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Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
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worum wir Sie bitten?“
    Erik betrachtete das Glas in seiner Hand. In seinem Kopf arbeiteten die Gedanken unablässig. Seine Alternativen schabten krachend und knirschend aneinander wie Mühlräder. Schließlich wurde ihm klar, dass ihm nur zwei Möglichkeiten blieben. Er konnte davonlaufen, oder er konnte bleiben und tun, was sie von ihm verlangten. Du bist dein ganzes Leben lang davongelaufen , dachte er. Glaubst du nicht auch, dass es an der Zeit ist, stehen zu bleiben, dich umzudrehen und herauszufinden, wovor du wegläufst? Und wenn du es dann weißt, vielleicht sogar dagegen anzukämpfen?
    Er wartete darauf, dass die Stimme seines Vaters das Innere seines Kopfes füllte und ihm sagte, was für ein Jämmerling, Feigling, Schwächling er war. Doch sein Vater blieb stumm. Aber was, wenn ich bleibe? , fragte er sich. Was könnte ich schon ausrichten?
     
    „Sie könnten eine Menge ausrichten“, sagte Gutenberg.
    Erik wurde bewusst, dass er erneut laut gesprochen hatte. Er spürte die Röte brennend heiß auf seinem Gesicht. „Aber wie?“, rief er. „Was erwarten Sie von mir?“
    „Sie sollen keine Risiken eingehen“, sagte Karl Wagner. „Halten Sie einfach Augen und Ohren offen. Stellen Sie hier und da ein paar beiläufige Fragen. Sollte sich ein Anhaltspunkt ergeben, kontaktieren Sie uns.“ Wagner reichte ihm einen Zettel. Zwei Telefonnummern standen darauf.
    „Beiläufige Fragen?“ Erik stieß ein Schnauben aus. „Zum Beispiel: Hey Leute, wer von euch hat seine Kinder in den Gletscher geworfen?“
    Gutenberg verzog das Gesicht. „Sarkasmus ist unangebracht, Herr Strauss.“
    Erik erwiderte seinen Blick, dann nickte er. Er steckte den Zettel in seine Tasche und atmete tief durch.
    „ Finden Sie zunächst heraus, ob es wirklich stimmt. Wir stützen uns hier auf bloße Vermutungen.“
    „Ich weiß“, sagte Erik. „Aber lassen Sie uns den Gedanken mal weiterspinnen. Wo landen wir dann? Bei systematischem Kindsmord! Glauben Sie ernsthaft, die bringen ihre Kinder um? Niemand bringt seine Kinder um!“
    „Nein. Normalerweise nicht.“ Karl Wagners stechende Augen fixierten Erik. „Aber Sie selbst glauben doch auch, dass dort oben merkwürdige Dinge vorgehen. Wissen Sie, warum keiner mehr dort hochfährt, außer dem Postmann?“
    „Nein, das weiß ich nicht.“
    „Weil die Leute hier das Gefühl haben, dass etwas in diesem Dorf ganz und gar nicht stimmt. Und das liegt nicht nur an dem verfluchten Gletscherüberhang, der allen eine Scheißangst einjagt. Es gibt Leute hier, die Stein und Bein schwören, dass dort oben der Teufel umgeht.“
    „Die Volksseele nährt sich am Aberglauben“, sagte Gutenberg und machte eine abwertende Handbewegung.
    „Und was glauben Sie?“, fragte Erik.
    „Ich?“ Gutenberg lachte. „Ich glaube , dass morgen die Sonne wieder aufgehen wird. Und das ist auch schon alles. Ich ziehe Wissen dem Glauben vor.“
    Schließlich nickte Erik. „In Ordnung. Ich werde Ihnen helfen, so gut ich kann.“
    Wagner klopfte ihm auf die Schulter.
    „Danke“, sagte Gutenberg. „Eine mutige Entscheidung. Und eine gute. Haben Sie dort oben irgendjemanden, dem Sie vertrauen? Jemanden, auf den Sie sich verlassen können?“
    Erik schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht“, sagte er. „Lothar Brant scheint ein anständiger Kerl zu sein.“
    „Aha. Der Bürgermeister?“
    „Er ist nur formell der Bürgermeister. Das Sagen haben Angerer und der Pfarrer.“
    „Was lässt Sie glauben, Sie könnten ihm vertrauen?“
    „Ich weiß nicht. Er scheint einfach anders zu sein.“
    „Werden Sie ihn von unserem Verdacht in Kenntnis setzen?“
    „Sollte ich das denn? Ich habe ihn nach Cornelius Piel gefragt. Er hat mich rausgeworfen.“
    „ Und sonst ist nichts passiert? Keine weiteren Konsequenzen?“
    Erik schüttelte den Kopf.
    „Dann versuchen Sie es!“, sagte Wagner. „Sie brauchen dort oben einen Verbündeten. Aber achten Sie genau darauf, wie er reagiert. Wenigstens wissen Sie dann, woran Sie sind.“
    Sie saßen noch eine Stunde am Kamin und besprachen das weitere Vorgehen. Während die Flammen herunterbrannten, fühlte Erik eine tiefe Müdigkeit in seine Knochen sickern. Der Weinbrand machte ihn schläfrig. Der Schmerz in seinem Ohr war zu einem stumpfen Druck abgeflaut, so als wären sein e Nervenenden in Watte gepackt.
    Schließlich stand Karl Wagner auf und verabschiedete sich. Er reichte Erik die Hand. „Alles Gute, Herr Strauss. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihren

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