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Der Teufel in Frankreich

Der Teufel in Frankreich

Titel: Der Teufel in Frankreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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hörte mich ungeduldig an, es gab viel zu tun. »Ja, ja«, sagte er, »ich weiß schon, dieser Schriftsteller.« Ich sagte: »Wir können ihn nicht hier zurücklassen. Wir können ihn nicht in die Hände der Nazis fallen lassen. Wir müssen ihn mitnehmen.« Der Kommandant sagte: »Das steht nicht bei Ihnen und nicht bei mir. Ob er transportfähig ist, das zu entscheiden ist die Sache des Arztes.«
    Ich ging wieder zurück zu meiner Gruppe. Wir warteten. Dann ereignete sich etwas Großes. Der Zug war da. Auf einmal war er da, man konnte ihn sehen. Von der gleichen Stelle aus, von der man gestern die paar Waggons hatte erraten können, konnte man auch heute Waggonartiges erblicken. Aber diesmal war es unser Zug. Unsere Wachsoldaten hatten ihn gesehen, sie hat ten bereits mit unsern neuen Wachmannschaften gesprochen, die mit dem Zug gekommen waren. Alle starrten wir uns die Augen aus dem Kopf, das Waggonähnliche zu sichten. Das war er, der Zug, der lang erwartete, unser Zug.
    Dann warteten wir weiter. Aber es war kein unangenehmes Warten mehr. Es war erst sieben Uhr früh und somit sicher, daß wir wirklich um elf Uhr abfahren würden, wie es der Kommandant in seinem Anschlag versprochen hatte.
    Jetzt noch mehr als vorher fragte und redete man auf mich ein. Da kam etwa einer, und: »Sagen Sie ernstlich«, drängte er in mich, »ist es nicht doch besser, ich bleibe zurück? Warum sollten mir die Nazis etwas tun? Bloß weil ich ein kleines Weißwarengeschäft in Nice habe und Gustav Kohn heiße? Was für ein Interesse soll schon Hitler an mir haben? Meinen Sie nicht doch, ich soll bleiben?« Und ein anderer beschwor mich: »Sie müssen sogleich noch einmal zum Kommandanten und ihm sagen, daß der Zug schnell fährt. Es heißt, wir sollen vier oder fünf Tage unterwegs bleiben. Dann hat ja das Ganze keinen Sinn. Dann kriegt er uns ja doch, der Hitler. Gehen Sie gleich zum Kommandanten und sagen Sie ihm, daß der Zug schnell fährt.«
    Daß wir vier oder fünf Tage würden unterwegs bleiben müssen, schloß man aus der Quantität des verteilten Proviants, es wurden nämlich Konserven, Käse, Schokolade, Brot in Mengen verteilt, man hatte offenbar eine lange Reise vor sich.
    Ich ging wieder in die Krankenbaracke und fragte den französischen Arzt, ob Hasenclever transportfähig sei. Der Arzt erwiderte, der Stabsarzt, der die endgültige Entscheidung zu treffen habe, sei noch nicht da. Er selber glaube nicht, daß der Kranke transportfähig sei.
    Ich ging zurück zum Kommandanten. »Der Arzt meint«, sagte ich bedrückt, »er sei nicht transportfähig.«
    »Ich sagte es Ihnen ja«, antwortete der Kommandant und schlug mit der Reitgerte gegen seine Beine. »Was soll geschehen, Herr Kapitän?« fragte ich. »Wir können ihn so nicht zurücklassen.« – »Was halten Sie eigentlich von uns?« fragte der Kommandant. »Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort als französischer Offizier: der Mann fällt nicht in die Hand der Nazis. Wenn es nicht anders geht, dann stecken wir ihm die Papiere eines gefallenen französischen Soldaten in die Tasche.«

    Dann, gegen zehn Uhr, war es soweit. »Vorwärts marsch«, hieß es, und die erste Abteilung zog ab. In Abteilungen von je zweihundert Mann wurden wir an den Bahnhof gebracht, der unmittelbar neben dem Lager war und von wo aus ursprünglich wohl die Ziegel verfrachtet worden waren.
    Ich gehörte zur zweiten Abteilung. Mein Karl war wieder von mir getrennt, ich hatte mein Gepäck selber zu schleppen. Es war nur eine kleine Viertelstunde, aber es war heiß, ich bin nicht geschickt im Tragen von Gepäck, bald war ich der letzte meiner Abteilung. Die Wachsoldaten, die uns geleiteten, trieben zur Eile. »Allez hop«, kommandierten sie, sowie ich den Koffer niedersetzte. Mein Nachbar, der Saarländer, der Mechaniker, nahm meine Not wahr und wollte mir helfen; aber er hatte selber zu schleppen. Der Schweiß strömte mir übers Gesicht, über die Brille, so daß ich nicht recht sah; zudem war es furchtbar staubig. Ich stolperte über die Schienen, ich schnaufte, ich versuchte mit dem Ärmel mir den Schweiß abzuwischen. Der Weg in die Sicherheit war schwer von den ersten Schritten an.
    Dann aber sah ich ihn, den Zug. Da stand er vor uns, in unmittelbarer Nähe. Es war ein langer Zug; wie lang, das merkte ich, als ich mein Gepäck alle die Wagen entlangschleppte. Da waren zunächst Personenwagen, einige wenige, uralte, ausrangierte. Dann kamen Frachtwagen, einer und noch einer und ein zehnter, ein

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