Der Teratologe (German Edition)
Während wir miteinander sprechen, befinden sie sich bereits in Vorbereitung«, versicherte ihm Michaels.
Farrington hatte die Lautstärke am Bildschirm heruntergedreht. Bedrückt schaute er sich eine Auswahl von Filmen an. Zuerst Betty und ihre Stümpfe, die in orgiastischem Jubel taumelten, während ein unitarischer Pastor sie heftig rannahm. Das nächste Video: der Direktor der wohltätigen United-Way-Organisation, wie er sabbernd ein 18-jähriges Mädchen mit Downsyndrom, Prognathie und einem Hauthorn im Gesicht oral befriedigte.
Dann: Zwei Diakone aus der Baton Rouge Church of Christ spritzten enthusiastisch in das Gesicht einer Frau ab, die mit einem Brustbeindefekt und schweren Organstörungen zur Welt gekommen war. Sie besaß keinen rektalen Zugang, stattdessen entleerte sich ihr Darm in den Vaginalkanal. Die Kamera zoomte wie aufs Stichwort an ihre gespreizten Beine heran, als, um eine weniger technische Terminologie zu gebrauchen, eine Riesenladung Kot aus ihrer Fotze schoss.
»Ihre Investition in Metopronil hat sich definitiv ausgezahlt. Diese Menschen wollen es wirklich tun. Sie werfen sämtliche Hemmungen über Bord, um ihren durch das Medikament ins Extrem gesteigerten Sexualtrieb zu befriedigen«, beobachtete Michaels.
Farrington wirkte gelangweilt oder geistig abwesend.
Er schaltete auf das nächste Szenario um. Die Livecam im Zimmer der Engel. Beide Monster schliefen friedlich, verschlungen im Arm des anderen inmitten strahlend weißer Bettlaken.
Das ist es also, dachte Michaels. Er hätte es wissen müssen.
»Eines Tages werden sie mir gehören, Michaels«, sagte der Milliardär mit extrem sanfter Stimme. »Eines Tages werden sie mich lieben.«
»Ich bin sicher, dass Ihnen das vergönnt sein wird«, antwortete der Assistent in Ermangelung einer besseren Antwort. Aber er dachte: Ja, und ich bin mir ganz sicher, Gott schneit jeden Moment zur Tür herein.
Mein Chef ist vollkommen durchgeknallt.
Michaels war bestürzt über die nächste Regung seines Arbeitgebers. Kaum hatte er seinen sarkastischen Gedankengang beendet, musterte Farrington ihn mit einer Art väterlich tadelndem Blick. Kurz darauf kehrte der traurige Ausdruck in seine Augen zurück und sie beschäftigten sich wieder mit dem Geschehen auf dem Monitor.
»Was ist mit unseren beiden Gästen?«
Michaels hasste es, als Überbringer schlechter Neuigkeiten zu dienen, aber noch schien ihm die Situation nicht außer Kontrolle geraten zu sein. »Wir haben Bryant bereits separiert. Und, nun ja, machen Sie sich keine Sorgen, Sir, aber …«
Farrington warf ihm einen weiteren tadelnden Blick zu.
»… der Fotograf hält sich momentan nicht in seinem Zimmer auf.«
»Bitte?«
»Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Er stolpert vermutlich irgendwo betrunken durch die Gegend. Meine Männer sind noch damit beschäftigt, den Priester und das Kind verschwinden zu lassen.«
Es war Michaels’ großes Glück, dass Blicke nicht töten konnten.
»Wir finden den Fotografen«, versicherte der Engländer. »Es wird ihm nicht gelingen, das Haus zu verlassen.«
Farringtons Antwort hörte sich wie das schlimmste aller Omen an. »Das will ich Ihnen auch geraten haben.«
(VII)
Westmore erlangte offensichtlich das Bewusstsein zurück. Er lag neben dem Tisch, eingehüllt in Dunkelheit, und konnte sich zunächst an nichts erinnern. Dann tickten seine Gedanken im Rhythmus der Uhr.
Ein Engel, was?
Sicher war er durch entschieden zu viel Scotch ohnmächtig geworden und hatte das Ganze nur geträumt. Aber selbst in dem matten Mondlicht, das durch die Fenster hereindrang, ließen sich die Blutflecken auf seinem Hemd erkennen. Er war mit dem Kopf voll gegen die Kante des Barschranks geknallt, aber sein Kopf tat überhaupt nicht weh. Er fühlte nach der Wunde, aber da war nicht einmal der kleinste Kratzer.
Er rappelte sich auf, drückte den Beleuchtungsknopf seiner Digitaluhr und sah, dass es 4:12 Uhr morgens war. Er tastete in der Hemdtasche nach einer Zigarette, fand aber nur eine leere Schachtel vor. Vielleicht hat der Engel mir meine restlichen Zigaretten abgezockt, dachte er im Scherz. Aber es gelang ihm nicht, darüber zu lachen. Auf dem makellosen Fliesenboden vor der Tür lag ein Zigarettenstummel, als hätte ihn jemand achtlos dorthin geschnippt.
Was konnte er Bryant erzählen? Nichts. Ich hatte eine Halluzination, ich hatte eine Halluzination. Ich war betrunken. Ich habe mir den Kopf gestoßen und die Narbe muss irgendwo auf meiner Kopfhaut
Weitere Kostenlose Bücher