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Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
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Ihr Verhalten irritierte ihn.
    Wrede zuckte mit den Schultern. „Was weiß ich. Schätze, sie mag Sie einfach nicht.“
    Erik wandte sich mit einem Seufzer ab. Zu seinem Erstaunen fügte Xaver Wrede hinzu: „Nehmen Sie’s nicht so schwer. Ich glaube, Arco mag Sie. Er hat nur einmal gebellt.“
    Sie kamen gut voran, und am Dienstagabend stellten sie den Fußboden fertig. Der harzige Geruch frischen Holzes erfüllte das Zimmer, und der faulige Gestank verflog mehr und mehr, bis Erik ihn schließlich gar nicht mehr wahrnahm.
     
    Am Mittwoch begannen sie mit der Erneuerung der Wände. Nach dem Mittagessen kam Konrad vorbei und reparierte den umgestürzten Ofen. Er brauchte dafür nicht einmal drei Stunden. Danach half er ihnen, die von Wasserflecken und Schimmel geschwärzte Verkleidung von den Wänden zu reißen.
    Als sie fertig waren, setzten sie sich in den Obstgarten hinter dem Pfarrhaus, genossen den Ausblick über das Tal und tranken kühles Bier aus Steinkrügen, während ihr Schweiß in der milden Abendluft trocknete. Die erfolgreiche Arbeit erfüllte Erik mit Zufriedenheit, die an Euphorie grenzte. Zum ersten Mal kam ein Gefühl von Heimat in ihm auf. „Wir sind gut vorangekommen“, sagte er.
    Wrede verzog den Mund. Es dauerte einen Augenblick, bis Erik registrierte, dass er lächelte. „Das war gar nicht so schlecht, Herr Lehrer. Sie leisten gute Arbeit.“
    „Danke“, sagte Erik.
    „Wenn wir in dem Tempo weitermachen, brauchen wir noch drei oder vier Tage, mehr nicht.“
    Sie hoben die Krüge und tranken. Dann schwiegen sie für eine Weile und genossen die Aussicht ins Tal.
    „Ein Bier geht noch.“ Xaver Wrede holte drei beschlagene Flaschen Bier aus dem Korb, den Anna aus der Küche gebracht hatte, und stellte sie auf den Tisch.
    Das ist das Vernünftigste, was du heute den ganzen Tag über gesagt hast, Rübezahl, altes Haus , dachte Erik.
    Eine sanfte Brise strich raschelnd durch die Blätter der Obstbäume, und irgendwo hoch über ihnen verlor sich ein langgezogener Seufzer in den Eiskanälen des Gletschers.
     
    Später saß Erik am Esstisch des Gästehauses und schrieb im Schein der Petroleumlampe einen Brief an Marie. Er schrieb ihr, wie sehr er sie vermisste und dass er jeden Tag an sie dachte. Er berichtete von der Renovierung des Klassenraums und dem guten Gefühl, das ihm die Arbeit jeden Tag gab. Er erzählte ihr vom Pfarrer, der in letzter Zeit noch kränklicher als sonst wirkte, und dass er den Alten wirklich mochte. Er ist schon jetzt mehr Vater für mich, als mein eigener es jemals war, dachte er, aber er schrieb es nicht auf. Er schrieb Marie auch nichts von den seltsamen Träumen, die ihn seit einigen Tagen plagten, und er schrieb ihr nichts von Cornelius Piel. Obwohl er bei seinen zahlreichen Spaziergängen und den gelegentlichen abendlichen Besuchen in der Dorfschänke stets Augen und Ohren offen hielt, war er keinen Schritt weitergekommen. Es war, als hätte sich die Erde aufgetan und Piel verschluckt.
    Er ik schickte Küsse für Marie und das Baby. Dann hatte er eine Idee, stand auf und suchte nach seiner Straßenkarte. Er trug den Standort des alten Brunnens und den Weg nach Thannsüß auf der Karte ein und steckte sie zusammen mit dem Brief in den Umschlag.
    Nach einer Weile kam Anna herein, um ihm einen Teller Suppe , einen halben Laib frisches Brot und einen Krug Wein zu bringen. Er dankte ihr und aß mit Heißhunger. Dann setzte er sich vor den Kamin, schenkte sich ein Glas Wein ein und rauchte eine Zigarette. Das Essen und die Wärme machten ihn schläfrig.
     
    Mitten in der Nacht erwachte er aus unruhigen Träumen. Die Bodendielen hinter ihm knarrten leise. Er fuhr herum und starrte angestrengt in die Dunkelheit. „Ist da jemand?“ Seine Stimme klang rau und belegt. „Anna, sind Sie das?“
    Er sagte sich, dass er nur das alte Gebälk arbeiten hörte, das sich in der Kälte der Nacht zusammenzog. Aber dann sah er, dass die Tür des Gästehauses einen Spalt breit offen stand. Ein dünner Strahl Mondlicht fiel durch den Spalt auf den Boden. Hoch über ihm umbrauste der Wind bizarre Eisformationen, und aus weiter Ferne drang ein Geräusch zu ihm, das klang wie ein leises Lachen. Eine Windböe packte die Tür, schlug sie gegen die Außenwand des Gästehauses und warf sie dann mit einem Knall ins Schloss. Nach einer Weile stand Erik auf und schloss die Tür ab. Er warf einen Blick aus dem Fenster. Der Pfarrhof lag dunkel und still vor ihm. Dann registrierte er eine

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