, schmolz er dahin.
Er verliebte sich in sie.
Dann erhielt Lauren ein einjähriges Stipendium am MIT und studierte dort theoretische Physik oder so was in der Art. Er wartete. Jetzt wurde es die klassische Distanzbeziehung. Liebe übers Telefon. Race vertraute ihr. Er lebte
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