Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
steckte, sprang zur linken Seite und schnitt Roland Hannah blitzschnell die Kehle durch. Hannahs Körper zuckte im Todeskampf. Er griff sich an die Kehle. Als sein Blut in den Kreis spritzte und eine der beiden Kerzen erlosch, stürzte Mary Longstreet sich auf Gabriel. Byrne warf sich zwischen die beiden, um den Jungen zu schützen. Der Dolch bohrte sich in Byrnes rechte Bauchseite und schlitzte ihn auf. Brennender Schmerz schoss ihm durch den Körper, doch er ließ sich nicht aufhalten. Er griff nach der Hand, in der Mary Longstreet das Messer hielt, und versuchte, sie zur anderen Seite zu drehen.
Inmitten dieses Irrsinns fiel Byrnes Blick auf Jessica, die in ihre Richtung gerannt kam. Byrnes Hände waren blutüberströmt. Die Frau entglitt seinem Griff, drehte sich im Kreis, gewann das Gleichgewicht zurück, stach wie eine Irre auf Jessica ein und fügte ihr dicht über der Kevlarweste eine tiefe Schulterwunde zu.
Nein, dachte Byrne, ehe er zu Boden ging.
Nein.
Als die Dunkelheit ihn verschlang und sein Körper ihm nicht mehr gehorchte, brach im Keller der Kirche ein unvorstellbares Chaos aus. Byrne hörte laute Schüsse. Der Geruch von Schießpulver und Blut hing in der Luft.
Vor seinem geistigen Auge tauchten Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit auf, als er ein kleiner Junge war und diese Mauern mehr Geheimnisse als Antworten bargen.
Dann verlor er das Bewusstsein.
61.
Nach den Schüssen waren Jessicas Ohren wie taub. Sie lag auf dem Rücken, hörte schnelle Schritte, gedämpfte Schreie und Befehle. Mit einiger Mühe wandte sie den Blick zur rechten Seite und sah Roland Hannah mit durchgeschnittener Kehle auf dem Boden liegen. Es bestand kein Zweifel, dass er tot war.
Jessica versuchte sich aufzurichten, aber die Schmerzen waren zu stark. Nur wenige Schritte von ihr entfernt lag Gabriel auf der Seite. Sein Gesicht war voller Blut.
Jessica wusste nicht, wo die Frau sich aufhielt. Doch im Augenblick war etwas anderes wichtiger als alles andere. Inmitten des Rauchs und der allgemeinen Verwirrung entdeckte sie Byrne. Er war blutüberströmt und bewegte sich nicht.
Mit letzter Kraft kroch Jessica über den kalten Steinboden zu ihm und legte zwei Finger auf seinen Hals. Sein Herz schlug noch, aber sein Puls war sehr schwach. Die offene Wunde dampfte, als die kalte Luft über das Blut strich. Jessica spürte, dass die Lebenskraft aus seinem Körper wich.
Sie drückte ihn an sich.
In der Ferne hörte sie Sirenen.
»Halt durch, Partner«, flüsterte sie. »Halt durch.«
Als Jessica die Augen schloss und wartete, hörte sie den Herzschlag der Engel.
62.
Als Christus auf Patmos erschien, einer Insel vor der Küste Griechenlands, beauftragte er seinen Jünger Johannes, die sieben Gemeinden in Asien zu besuchen, und sagte:
»Was du siehst, schreibe in ein Buch und schicke es den sieben Gemeinden: nach Ephesus und nach Smyrna und nach Pergamon und nach Thyatira und nach Sardes und nach Philadelphia und nach Laodecia.
Sieben Kirchen. Sie ist die letzte.
Ruby sitzt auf der letzten Kirchenbank in der St. Gedeon Church, auf demselben Platz, auf dem ihr Sohn vor so vielen Jahren gesessen hat. Sie hält eine Geburtsurkunde in der Hand, die fleckig ist von Blut und Tränen. Jetzt werden sie seinen Namen erfahren.
Gedeon Mark Longstreet.
Er wird nicht mehr der Junge in dem roten Mantel sein. Jetzt braucht niemand mehr zu rätseln, wer er war. Als er an jenem Tag in der Klinik in Doylestown starb, hatte sie den kleinen Leichnam aus dem Totenbett genommen und war mit ihm nach Philadelphia gefahren. Sie brachte ihn in diese Kirche, die den Namen seines Schutzpatrons trug.
In jener Nacht saß sie in der Dunkelheit und nähte den Mantel aus dem Priestergewand des Predigers. Carson Tatum hatte ihr das Gewand besorgt, und sie versprach ihm, es eines Tages zurückzugeben. Sie hatte ausdrücklich um das rote Gewand gebeten, das das Feuer des Heiligen Geistes symbolisierte.
Ihr Blut breitet sich auf dem weißen Gewand aus. Im Schimmer dieser letzten Abenddämmerung sieht sie die Männer, die sich langsam nähern, mit erhobenen Waffen. Sie kommen zu spät.
Sie senkt den Blick, schaut auf die Schusswunde in ihrer Brust.
Es ist Zeit.
Mary Elizabeth Longstreet schließt die Augen und spürt – so wie ihr Sohn vor vielen, vielen Jahren –, wie tiefer Frieden ihr Inneres erfüllt, als sie ins Jenseits hinübergleitet.
O FFENBARUNG
V ERGEBT , SO WIRD EUCH VERGEBEN .
L UKAS 6,37
Wenn du dich recht erinnerst,
Weitere Kostenlose Bücher