Der Teufel in Thannsüß (German Edition)
Nachforschungen.“
„Den wünsche ich Ihnen auch“, sagte Erik. „Gute Nacht.“
Wagner drückte Eriks Hand fester. „Ich werde mich nach Ihrem Vater erkundigen. Sie haben mein Wort.“
Wenig später gingen auch Erik und Doktor Gutenberg zu Bett. Erik schloss die Tür des Gästezimmers hinter sich und wartete, bis Gutenbergs Schritte sich entfernt hatten. Er konnte lange nicht einschlafen, weil die Gedanken in seinem Kopf sich um sich selbst drehten, als wären sie in einem riesigen Strudel gefangen. Wieder und wieder fragte er sich, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte. In seinem Bein hatte ein leises, regelmäßiges Pochen eingesetzt. Er spürte, dass ein Wetterumschwung bevorstand. Der goldene Oktober war vorbei, und bald würde der Schnee kommen.
Irgendwann wurde der Strudel seiner Gedanken langsamer und kam schließlich zum Stillstand, und Erik ließ sich dankbar in die dunklen, ruhigen Fluten fallen. Später kam Marie zu ihm, und sie blieb an seiner Seite, bis er erwachte.
Kapitel 32
Am nächsten Morgen hatte Xaver Wredes Zustand sich gebessert. Er war ansprechbar, wirkte aber mürrisch und abwesend und antwortete einsilbig auf Doktor Gutenbergs Fragen. Seine Temperatur war mit 39 Grad Celsius noch immer erhöht, aber längst nicht mehr lebensbedrohlich. Der rote Strich auf seinem Arm war verblasst und hatte sich fast vollständig zurückgezogen. Doktor Gutenberg untersuchte die Wunde. Die Entzündung war im Vergleich zum Vorabend deutlich abgeklungen. Er säuberte die Wunde von dem wenigen Eiter, der sich neu gebildet hatte, und desinfizierte sie. Dann legte er einen frischen Verband an. „Herzlichen Glückwunsch, Herr Wrede“, sagte er. „Sie werden Ihre Hand wohl noch eine Weile behalten.“
Xaver Wrede sah zur Seite und erwiderte nichts.
„Aha. Sollte die Entzündung wieder schlimmer werden, kommen Sie sofort zu mir.“ Gutenberg verabreichte Xaver Wrede eine weitere Ampulle Penicillin. „Auch wenn das Fieber wieder steigt, hören Sie?“
Xaver Wrede nickte missmutig, sagte aber nichts.
„Nehmen Sie diese Tabletten.“ Gutenberg reichte Wrede ein kleines Glas. „Sie sind entzündungshemmend. Nehmen Sie eine morgens und eine abends, jeweils mit einem Glas Wasser. Dann sollten Sie die Woche gut überstehen. Falls nicht, wissen Sie ja, wo Sie mich finden.“
Xaver Wrede nahm die Tabletten wortlos entgegen.
Gutenberg betrachtete ihn stirnrunzelnd. Schließlich stand er auf. „Wir sind dann hier fertig.“
Wrede erhob sich erschöpft. Er lehnte die Hilfe, die Erik und Doktor Gutenberg ihm anboten, barsch ab. Auf dem Weg nach draußen hangelte er sich von Wand zu Wand und blieb immer wieder schwer atmend stehen. Gutenberg zuckte mit den Schultern. Ein spöttisches Lächeln umspielte seine Lippen.
Als Wrede schließlich auf dem Beifahrersitz des VW Käfer Platz genommen hatte, schlug Erik mit einem Seufzer die Tür hinter ihm zu und drehte sich zu Gutenberg um. „Entschuldigen Sie, Doktor. Er ist ein alter Sturkopf.“
Gutenberg schob seine Brille mit dem Zeigefinger den Nasenrücken hinauf. „Darüber lässt sich sicher streiten. Der Begriff ‚alter Sturkopf’ impliziert Sympathie. Ich jedoch empfinde keine Sympathie für diesen Mann. Ich halte ihn für gefährlich. Nehmen Sie sich vor ihm in Acht.“
„Er hat mir das Leben gerettet.“
„Vielleicht tue ich ihm Unrecht. Es ist nur so ein Gefühl.“
„Ich komme schon zurecht. Jedenfalls danke ich Ihnen für alles, was Sie getan haben.“ Er reichte Gutenberg die Hand. Der Arzt ergriff sie und hielt sie fest. Dann sah er ihm prüfend in die Augen. „Ich möchte Sie nicht eines Tages aus einem der Schübe da unten ziehen, Herr Strauss. Also passen Sie auf sich auf.“
„Das werde ich. “ Erik drückte Gutenbergs Hand.
„ Sie sollten jetzt Ihren Patienten nach Hause bringen. Er wirkt schon ganz ungeduldig.“
„Er ist immer ungedu ldig. Es liegt in seiner Natur.“
„Melden Sie sich per Telefon bei mir. Jeden Tag.“
„Ich weiß nicht, ob ich das hinbekomme. Der Strom … und Kathi Brechenmacher ist sehr misstrauisch.“
„Versuchen Sie es.“ Gutenberg kniff die Augen zusammen und beugte sich nach vorn. „Wenn ich zwei Tage lang nichts von Ihnen höre, komme ich hoch und hole Sie, verstanden?“
Erik verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. „Wiedersehen, Doktor.“
„Wir bleiben in Kontakt, Herr Strauss.“
Erik stieg ein und fuhr los. Bald hatten sie die Ortsgrenze von Bruch hinter sich
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