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Der Teratologe (German Edition)

Der Teratologe (German Edition)

Titel: Der Teratologe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wrath James White , Edward Lee
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zu finden sein. Schließlich habe ich vorhin eine Menge Blut verloren. Und den Zigarettenstummel habe ich vermutlich selbst auf den Boden geschnippt. Es war jedenfalls kein flügelloser Engel im schwarzen T-Shirt, der im Gossenjargon mit mir gesprochen hat. Auf gar keinen Fall!
    Er fühlte sich krank, aber nicht vom Alkohol. Es war sein Herz, das sich krank anfühlte. Ungesunde Schwingungen. Er würde garantiert nicht auf eine kryptische Nachricht reagieren, die aus einer Halluzination mit einem Engel herrührte, aber er hatte trotzdem das Gefühl, etwas tun zu müssen.
    Finde es selbst heraus, hatte die merkwürdige Erscheinung zu ihm gesagt.
    Westmore atmete tief ein, machte versuchsweise einige Schritte, um auszuprobieren, ob er sich auf den Beinen halten konnte, dann ertastete er sich im Dunkeln seinen Weg aus dem Zimmer auf die Treppe zu. Wörter wie Blätter, die durch Regenrinnen geweht wurden, suchten ihn im Obergeschoss heim: ein vermehrter Affront. Das systematisierte Böse. Und: In diesem Haus geht ganz schön kranker Mist ab.
    »Vergiss es, vergiss es«, murmelte er zu sich selbst. »Mach dich einfach nur … auf den Weg zu Bryant.«
    Er wusste nicht genau, warum er Bryant finden musste. Es war eine spontane Eingebung, deren Wurzel vielleicht in Nutzlosigkeit begraben lag. Er fühlte sich ratlos und überflüssig. Und verängstigt. Er traute niemandem auf diesem Planeten wirklich über den Weg – er hatte närrischerweise sein ganzes Leben damit verbracht, den Unzuverlässigen zu vertrauen. An diesem Punkt wusste er nicht einmal, ob er sich selbst trauen konnte, schon gar nicht in stockbesoffenem Zustand.
    Aber er traute seinen Eingebungen. Er traute den Schwingungen.
    »Bryant?« Er sprach ganz leise, als er die Tür zum Schlafzimmer seines Kollegen öffnete und hineinspähte.
    Der Raum glich einem riesigen Durcheinander. Bryant war nicht da.

(VIII)
    »Es war nicht ganz einfach, Sie zu überwältigen.«
    Der Akzent klingelte: Britisch. Bryants Kopf klingelte ebenfalls. Es fühlte sich an, als hätte jemand seinen Kopf mit einem Hammer getroffen. Verdammt … säuerliche Kleckse aus Erinnerungen rutschten wie Galle im Hals immer wieder nach oben. Mehrere Männer, erinnerte er sich. Sie kamen in sein Zimmer, während er schlief.
    »Sie haben uns einen ordentlichen Kampf geliefert«, sagte Michaels und sah zu ihm herunter.
    Bryant sammelte weitere Einzelteile seines Gedankenpuzzles zusammen. Eine Schlägerei. Bei dem Kampf waren mehrere Möbelstücke in sämtliche Einzelteile zersplittert. Ihn hatte man in eine Zwangsjacke gesteckt.
    Und hier saß er nun in einem anderen Raum und konnte sich nicht rühren. Es handelte sich definitiv nicht um das Gästezimmer, das man ihm ursprünglich zugewiesen hatte.
    Er wähnte sich in einer Horrorshow. Überall um ihn herum befanden sich Freaks. Bryant war sprachlos, konnte zunächst nicht glauben, was er sah.
    Ein heller Raum mit gleißenden Scheinwerfern an der Decke. Waren da nicht mehrere Kameras montiert? Es kam ihm beinahe so vor. Und dann gab es da noch merkwürdige … Dinger. Bleiche, zitternde Dinger …
    »Sie befinden sich sozusagen im Mittelpunkt des Geschehens«, erläuterte Michaels. »Von hier aus fordert Mr. Farrington Gott heraus.«
    Bryant dachte, er müsste sich übergeben, als er sich das erste Mal genauer umschaute. Um ihn herum standen mehrere Betten. Auf jedem lag eine verdrehte, nackte Gestalt – irgendein biologischer Unfall. Er brauchte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass es sich bei diesen bedauernswerten Kreaturen um Menschen handelte.
    »Wir beherbergen in diesem Haus Monster, und dies ist sozusagen unser Arbeitszimmer. Aber wir kümmern uns sehr gut um sie – tatsächlich liebt Mr. Farrington jedes von ihnen auf seine ganz eigene Art. Er ist fasziniert vom Imperfekten und seinen Derivaten.«
    Eine gekrümmte, geifernde Frau wurde in einem Rollstuhl hinausgeschoben. Ragten da tatsächlich Hörner oder Spitzen aus ihrem Gesicht? Ihr Kopf sah zerquetscht aus. Auf einem anderen Bett zuckte ein unnatürlich dünner Mann. Er litt offenbar an Muskel- und Gewebeschwund – ein lebendes Skelett. Eine tobende Erektion wippte auf und ab, während er sich wie wild gebärdete. Schließlich hoben Männer in Anzügen auch ihn sanft in einen Rollstuhl und fuhren ihn nach draußen.
    »Was in Gottes Namen tun Sie hier?«, quetschte Bryant endlich heraus.
    »In Gottes Namen – ja. Die Ironie Ihrer Bemerkung werden Sie zu gegebener Zeit sicher noch

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