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Der Teufel in Frankreich

Der Teufel in Frankreich

Titel: Der Teufel in Frankreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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zwanzigster, ein ich weiß nicht wievielter. Sie trugen die Aufschrift: »Acht Pferde oder vierzig Mann.« Sie sahen ungeheuer ramponiert aus. Aber trotzdem war es ein Zug, er stand auf Schienen, die Schienen führten weiter, führten fort aus dem Bereich der Nazi-Truppen, führten in die Sicherheit. Während ich, schnaufend, stolpernd, schweißüberströmt, von den Soldaten gehetzt, die Wagen entlanghastete, dachte ich: Dieses letzte Stückchen noch, dann bist du im Wagen, dann bist du in Sicherheit.
    Und dann erreichten wir den Wagen, der uns bestimmt war. »Hinein«, hieß es, »Allez hop«, hieß es. Das war leicht gesagt. Wie denn, allez hop? Der Wagen war furchtbar hoch und hatte keine Treppe. Doch dann erkletterten einige Gewandte das Chassis, jeder half jedem, man hob und schob das Gepäck hinein. Kräftige Hände streckten sich auch mir entgegen, kräftige Arme stützten mich von unten, von hinten, und dann war ich im Innern des Wagens.
    Es waren vier Wände, sonst nichts. Eine Luke war an der Längswand rechts vorn, eine zweite links hinten. Viel Licht kam da wohl nicht herein. Doch vorläufig schien noch die helle Sonne durch die große, breite, offene Schiebetür, und das Ganze sah eigentlich gar nicht unangenehm aus. Wir waren einige dreißig, der Wagen war kahl, abgenutzt, doch geräumig.
    Man diskutierte über die Unterbringung des Gepäcks. Soll man es in der Mitte zusammenstellen oder die Wände entlang bauen? Auf alle Fälle müssen die einzelnen Gepäckstücke kunstvoll übereinander und ineinander gestapelt werden, wenn nichts von dem kostbaren Raum verlorengehen soll. Ist ein Gepäckstück einmal verstaut, dann wird man es nur im äußersten Notfall wieder aus dem mühsam errichteten Haufen herausreißen dürfen.
    Es gab Meinungsverschiedenheit, erbitterte Debat ten, aber nachdem das Gepäck einmal zusammengestellt war, beruhigte man sich rasch, und alle waren angeregt, ja vergnügt. Sonne strömte herein. Man setzte oder legte sich auf den Boden, einer, ein dicker junger Mensch, ein Holländer, hatte sogar sein Klappstühlchen eingeschmuggelt. Da also waren wir in unserm Zug, und in einer halben Stunde oder spätestens in einer Stunde wird sich der Wagen in Bewegung setzen und uns fortbringen aus der Gefahr, aus dem Bereich des Feindes.
    Ein bitterer Tropfen war in unserer Freude, der Gedanke an Hasenclever.
    Der Zug füllte sich. Mit Besorgnis sahen wir, wie sehr er sich füllte. Wieviele sind in unserm Wagen? Wir waren fünfunddreißig. Wachsoldaten werden wir sicher auch noch hereinkriegen. Wir werden sagen, wir seien zweiundvierzig.
    Schon schrien Sergeanten von außen: »Wieviele seid ihr hier?« – »Fünfundvierzig«, sagten wir und schlossen vorsichtshalber die Tür. Damit hatten wir die Sonne ausgesperrt, und unser Wagen war auf einmal ein finsterer Käfig. »Wieviele seid ihr?« schrie es schon wieder von außen, und »Tür auf« kommandierte es, und ein Sergeant kam herein und zählte ab. »Noch zehn Mann hier herein«, kommandierte er. Wir protestierten verzweifelt. Vergebens. Schon kletterten die zehn herein. Sie machten verstörte Gesichter. Wir sträubten uns, wir ließen nur sieben oder acht ein, wir wehrten uns handgreiflich, es ging einfach nicht, es gingen nicht mehr Leute herein. »Es ist zuviel Gepäck in diesem Wagen«, erklärte ein schwitzender, zorniger Offizier. »Hinaus mit dem Gepäck«, befahl er. Alle protestierten. Es war wirklich nur das Notwendigste. Für viele war es die letzte Habe. Sie hatten mitgeschleppt, was sie noch besaßen, zwei Anzüge, zwei paar Stiefel. Aber da half nun nichts, sie mußten es preisgeben. »Hinaus mit dem Gepäck«, schrie der Offizier. »Wollt ihr, daß eure Kameraden hierbleiben und verrecken, damit ihr euren Dreck mitschleppen könnt?«
    Unter Gejammer, Geschrei, Gefluche wurde Gepäck hinausgeworfen, um jedes Stück erhob sich Streit, ob es hinaus müsse oder bleiben dürfe. Und dann, als wir schließlich aneinandergepreßt dastanden, irrten immer noch welche vor dem Zug herum, die nicht untergebracht werden konnten, und dann kamen zwei algerische Soldaten herein, Araber, in Turban, unsere Wachen, und nahmen auch noch Platz weg. Und noch immer irrten draußen welche herum, und nochmals erkletterte ein Offizier das Chassis. Er konnte nicht herein, er hielt sich draußen am Gestänge fest. Aber: »Drei Mann noch hier herein«, befahl er. »Es geht nicht mehr«, schrien wir zurück, verzweifelt. »Es muß gehen«, kommandierte er,

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