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Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
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ab und lehnte sich gegen das Lehrerpult. Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich höre ja gar nichts“, sagte er. „Ein schlechter Start. Versuchen wir es lieber noch einmal.“
    Er ging hinaus und betrat den Klassenraum wenige Sekunden später erneut. Er trat vor die Tafel, wie beim ersten Mal, und sagte mit lauter, fester Stimme: „Guten Morgen!“.
    Diesmal erwiderten die Schüler seinen Gruß. Ihr Murmeln klang wie ein sanfter Windstoß, der durch trockenes Laub fährt.
    Erik nickte langsam. „Na also“, sagte er und blickte von einem Schüler zum anderen. „Es geht doch. Für einen Moment dachte ich, ihr wärt stumm.“
    Er schrieb seinen Namen an die Tafel und wandte sich der Klasse zu. „Mein Name ist Erik Strauss. Ich bin hier, um euch zu unterrichten. Der Unterricht findet montags bis samstags von acht bis 13 Uhr statt. Ich erwarte von euch, dass ihr euch anstrengt und ordentlich mitarbeitet. Wer etwas zu sagen hat, meldet sich und wartet, bis er aufgerufen wird. Macht eure Hausaufgaben, seid pünktlich, stört nicht. Ist das soweit klar?“
    Er ließ seinen Blick über die Reihen der Schüler schweifen. Sie starrten stumm zurück. In der letzten Reihe unweit des Ofens entdeckte Erik Felix Sonnleitners zurückgebliebenen Sohn Albert. Der Junge sah unbewegt zum Fenster hinaus. Ein dünner Speichelfaden hing aus seinem Mundwinkel.
    „Ich werte euer Schweigen als Zustimmung“, sagte Erik. „Das ist gut. Denn dann werden wir das hier“, er ließ die Knute einmal durch die Luft zischen, so dass sie mit einem Klatschen auf dem Pult aufschlug, „hoffentlich gar nicht brauchen.“ Er lächelte und legte die Knute beiseite. „Hat jemand eine Frage, bevor wir anfangen?“
    Eines der älteren Mädchen meldete sich. Erik nickte ihr aufmunternd zu. „Ja? Wie heißt du?“
    „Cordula.“
    „Schön, Cordula. Was möchtest du wissen?“
    „Was ist mit Ihrem Ohr passiert?“
    Erik rang sich ein Lächeln ab. „Ich hatte einen kleinen Unfall.“
    „Warum kann uns nicht der Herr Pfarrer unterrichten?“, fragte das Mädchen.
    „Er ist krank“, sagte Erik.
    Ein Junge meldete sich. Erik deutete mit der Hand auf ihn. „Ja? Sag deinen Namen.“
    „Markus.“
    „Gut. Stell deine Frage, Markus.“
    „Warum sind Sie hier?“
    „Was?“ Erik schüttelte irritiert den Kopf. „Was ist das denn für eine Frage?“
    „Was wollen Sie hier bei uns? In Thannsüß.“
    „Ich möchte euch etwas beibringen.“
    „Aber warum hier?“, beharrte der Junge leise.
    Erik räusperte sich. „Nach meiner Zeit in München wollte ich etwas ganz Neues machen. Mal etwas ganz anderes ausprobieren, versteht ihr?“
    „Vater sagt, Sie mussten hierher kommen, weil Sie nirgendwo anders mehr eine Anstellung bekommen haben.“ Der Junge sah ihn herausfordernd an.
    Ein andere r Junge ergriff das Wort. „Mein Vater sagt, Sie sind an Ihrer alten Schule rausgeflogen. Und Benedikt sagt, Sie gehören nicht hierher!“
    Zustimmendes Gemurmel brandete durch den Klassenraum. Erik starrte den Jungen überrascht an. Die Angriffe der Schüler trafen ihn unvorbereitet. Er wusste, dass er jetzt einschreiten musste, ehe die Situation völlig aus dem Ruder lief. Mit einigen schnellen Schritten lief er zum Platz des Schülers. Er knallte die Knute mit voller Wucht auf sein Pult. Der Junge zuckte zurück.
    „Wie heißt du?“, rief Erik.
    „Hermann“, sagte der Junge mit zitternder Stimme.
    „Wenn du etwas zu sagen hast, Hermann, meldest du dich, so wie alle anderen auch. Ist das klar?“
    „Ja“, flüsterte Hermann.
    „Und wenn dein Vater oder Benedikt mir etwas zu sagen haben, dann sollen sie das gefälligst persönlich tun. Auge in Auge, wie sich das gehört. Hast du das verstanden?“
    „Ja.“
    Erik fixierte den Jungen so lange, bis dieser die Augen auf sein Pult richtete und nicht mehr aufzublicken wagte.
    Dann ging er langsam zurück zur Tafel. Im Klassenraum war es totenstill.
    „Hat sonst noch jemand etwas zu sagen?“, fragte Erik.
    In der letzten Reihe meldete sich ein blondes Mädchen, dessen blasses Geicht mit Sommersprossen übersät war. Erik kannte das Mädchen. Sie war Konrad Kleinschmidts Tochter. Neben ihr saß ihr Bruder Michael. Die Ähnlichkeit der Beiden erstaunte ihn jedes Mal aufs Neue.
    Erik lächelte sie an. „Silvia, richtig?“
    Silvia nickte ernst. Ihre Finger tasteten die Kante des Schreibpultes ab, so als wäre die richtige Formulierung für das, was sie zu sagen hatte, in der Maserung des Holzes

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