Der Teufel in Thannsüß (German Edition)
machen Sie sich keine Vorwürfe. Agathe ist hart im Nehmen. Nicht wahr, Benedikt?“
Angerer stieß ein zustimmendes Grunzen aus.
„Versprechen Sie mir, sich nicht den Kopf über das zu zerbrechen, was eben passiert ist“, fuhr der Pfarrer fort. „Es war einer ihrer Anfälle, nicht mehr.“
„Ich hoffe nur, sie wird schnell wieder gesund“, sagte Erik.
Benedikt sah ihn seltsam an. „Keine Sorge, das wird sie“, sagte er schließlich. „Ganz bestimmt wird sie das.“
„Vielleicht solltest du das Fest verschieben, Benedikt“, schlug der Pfarrer vorsichtig vor.
Benedikt warf ihm einen abschätzenden Blick zu. „Denk nicht mal daran, Thomas“, sagte er dann. „Sie wird wieder gesund! Also los jetzt. Ich will keine Widerrede hören.“ Er legte eine Hand auf Agathes bleiche Stirn, wandte sich dann abrupt ab und ging mit schnellen Schritten auf die Tür zu. Als er sie fast erreicht hatte, drehte er sich noch einmal zu Erik und dem Pfarrer um. „Ich will fröhliche Gesichter sehen, klar? Ihr könnt eure Trauerminen jetzt ablegen. Das hier ist keine verdammte Beerdigung!“
Kapitel 10
Sie traten hinaus auf den Hof. Die Musik setzte wieder ein, und bald schien der Vorfall vergessen zu sein. Benedikt geleitete Erik und den Pfarrer zu einem Tisch in der Nähe der Auffahrt. Unter dem herbstlichen Blätterdach eines Birnbaums ließen sie sich auf einer Holzbank nieder.
Benedikt erhob seinen Krug, und Erik und der Pfarrer stießen mit ihm an. Das Bier war dunkel und kalt und sehr süffig. Lothar Brant stellte eine Flasche Obstler und einige Gläser auf dem Tisch ab. Er ließ sich neben Benedikt auf die Bank fallen. „Eine Prachtsau servierst du uns heute, Benedikt. Eine wahre Prachtsau!“
Als sich ein Pferdefuhrwerk der Auffahrt näherte, stand Benedikt auf. „Da kommt Konrad. Endlich. Ich dachte schon, der Kerl lässt uns verdursten.“ Zwei riesige hölzerne Bierfässer wurden abgeladen und über den Hof in die Küche gerollt.
„Konrad, willkommen!“ Benedikt winkte dem Mann auf dem Bock zu. Der grüßte zurück und sprang ab. Konrad kam mit weit ausholenden, federnden Schritten die Einfahrt hinauf. Er war groß , sogar etwas größer als Benedikt, aber sehr schlank, und hatte kräftige Arme und Schultern. Sein blondes Haar war kurz geschoren, aus seinem geröteten Gesicht leuchteten zwei himmelblaue Augen. Er brauchte nur wenige Schritte, um ihren Tisch zu erreichen. Er warf ein Lächeln in die Runde und klopfte dreimal mit den Fingerknöcheln auf die Tischplatte. „Die Herren“, sagte er mit einem Nicken. Die anderen klopften ebenfalls auf den Tisch, um seinen Gruß zu erwidern.
„Schön, dass du es geschafft hast, Konrad“, sagte der Pfarrer. „Benedikt hat sich schon Sorgen gemacht. Nicht direkt um dich, aber um das Bier.“ Er stellte Erik als den neuen Lehrer vor, und Konrad schüttelte ihm die Hand.
„ Freut mich sehr, Herr Strauss. Immer schön, ein neues Gesicht hier oben zu sehen. Ich bin Konrad, der Schmied“, sagte er. „Ich stelle alles her, was man aus Metall machen kann. Alles. Also wenn Sie etwas brauchen, sagen Sie einfach Bescheid.“ Er lächelte in die Runde. „Ich selbst brauche jetzt erst einmal ein Bier, also entschuldigt mich bitte.“
Wenig später traf Xaver Wrede ein. Der Zimmermann bedachte Erik mit einem finsteren Blick, ehe er weiterzog. Erik war froh, seine vernarbte Visage nicht länger ertragen zu müssen. Aus einem unbestimmten Grund jagte Wrede ihm Angst ein. Erik wurde sämtlichen Gästen vorgestellt, hatte ihre Namen aber im nächsten Moment wieder vergessen. Er stand nicht gerne im Mittelpunkt, und die Aufmerksamkeit, die ihm zuteilwurde, war ihm unangenehm. Es war einfach zu viel für einen Tag. Während sie auf das Essen warteten, erzählte der Pfarrer den anderen von ihrem Spaziergang durchs Dorf.
„Hat Thomas Ihnen gesagt, dass er die komplette Kirche mit seinen eigenen Händen aufgebaut hat?“, fragte Benedikt.
Erik zog die Augenbrauen hoch. „Ist das wahr?“
„Damals war ich noch ein junger Mann.“ Der Pfarrer lächelte verlegen. „ Ach, was soll’s.“ Sein Lächeln wurde breiter. „Ich war stark, und ich hatte Talent. Ja, ich habe sie selbst gebaut, im Jahre 1910.“
„Es gibt keinen Stein in ihren Mauern, den er nicht selbst in seinen Händen gehalten hätte!“, rief Benedikt.
„Die Kirche muss Ihnen viel bedeuten“, sagte Erik.
„Das Beste hat er Ihnen noch gar nicht erzählt!“ Benedikt schlug mit der flachen Hand
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